Gesundheitspolitik aktuell

Drei Fragen an Karl-Josef Laumann


Claudia Mittmeyer

Karl-Josef Laumann (CDU) ist Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord­rhein-Westfalen.

?Wie sollte nach Ihren Vorstellungen die anstehende Gesundheitsreform aussehen und wie lässt sich dies mit den Vorstellungen des Koalitionspartners FDP vereinbaren?

Die zunehmende Alterung der Bevölkerung und vor allem der medizinisch-technische Fortschritt werden auch in Zukunft zu steigenden Gesundheitsausgaben führen. Wenn wir wollen, dass auch zukünftig alle von diesem Fortschritt profitieren – was für mich nicht infrage steht – müssen wir auch für die notwendige Finanzierung sorgen. Es geht also um die zentrale Frage, wie eine Finanzierung unseres Gesundheitssystems so umgestaltet werden kann, dass

  • die Beitragszahler nicht überfordert werden,
  • Arbeit durch hohe Sozial­abgaben nicht so verteuert wird, dass negative Konsequenzen entstehen, und
  • die durch die enge Lohnanbindung bestehende Konjunkturabhängigkeit der Bei­tragseinnahmen reduziert wird.

Sollte ein Schritt in Richtung eines einkommensunabhängigen Beitrags gegangen werden, muss es zwingend einen angemessenen und unbürokratischen Sozialausgleich aus Steuermitteln geben. Die Solidarität mit Kranken und Geringverdienern würde damit insgesamt als gesellschaftliche Aufgabe verstanden. Die Finanzierung der Risiken würde auf mehr Schultern verteilt. Der Weg hierzu ist von der Politik mit dem in diesem Jahr auf 15,7 Mrd. € ansteigenden Bundeszuschuss bereits beschritten worden. Man sollte Bundesgesundheitsminister Dr. Rösler die Chance einräumen, ein überzeugendes Konzept vorzulegen, das den skizzier­ten Anforderungen gerecht wird. Gelingt das nicht, sehe ich für eine einkommensunabhängige Prämie keine gesellschaftliche Akzeptanz, wie die aktuelle Diskussion über Zusatzbeiträge von 8 € zeigt.

Zu einer Gesundheitsreform gehört aus meiner Sicht aber mehr als die Lösung der Einnahmeproblematik. So treibt mich als Gesundheitsminister unseres Landes vor allem eines um: Die Zukunft der Versorgung gerade im ambulan­ten Bereich. Wir erleben inzwischen auch in Nordrhein-Westfalen, dass es zunehmend schwieriger wird, Arztsitze auf dem Land oder in sozial schwierigeren Stadtvierteln zu besetzen. Heute sind die Möglichkeiten der Landesebe­ne, hier einzugreifen, gering. Ich verspreche mir von der anstehenden Gesundheitsreform mehr Spielraum für die Akteure im Land und auch mehr Einfluss für das Land selbst. Was wir heute machen können, haben wir gemacht. Ich erinnere dabei an das Hausarztaktionsprogramm unseres Landes, aus dem bereits in den ersten Monaten eine Reihe von Niederlassungen gefördert werden konnte.

Was mir weiter große Sorgen macht, ist die Ärztevergütung. Es ist eine an eindeutigen Zahlen festzumachende Tatsache, dass die Ärzte in Nord­rhein-Westfalen im Vergleich mit ihren Kollegen in anderen Län­dern deutlich schlechter bezahlt werden. Wir werden als Landesregierung nicht locker lassen und auf allen Ebenen weiter hartnäckig für eine gerechtere Vergütung unserer Ärzte in NRW im Vergleich zu ihren Kollegen in anderen Län-dern eintreten. Willkürliche Unterschiede in der Vergü-tung ärztlicher Leistungen von Bundesland zu Bundesland sind nicht zu rechtfertigen und gefährden auf Dauer die Versorgung in unserem Land. Ich sehe in diesen Punkten auch unseren Koalitionspartner von der FDP klar auf unserer Seite.

?Wie könnte die Preisgestaltung bei Arzneimitteln zukünftig vereinfacht werden?

Jeder, der versucht, die vielen Instrumente zur Steuerung des Arzneimittelmarkts aufzulisten, läuft Gefahr, sich in dem Regelungsdschungel zu verirren. Daher begrüße ich die im Koalitionsvertrag enthaltene Absicht, diese Regelungsvielfalt kritisch auf den Prüfstand zu stellen. Eine entscheidende Rol­le bei den nach wie vor stark steigenden Arzneimittelausgaben spielen neue Arzneimittel. Es fehlt derzeit in Deutschland eine Regelung zur Preisfestsetzung bei neuen Medikamenten. Ich begrüße es daher, dass Herr Dr. Rösler mit Krankenkassen und Pharmafirmen Gespräche aufgenommen hat und Vorschläge entwickeln will, um die Preise gerade bei den hochinnovati­ven Arzneimitteln dauerhaft in den Griff zu bekommen.

?Welche Erwartungen haben Sie an die Apotheke der Zukunft?

Von der Apotheke der Zukunft erwarte ich eine interessenunabhängige, qualitätsgesicherte und professionelle Arzneimittelversorgung rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres durch die inhabergeführte Apotheke. Kümmern Sie sich um den Kernbereich dessen, was Apotheke, Apotheker und Arzneimittelversorgung ausmacht, garantieren Sie Qualität im Kernbereich und machen Sie weitere Angebote zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen der Apotheken. Die Apotheke muss sich als Ort der Arzneimittelabgabe und der Arzneimittelberatung darstellen. Beratung ist ihrer Natur nach vertraulich. Wenn Sie glaubwürdig Berater in Arzneimittelfragen sein wollen, müssen Sie eine vertrauliche Beratung sicherstellen. Ich denke, zur Versorgung älterer Menschen braucht es zusätzli­ches Fachwissen in klinischer Pharmazie sowie Kenntnisse in der Geriatrie und Gerontologie. Sie tun gut daran, sich darauf mehr und mehr einzustellen. Erfüllen Sie die Anforderungen an eine seniorengerechte Apotheke!

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(06):3-3