Simon Nattler

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um seinen Betrieb zu organisieren – effizientere und weniger effiziente... (© AdobeStock/pathdoc)
Vielleicht kommt Ihnen diese Szene bekannt vor: Auf dem Schreibtisch stapeln sich handgeschriebene Urlaubsanträge, eine WhatsApp-Nachricht mit einer Krankmeldung blinkt auf dem Handy, und eine PKA steht in der Tür: „Ich wollte nur fragen, ob ich jetzt früher gehen kann – ich hatte dich letzte Woche schon gefragt ...!“
Willkommen im Organisationschaos, das viele Apotheken täglich erleben – mit dutzenden Planungsstunden, die einiges an Nerven kosten. Kein Wunder, denn die eigene Arbeitszeit ist für Mitarbeiter ein sensibles Thema: Sie ist schließlich das Wertvollste, was sie täglich ins Unternehmen einbringen. Umso verständlicher, dass hier schnell verglichen, diskutiert und manchmal emotional reagiert wird.
Als ob dies nicht schon herausfordernd genug wäre, steht seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2022 auch noch fest: Alle Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit vollständig und täglich erfassen. Was zunächst nach zusätzlicher Belastung klingt, kann bei guter Umsetzung allerdings zum echten Game Changer werden – für Sie und Ihr Team.
Lästige neue Pflicht oder auch Chance?
Ein zentrales Element dabei ist die digitale Personaleinsatzplanung. Sie ermöglicht es, wiederkehrende Abläufe wie typische Wochenpläne oder Schichtmuster automatisch zu hinterlegen und nur noch einzelne Abweichungen – wie Krankheit, Urlaub oder Tauschwünsche – zu erfassen. Das spart enorm viel Zeit, denn niemand muss jede Woche von vorn beginnen. Gleichzeitig können die Pläne frühzeitig freigegeben werden – das schafft Ruhe und steigert die Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung.
Besonders praktisch ist auch die Möglichkeit, die Planung selbst oder Teile davon an Mitarbeiter zu delegieren. So können etwa Filialleitungen oder organisatorisch starke PTA oder PKA die Koordination übernehmen – eine willkommene Zusatzaufgabe, die Wertschätzung vermittelt und Abwechslung zum Tagesgeschäft bringt. Außerdem lassen sich viele Routinetätigkeiten auf mehrere Schultern verteilen: Mitarbeiter können selbst Anträge stellen und die planende Person damit erheblich entlasten.
Ende der Zettelwirtschaft
Während die Planung für Struktur im Voraus sorgt und sicherstellt, dass genügend Personal eingeplant ist, zeigt die Zeiterfassung, was tatsächlich geleistet wurde – und macht die Arbeitszeit für beide Seiten nachvollziehbar. Nach aktueller Rechtslage müssen die erfassten Arbeitszeiten dabei für die Mitarbeiter jederzeit einsehbar sein (womit so manche Exceltabelle bereits an ihre Grenzen kommt) und für mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Der vermeintliche Mehraufwand durch das tägliche Stempeln entpuppt sich in der Praxis als unbegründet, vorausgesetzt, man wählt ein praxisnahes Tool.
In unserer Apotheke stempeln sich Mitarbeiter morgens beim Eintreffen ein, die Pausenregelung übernimmt auf Wunsch das System und wer pünktlich geht, wird automatisch ausgestempelt. Nur wer tatsächlich länger bleibt oder früher geht, stempelt aktiv aus – das System registriert dann die Endzeit. Das Ergebnis: Ein exakter Überblick mit minimalem Aufwand für alle Beteiligten.
Für Apotheken, in denen Abweichungen selten vorkommen, reicht es sogar, wenn Mitarbeiter bei Bedarf geänderte Arbeitszeiten per App einreichen. Diese werden anschließend freigegeben und das Stundenkonto automatisch aktualisiert.
Sehr praktisch ist diese digitale Lösung auch für Boten, da diese kaum über feste Arbeitszeiten verfügen. Außerdem stehen sie aufgrund des üblicherweise gezahlten Mindestlohns im Fokus von Kontrollen. Statt handschriftlicher Stundenzettel stempeln sie sich beim Betreten der Apotheke ein und beim Abstellen des Wagens wieder aus. Während wir früher die händisch ausgefüllten Stundenzettel entziffern und übertragen mussten, sparen wir diesen Aufwand heute vollständig ein.
Die schönste Zeit des Jahres
Der zweite große Dauerbrenner neben der Arbeitszeiterfassung, wenn es um die interne Organisation geht – und nicht selten Ursprung von Konflikten – ist der Urlaubsplan. Typische Knackpunkte: Wer darf wann weg? Wie früh muss beantragt werden? Und an welchen Tagen ist Urlaub überhaupt nötig?
Viele Inhaber entscheiden hier aus dem Bauch heraus – gut gemeint, um den Umgang möglichst persönlich zu halten. In der Praxis führt das aber oft zu Spannungen oder stiller Frustration, die sich über Monate aufstauen und im schlimmsten Fall zu einer Kündigung hochschaukeln können.
