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Schließt Euch zusammen!


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Dass Wolken aufziehen und die lange wirtschaftliche Schönwetterperiode zu Ende geht, liegt allenthalben in der Luft. Man wird sich noch die zumindest wirtschaftspolitisch so langweilige "Merkel-Ära" zurückwünschen, ließ man die Akteure da wenigstens weitgehend in Ruhe (bei Licht betrachtet ist für die Apotheken sogar das eine oder andere zusätzlich abgefallen). Insbesondere verschonte man sie von allerlei Reformen und "Aufbrüchen". So stümperhaft, kompliziert-verkopft und bürokratisch, wie hierzulande Großprojekte angestoßen werden, klingen "Klimawende" und "grüne Transformation" eher wie Drohungen unter Preisgabe jeglicher vernünftiger Aufwands-Nutzen-Relationen. Mag das künftig auch Manchem, der an der richtigen Stelle die Hand aufzuhalten vermag, schöne Gewinne bescheren – die Mehrheit wird auf der Seite der Zahler stehen und dafür zudem noch die Republik als Langzeit-Großbaustelle erdulden müssen.

Spezielle Probleme kommen in der Apothekenlandschaft hinzu, einige hausgemacht. Wo wir uns im Spannungsfeld zwischen klassischem Produktverkauf (der nach wie vor die Löwenanteile unserer Erträge einbringt) und heilberuflichen Dienstleistungen (die den schlichten Verkauf von Arbeitszeit bedeuten und so angesichts der Personalsituation rasch limitiert sind) wiederfinden werden, ist einstweilen völlig offen. Existenzielle kaufmännische Grundlagen wie unsere Rabatte könnten da schnell auf dem Altar der heiligen Heilberuflichkeit geopfert werden, weil deren tatsächliche Bedeutung womöglich nicht rechtzeitig standespolitisch erfasst wird. Eine ausreichende Kompensation ist demzufolge höchst zweifelhaft. Im Gegenteil, es stehen eher Reformen an, deren Ziel ganz klar eine Ausgabensenkung ist.

Was liegt da näher, als an der so ungeliebten "profanen Schachtelschubserei" zu sparen und die so "edlen pharmazeutischen Leistungen" durchaus kräftig aufzuwerten – und dabei elegant zu verschweigen, dass unter dem Strich trotzdem ein dickes Minus stehen wird, denn es soll ja gespart werden. Gleichzeitig sind viele der künftigen Leistungen in praxi für die Mehrzahl der Betriebe gar nicht darstellbar, weil es schlicht an personellen Ressourcen fehlt, zumindest in der jetzigen Apothekenlandschaft. Wer noch hochqualifiziertes Personal bekommen oder nur halten will, wird in der heutigen Sachlage absehbar tiefer in die Tasche greifen müssen. Die aktuelle Anpassung des Apothekentarifs weist da bereits die Richtung.

Angesichts dieses möglichen gesundheitspolitischen Drehbuchs, welches eher hinter den Kulissen geschrieben werden wird (unser Gesundheitsminister macht derweil weiter in seinem Lieblingsfach Epidemiologie), gilt es, unsere Rollen neu zu besetzen. Wir sollten tunlichst aus der fremdbestimmten Statistenrolle heraustreten. Das geht nur, wenn wir als ernsthafte Akteure wahrgenommen werden, an denen man nicht vorbeikommt. Ein probater Weg ist, sich rar zu machen, die Ärzte machen das seit Jahren erfolgreich vor. Viele andere Branchen machen dies nun nach, ob Handwerker, etliche Händler, Krankenhausbetreiber – Mangel und Knappheit zulassen! So gewinnt man Bedeutung und Preissetzungsmacht.

Objektiv ist die Apothekendichte hierzulande in den meisten Regionen immer noch hoch. Eine Konzentration auf weniger und größere Apotheken ist möglich, ohne einen echten Versorgungsnotstand zu produzieren.

Deshalb: Schließt Euch eigenbestimmt zusammen, bevor die Gesundheitspolitik diese Konzentration zu ihren Bedingungen erzwingt! Macht aus drei Apotheken in einer Kleinstadt eine hoch leistungsfähige, die zudem den Inhabern – siehe ärztliche Gemeinschaftspraxen – eine viel bessere "Work-Life-Balance" bei ähnlichem Einkommen beschert. Das wird zudem Personalressourcen freisetzen und so einigen Druck aus dem Arbeitsmarkt nehmen. Größere Einheiten können an vielen Stellen effektiver arbeiten und wirtschaften; die Skaleneffekte sind bei einer Konzentration auf weniger Betriebe beträchtlich (und geringer bei einer Expansion auf mehrere Betriebe). Die selbstbestimmte Angebotsverknappung unter Überwindung des althergebrachten Konkurrenzdenkens ist eines der mächtigsten Werkzeuge, welches wir im Spiel um unsere Zukunft haben. Auf geht’s – carpe diem!

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

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