Wie Sie die Rentabilität Ihres Botendienstes erhöhen

Bedenkenträger oder Trendsetter?


Joachim Ullrich

Die Corona-Pandemie war für den Online-Handel wie ein „Brandbeschleuniger“ – auch Lieferdienste werden seitdem deutlich stärker nachgefragt. Was Sie als Apothekenleiter beachten sollten, um mit Ihrem Botendienst unterm Strich auch Geld zu verdienen, das fasst dieser Artikel zusammen

Der Botendienst sollte präzise kalkuliert werden, damit Sie als Apothekeninhaber am Ende des Tages nicht womöglich Geld drauflegen. (© AdobeStock/years)

In der Corona-Pandemie hat sich das Volumen der Arzneimittel-Packungen, die von den Vor-Ort-Apotheken über den Botendienst ausgeliefert wurden, je nach Basis verdoppelt oder sogar verdreifacht. Nach der Pandemie ist dieses Volumen zwar wieder etwas zurückgegangen – liegt seitdem aber auf einem deutlich höheren Niveau als vor Corona.

Lieber nicht so genau hinschauen …

Unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten rechnen sich viele Botendienst-Lieferungen nicht und wirken sich sogar negativ auf das Ergebnis aus. Wie die Situation im Einzelnen ist, kann nur durch eine Vollkostenrechnung ermittelt werden. Eine solche wird aber nur selten erstellt, weil sie sehr aufwändig ist und viele Apothekeninhaber diesen Aufwand scheuen. Sie betrachten den Botendienst als notwendige Serviceleistung und wollen die kaufmännische Seite gar nicht erst näher betrachten. Aber ist dieser Service tatsächlich ein „Must have“?

Viele Apotheken nutzen den Botendienst, um die Schwächen in ihrem Warenlager zu kaschieren bzw. zu korrigieren. Ist ein verordnetes Medikament nicht vorrätig, muss es eben bestellt und dann – damit der Kunde nicht ein zweites Mal zur Apotheke kommen muss – per Botendienst ausgeliefert werden. Dieser Beweggrund ist schwach und das Problem lässt sich anderweitig – durch die Optimierung des Warenlagers – besser lösen. Anders sieht es aus, wenn die Apotheke den Botendienst als Marketingmaßnahme gegen den Versandhandel versteht: In dem Fall möchte man die Bestellungen der Kunden auf verschiedenen Kanälen erhalten, und ist insofern auf einen Lieferdienst angewiesen.

Einzugsgebiet präzise definieren

Nimmt man den Gesamtprozess von Vorbereitung und Durchführung des Botendienstes genauer unter die Lupe, dann fallen einige Punkte auf, die für den Ertrag dieser Serviceleistung entscheidend sind. Zunächst stellt sich die Frage, in welchem Rahmen und Gebiet der Botendienst angeboten werden soll oder kann. Gibt es kein genau definiertes Einzugsgebiet, wird die Entscheidung im Handverkauf (HV) durch einen Mitarbeiter getroffen. Dieser wird eher zu Gunsten des Kunden entscheiden, dadurch können sich die zu fahrenden Strecken deutlich verlängern. Ein exakt festgelegtes Gebiet für den Botendienst verhindert diesen Wildwuchs.

Betrachten wir nun – im Fall der Auslieferung – den Prozess weiter. Im Backoffice bereitet eine Mitarbeiterin die Aufträge vor. Sie packt alle Artikel pro Auftrag zusammen und verpackt diese in eine Tüte. Eine Lieferadresse wird auf aufgebracht, entweder handschriftlich oder per Aufkleber. Danach werden alle Tüten zur Übergabe an den Fahrer in eine Kiste gepackt. Im günstigsten Fall wurde eine Liste erstellt, auf der alle Lieferadressen aufgelistet sind. Diese gibt dem Fahrer zumindest einen Überblick und ermöglicht eine Prüfung, ob wirklich alle Bestellungen auch übergeben wurden. Fehlt diese Liste, fährt der Fahrer in der Regel planlos seine Tour ab. Das kostet Zeit, Geld und ist fehleranfällig, da schnell Bestandteile von Bestellungen vergessen werden können.

Nicht jedes Rad selbst erfinden

Grundsätzlich lassen sich die Vorbereitung und Übergabe durch den Einsatz entsprechender Software deutlich verbessern. Die Warenwirtschaft-Anbieter haben heute schon Botendienstmodule im Portfolio, welche die oben genannten Probleme effizient lösen. Zunächst werden alle Botendienstaufträge in dem Programm gesammelt, danach wird eine optimierte Fahrtstrecke berechnet und eine Liste der anzufahrenden Adressen erstellt. Mit dieser lässt sich auch die Übergabe an den Fahrer dokumentieren. Er bestätigt die Übernahme und ist somit sicher, dass er alle Sendungen erhalten hat. Besitzt die Apotheke eine E-Mail-Adresse des Kunden, besteht nun die Möglichkeit, diesen per Mail zu informieren, dass sich seine Sendung in der Auslieferung befindet und in welchem Zeitkorridor sie voraussichtlich bei ihm eintreffen wird. Solche Mails sind im Versandhandel längst Standard und werden von vielen Kunden schlicht erwartet.