Der Nachteil, wenn Sie als Inhaber Bauchentscheidungen treffen, ist: Die Regeln bleiben verborgen. Gerade bei sensiblen Themen wie der Urlaubsplanung wünschen sich Mitarbeiter heute aber maximale Transparenz – denn kaum etwas sorgt im Team für mehr Unruhe als das Gefühl, benachteiligt zu werden.
Bei uns gilt zum Beispiel: Bis zum 11.11. um 11:11 Uhr müssen bei uns 80 Prozent des Jahresurlaubs beantragt sein (wer kein Narr ist, denkt rechtzeitig ans Planen!). Bis zu diesem Zeitpunkt werden alle Urlaubsanträge gleichwertig behandelt. Dazu dürfen die Haupturlaube mit wenigen Ausnahmen nur als ganze Wochen von Montag bis Samstag beantragt werden.
Anschließend prüfen wir Überschneidungen, sprechen im Zweifel bereits die Vertretungen ab, und genehmigen die Urlaube verbindlich. So weiß jeder frühzeitig Bescheid – und kann sich auch darauf einstellen, in welchen Wochen er im nächsten Jahr mit Vertretungszeiten rechnen sollte.
Bei Bedarf können Sie Ihr Team auch in Urlaubsgruppen einteilen. So wird vermieden, dass zwei Schlüsselpersonen gleichzeitig ausfallen – und Sie müssen nicht jedes Mal aufs Neue als Schiedsrichter auftreten.
Apotheken, die in einem QM-Dokument die wichtigsten Spielregeln festschreiben (und sich dann auch daran halten!), berichten von einer deutlich konfliktärmeren Urlaubsplanung. Im gleichen Dokument sollten auch gleich Ausnahmen zur Regel festgelegt werden – etwa für Flitterwochen, langfristig geplante Reisen wie Kreuzfahrten oder besondere Familienereignisse. So wird auch in Sonderfällen Fairness gewährleistet und der Eindruck von Willkür vermieden. Ablehnungen werden besser akzeptiert, wenn klar ist, dass die Regel für alle gilt.
„Hier will ich arbeiten“
Wenn Sie bislang noch manuell in Excel oder gar auf Papier planen, stellt sich natürlich die Frage nach dem Aufwand für die Einführung eines digitalen Tools zur Planung von Dienstplänen und Urlaub sowie zur Zeiterfassung. Moderne Tools sind längst nicht mehr das komplizierte „IT-Projekt“, das sie einmal waren. Ein gutes System kann heute innerhalb weniger Stunden vollständig konfiguriert werden.
Gut kommuniziert, verläuft die Einführung meist leise und ohne Widerstand – allein schon deshalb, weil eigentlich jeder weiß, dass es längst Standard sein sollte. Außerdem haben Sie heute mehr gute Argumente als je zuvor: die gesetzliche Pflicht, die gesparte Arbeitszeit und schnellere Bearbeitung der Mitarbeiteranliegen, sowie die sichere Aufbewahrung der Daten, damit bei Kontrollen alles vorgezeigt werden kann.
Entscheidend ist vor allem die Verbindlichkeit: Je klarer Sie kommunizieren, dass die grundsätzliche Entscheidung feststeht und wie die Änderung abläuft, desto schneller wird das neue System akzeptiert und Teil des Alltags.
Viele Apotheken betrachten Tools zur Zeiterfassung oder Einsatzplanung als rein funktionale Hilfsmittel. Tatsächlich sind sie heute aber auch ein Aushängeschild, zeigen sie doch, wie modern und professionell ein Unternehmen intern aufgestellt ist. Gerade Bewerber achten verstärkt darauf, wie digital der neue Arbeitgeber ist.
Anstatt Urlaubszeiten und Überstunden auf einem Schmierzettel zu notieren und dem Chef auf den Schreibtisch zu legen – in der Hoffnung, dass er gesehen wird – , wollen Mitarbeiter einsehen und verstehen können, was mit ihrer Zeit geschieht. Und wer gut organisiert ist, hat auch weniger krankheitsbedingte Ausfälle, wie Studien zur Arbeitszufriedenheit regelmäßig belegen.
Wer heute effizient führen will, kommt an digitaler Organisation nicht vorbei. Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um Transparenz, Klarheit und Entlastung.
Ein modernes, digitales Planungstool bedeutet für Sie als Apothekenleiter: weniger Konflikte, weniger Rückfragen, weniger Unsicherheit. Für Ihr Team bedeutet es: mehr Transparenz, mehr Fairness, mehr Eigenverantwortung. Und für Bewerber bedeutet es: „Hier will ich arbeiten.“
Simon Nattler, Apotheker und Gründer der apocollect Team-Software, 45896 Gelsenkirchen, E-Mail: simon@apocollect.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2025; 50(08):12-12