Lähmende Polyphonie


Dr. Hubert Ortner

Liebe Leserinnen und Leser,

Polyphonie mag ein probates Kompositionsmittel sein – zur Durchsetzung standespolitischer Forderungen ist sie denkbar ungeeignet. Leider ist diese von jeher eines der Markenzeichen unserer zersplitterten Branche. Die Folge: Statt bei (überlebens-)wichtigen Fragen mit einer starken Stimme zu sprechen, gibt es zwischen Flensburg und Freilassing ein vielstimmiges Durch- und Nebeneinander von Vorschlägen und Ideen. Beispiel Erhöhung des Fixhonorars: Während die einen im hohen Norden zum „Aktionstag light“ (sechs Stunden Stuhlkreis, um mit den Apothekenkunden ins Gespräch zu kommen) aufrufen, denken die anderen im Süden – namentlich der BVDAK-Vorsitzende Dr. Stefan Hartmann – laut über einen flächendeckenden Streik nach, der nur nicht so heißen darf. Übertönt werden beide von der ABDA, die gerade die nächste Stufe der Eskalation (wie schaurig) gezündet hat – ein Poster (!), das der Pharmazeutischen Zeitung beigelegt war. Und das sind nur drei der zahllosen Stimmen aus dem deutschen Apothekenorchester …

Der Politik kann das nur Recht sein. Kein Argument ist schließlich schwerer zu parieren als ein lapidares: „Ihr seid euch ja selbst nicht einmal einig, was ihr wollt.“ Tatsächlich wäre es die ureigene Aufgabe der ABDA als Dachverband, nicht nur eigene Vorschläge zu entwickeln und durchzusetzen, sondern die vielen Branchenstimmen zu einem großen Ganzen zu orchestrieren. Dazu gehört auch die Demut anzuerkennen, wenn ein Landesverband oder eine Kammer einen besseren Vorschlag hat – auch das soll schon vorgekommen sein – und diesen ggf. pragmatisch aufzugreifen. Denn eines ist sicher: Eine Branche, die es nicht schafft, ihre Forderungen mit einer Stimme laut und deutlich vorzutragen, wird im politischen Berlin auf taube Ohren stoßen! Oder, um es mit einem Bibelwort auszudrücken: „Wenn ein Haus mit sich selbst uneins ist, kann es nicht bestehen.“ (Markus 3, 25).

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Hubert Ortner

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