Noch besser sind bestimmte Apps, die – sollte die Telefonnummer des Kunden vorliegen – eine automatische SMS generieren, in der ein genauer Lieferzeitpunkt genannt wird. Diese Systeme arbeiten mit den Informationen des Verkehrsfunks, errechnen damit einen Lieferzeitpunkt und melden diesen 30 bis 45 Minuten vorher an den Kunden. Der Einsatz solcher Botendienstmodule oder Ausliefer-Apps kann nur empfohlen werden, da sich die Prozesse damit deutlich effizienter gestalten und somit Zeit und Geld eingespart werden können.

Zahlung in bar und auf Rechnung vermeiden

Doch der Einsatz von Technik ist an diesem Punkt noch nicht zu Ende. Bestellungen, die aus der Apotheke kommen, sind in der Regel bereits bezahlt und müssen nur noch an den Kunden übergeben werden. Bestellungen, die über soziale Medien, Telefon oder Bestell-Apps kommen sind dies in der Regel aber nicht.

Hier gibt es nun die Möglichkeit, dem Kunden eine Rechnung auszustellen, damit er diese überweisen kann. Dieser Weg ist mit dem Mehraufwand verbunden, eine Rechnung zu erstellen und den Zahlungseingang zu kontrollieren. Mahnungen verursachen ggf. zusätzliche Kosten. Insofern sollte man diese Option – wenn überhaupt – nur verlässlichen Stammkunden anbieten.

Besser ist der Einsatz mobiler Bezahlgeräte: Der Fahrer hat das Gerat dabei, der Kunde kann bargeldlos mit EC-Karte oder Kreditkarte bezahlen, und der Auftrag ist erledigt. Diese Art der Abwicklung ist für alle Beteiligten am sichersten und effektivsten. Allerdings benötigen mobile Bezahlgeräte einen stabilen Internetzugang, was in manchen ländlichen Gegenden durchaus ein Problem sein kann. Hier sollte die Netzverfügbarkeit vor Einsatz der Technik getestet werden, um spätere Pannen beim Kunden zu vermeiden.

Nicht zu empfehlen ist übrigens, eine Barzahlung beim Botendienst zu akzeptieren. Bargeld kann dazu führen, dass der Bote einem erhöhten Risiko für ein Verbrechen (Raub oder Diebstahl) ausgesetzt wird. Zudem verlangen Versicherungen erhöhte Beiträge, wenn Mitarbeiter außerhalb der Apotheke mit Bargeldabwicklungen betraut sind. Diese Risiken müssen seitens der Apotheke abgedeckt sein, sonst entstehen im Schadensfall Haftungen, deren Höhe nicht vorhersehbar sind.

Das haben wir schon immer so gemacht!

An diesem einfachen Beispiel der Ausgestaltung des Botendienstes zeigt sich, welche Vielzahl an technischen Möglichkeiten es gibt, Prozesse in der Apotheke effizienter zu gestalten, damit den Aufwand zu minimieren und die Erträge zu verbessern. Leider werden die in diesem Artikel aufgezeigten Möglichkeiten in der Apothekenpraxis nur selten bis gar nicht wahrgenommen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Betriebsblindheit ist wohl der häufigste Hinderungsgrund, denn die Bereitschaft, sich kritisch mit der eigenen Organisation auseinanderzusetzen, nimmt nachweislich ab, je länger ein Prozess läuft. Häufig ist das verbunden mit dem „Totschlag-Argument“: „Das haben wir schon immer so gemacht!“

Angst vor dem Einsatz neuer Technik kann ein weiterer Grund sein, sich vor Veränderungen zu verschließen. Eine neue technische Lösung könnte schließlich versagen und somit Probleme beim Kunden verursachen. Ein weiterer Hinderungsgrund kann die fehlende Bereitschaft, in neue Technologien und Services zu investieren, sein. Wer aber nicht investieren will (oder kann), muss notgedrungen mit dem weiterarbeiten, was er an technischer Ausrüstung bereits hat.

Unabhängig von den Beweggründen führt das Festhalten an überkommenen, ineffizienten Prozessen – das gilt für den Botendienst ebenso wie für viele andere Bereiche in der Offizin – in der Regel zum selben Ergebnis: Apotheken werden von der dynamischen Marktentwicklung sowie der steigenden Kundenerwartung abgehängt und laufen dadurch Gefahr, von innovativen Wettbewerbern überflügelt zu werden. Im Gegensatz dazu sind Versandapotheken und aktive Wettbewerber meist keine Bedenkenträger, sondern Trendsetter – und damit oft auch die Gewinner im Markt. Sie stellen ihre Angebote immer wieder auf den Prüfstand und nehmen Korrekturen vor, wo diese nötig sind. Dies ist ein wesentlicher Baustein für den langfristigen Erfolg.

 

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(16):6-6