Auswirkungen des BGH-Urteils auf Apotheken

So machen Sie Ihre Skonto-Einbußen (teilweise) wett


Dr. Uwe Weidenauer

Rund ein Jahr nach dem Skonto-Urteil des BGH werden die Folgen deutlich. Um die damit verbundenen Einbußen zumindest teilweise wettzumachen, sind Sie als Inhaber oder Apothekenleiter gefragt. Der Artikel fasst die wichtigsten Kompensationsmaßnahmen zusammen – solche, die direkt auf den Rohertrag einzahlen ebenso wie solche, die indirekt über eine Senkung der Kosten das Betriebsergebnis verbessern. 

Der Großhandel nahm das BGH-Skonto-Urteil vor einem Jahr dankend an und strich die Skonti der Apothekenkunden drastisch zusammen. 
(© AdobeStock/Ohnesorg) 

Aufgrund der geringen Apotheken-Margen schlägt der Verlust eines Einkaufsvorteils von 3 % auf gut 85 % des direkten Einkaufsvolumens (branchenüblicher Rx-Anteil) voll auf das Ergebnis durch. So beziffert die Treuhand Hannover die jährlichen Einbußen einer Apotheke mittlerer Größe infolge des BGH-Urteils auf rund 22.000 €. In Einzelfällen soll sich der Skontoschaden auf sechsstellige Beträge aufsummiert haben. Verhandlungsstarke/umsatzstarke Apotheken (-Verbünde) sind in der Regel stärker betroffen als verhandlungsschwache, weil sie vor dem Urteil bessere Konditionen mit dem Großhandel ausgehandelt hatten und die „Fallhöhe“ insofern größer war. Hersteller gewährten Apotheken typischerweise Rx-Skonti zwischen 0,1 % und 5 %, Großhändler bis maximal 3 %.

Des einen Leid, des anderen Freud

Prinzipiell gilt das Sprichwort: „Des einen Leid, des anderen Freud“. So landen die den Apotheken nun fehlenden Skonti eins zu eins in den Taschen der Großhändler bzw. Direktlieferanten. Für das Gesundheitssystem ergibt sich keinerlei Einspareffekt. Kein Wunder, dass die Großhändler sich mit alternativen Rabatten zurückhalten und die Gewinne erstmal mitnehmen. Umgekehrt besteht dringender Handlungsbedarf für die Apotheken, die substanziell an Rohertrag, Vorsteuergewinn und Liquidität eingebüßt haben. Anhand einer Analyse der Großhandelsrechnungen lassen sich die Einbußen genau beziffern. Im Zweifelsfall können auch die Großhändler gefragt werden, die den Schaden (bzw. ihren Mehrertrag) genau berechnen können.

Cash is King

Da der Skontoschaden für die Mehrzahl der Apothekenbetriebe erheblich ist, sollte ein guter Kaufmann Gegenmaßnahmen einleiten, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Aber Vorsicht: Manche Maßnahmen können neue Kosten verursachen und erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensprozesse haben! Prinzipiell sollte unterschieden werden zwischen

  • direkten Maßnahmen mit dem Ziel, den zurückgegangenen Rohertrag direkt zu erhöhen und
  • indirekten Maßnahmen, die die Kosten senken, dadurch das Vorsteuerergebnis verbessern und den fehlenden Rohertrag zumindest in Teilen kompensieren.

 

Zudem sollten auch Maßnahmen ergriffen werden, die zwar nicht unmittelbar auf den Rohertrag oder das Ergebnis einzahlen, aber die Liquidität für das Apothekengeschäft sichern. Denn gerade in einer solchen Situation gilt: Cash is King!

