Kinderbetreuungskosten getrenntlebender Eltern

Wechselseitige Erziehung


Helmut Lehr

Die Kosten für die Kinderbetreuung sind zu zwei Dritteln als Sonderausgaben abzugsfähig, bis max. 4.000 €/Kind. Lebt das Kind abwechselnd bei beiden Eltern, wird es steuerlich kompliziert – insbesondere, wenn Betreuungskosten mit dem Kindergeld "verrechnet" werden sollen.

Kinderbetreuungskosten sind dem Grunde nach nur dann als Sonderausgaben begünstigt, wenn das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Bei nicht zusammenlebenden Eltern ist nach Ansicht der Finanzverwaltung zunächst der Meldeort des Kindes entscheidend. Es ist aber auch denkbar, dass ein Kind nach einer Trennung zum Haushalt beider Eltern gehört, was dem Sonderausgabenabzug nicht zwingend im Weg steht.

Fall aus der Praxis

Apotheker Gerber (ledig) wohnte bis einschließlich September 2019 mit seinem sechsjährigen Sohn Jakob und dessen Mutter in der gemeinsamen Wohnung. Danach zog die Mutter aus, Jakob blieb beim Vater gemeldet. Außerdem erfolgte auch eine Anmeldung bei der Mutter. Seit deren Auszug wird das sogenannte Wechselmodell praktiziert, wonach Jakob wechselseitig eine Woche bei der Mutter und eine bei Herrn Gerber lebt ("paritätisches Wechselmodell").

In seiner Steuererklärung für 2019 machte Herr Gerber die Hälfte der Kinderbetreuungskosten (Kindergarten- und Hortgebühren) als Sonderausgaben geltend. Da die Rechnungen zwar auf beide Elternteile lauteten, die Aufwendungen aber allein vom Konto der Mutter beglichen wurden, verweigerte das Finanzamt den Sonderausgabenabzug.

Daraufhin machte Herr Gerber geltend, dass er faktisch die Hälfte der Kinderbetreuungskosten getragen habe. Der Ausgleich der anteiligen Aufwendungen sei durch die Überlassung des (hälftigen) Kindergelds in Anlehnung an den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgt. Die Mutter habe sodann die Betreuungskosten für Jakob überwiesen. Eine andere Vorgehensweise, nämlich jeweils die hälftige Zahlung an den Träger, sei gar nicht praktikabel gewesen.

In einem vergleichbaren Fall hat das Thüringer Finanzgericht die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.11.2021, AZ: 3 K 799/18). Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er sich gegenüber der Mutter tatsächlich an den Kinderbetreuungskosten beteiligt hatte. Es waren überdies keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Mutter im Einvernehmen mit dem Kläger dessen Schuld gegenüber den Betreuungseinrichtungen getilgt hatte. Insbesondere gab es offenbar mit der Mutter keine explizite Vereinbarung dahingehend, dass diese auch "seinen Teil" der Betreuungskosten unter Verwendung des Kindergelds für ihn tilgen sollte.

Hinweis: Ganz offenbar und wie so oft im Fall einer Trennung war der andere Partner (hier: die Mutter) auch im Nachhinein nicht mehr bereit, an einer für den Kläger womöglich günstigen Darstellung des Sachverhalts mitzuwirken.

Der Bundesfinanzhof muss nun im Revisionsverfahren darüber entscheiden, ob bei einem paritätischen Wechselmodell Kinderbetreuungskosten nur aufgrund einer "Verrechnung des hälftigen Kindergeldanspruchs" mit den Kinderbetreuungskosten durch einseitige Erklärung (und ohne ausdrückliche Zustimmung des anderen Elternteils) berücksichtigt werden können. Das Verfahren ist unter dem AZ III R 1/22 anhängig. Vergleichbare Fälle sollten daher offengehalten werden.

Rein steuerlich betrachtet ist es natürlich besser, wenn man eine "aktive Beteiligung" an den Kosten zweifelsfrei belegen kann – idealerweise durch (anteilige) Überweisungen vom eigenen Konto. Hilfsweise macht es Sinn, wenn die Eltern durch klare Vereinbarungen darlegen können, dass eine (z.B.) hälftige Kostentragung gewollt war.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(11):18-18