Direkte Maßnahmen zur Verbesserung des Rohertrags

Zwar haben viele Apotheken nach Bekanntwerden des BGH-Urteils ihr Einkaufsvolumen im letzten skontierten Monat deutlich erhöht und sich einen Vorrat angelegt. Dieser Einmaleffekt war jedoch alles andere als nachhaltig und drückte zudem auf die Liquidität. Nachdem der erste Ärger verflogen war, lag es an den Inhabern und Apothekenleitern, Verhandlungen mit ihren Großhandelspartnern über eine (zumindest teilweise) Kompensation der Skonto-Einbußen aufzunehmen.

Grundsätzlich haben Großhändler über Kooperationsprogramme, Vergütungen für Datenlieferungen, Ausschüttungen von Werbekostenzuschüssen etc. natürlich vielfältige Möglichkeiten, ihren Apothekenkunden auf legalem Wege alternative Rabatte zu gewähren. Doch haben sich die Großhändler mit solchen Kompensationsangeboten stark zurückgehalten. Ein vollständiger Ausgleich war ohnehin illusorisch. Insofern verliefen die Verhandlungen oft sehr zäh, schließlich wollten sich die Großhändler die Mehrerträge nicht nehmen lassen.

Nachfolgend finden Sie eine Auflistung von Maßnahmen, die alle darauf einzahlen, die Einbußen infolge des Skonti-Urteils zumindest teilweise aufzufangen (siehe Tabelle 1):

Umstellung des Warenbezugs

Viele Generika-Anbieter verfügen auch über eine Großhandelserlaubnis und die Bestellungen sind in der Regel bequem per MSV3-System direkt aus der Warenwirtschaft möglich. Beliefert werden die Apotheken direkt per Spedition oder auch Großhandels-Überweiser. Jedoch bedeutet der Direktbezug in der Regel zusätzliche Sendungen und somit einen personellen Mehraufwand, was die Personalkosten nach oben treibt. Insofern sollte diese Maßnahme solide gegengerechnet und wohldosiert eingeführt werden.

Umstellung des Non-Rx-Einkaufs

Ein weiterer Stellhebel in der Verhandlung mit den Großhändlern ist der gesamte Non-Rx-Einkauf: Hier kann entweder ein besserer Großhandels-Rabatt ausgehandelt oder durch eine Umstellung auf einen direkten Einkauf am sog. Graumarkt oder bei den Pharmaherstellern ein höherer Rabatt erzielt werden.

Preiserhöhungen im OTC-Segment

Ebenfalls verbessern lässt sich der Rohertrag durch eine moderate Preiserhöhung im OTC- und Zusatzsegment. Die so gewonnenen Mehreinnahmen wirken sich überdies auch auf Liquidität und Betriebsergebnis aus. Das Ganze sollte allerdings mit viel Fingerspitzengefühl erfolgen, ansonsten droht eine Abwanderung der Kunden zur Konkurrenz. Hierfür gibt es auch diverse Anbieter kommerzieller Preisoptimierungs-Tools für Apotheken am Markt.

Indirekte Maßnahmen zur Kostensenkung

Alternativ zu den o. g. Maßnahmen, die direkt auf den Rohertrag einzahlen, bieten sich Kostensenkungen an. Wobei ein guter Kaufmann ohnehin regelmäßig die Kostenstruktur seines Betriebs auf den Prüfstand stellen sollte. Für einen solchen „Frühjahrsputz“ empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen: So kann man z. B. die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) der Apotheke systematisch einmal von oben nach unten durchgehen (siehe Tab. 2). Dabei sollten alle Kosten auf den Prüfstand gestellt werden, und es darf keine Tabus geben! Angefangen beim größten Posten – den Personalkosten – bis hin zu Ausgaben für Marketing, Kundenzeitschriften etc. Manche Streichposten haben nur einen Einmaleffekt, andere, wiederkehrende Zahlungen wirken nachhaltig und spülen monatlich Geld in die Kasse.

Dr. Uwe Weidenauer, Apothekeninhaber, Geschäftsführer Gesundheit247 GmbH, 69469 Weinheim, E-Mail: awa@gesundheit247.academy

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(05):6-6