SecurPharm kommt

Schon fit für den neuen Fälschungsschutz?


Martin Bergen

Ab dem 9. Februar 2019 müssen Apotheker und das Apothekenpersonal die Sicherheitsmerkmale von Arzneimitteln vor der Abgabe an Patienten auf Echtheit prüfen. So will es die EU-Gesetzgebung. Doch was müssen Apothekenleiter tun, um am Stichtag startklar zu sein?

Gefälschte Arzneimittel sind weltweit ein wachsendes Risiko. Die Arzneimittelversorgung in Europa gehört zwar zu den sichersten, doch auch hier nimmt die kriminelle Bedrohung angesichts lukrativer Gewinne zu. Ab dem 9. Februar 2019 dürfen Arzneimittelpackungen in der legalen Lieferkette deshalb nur nach erfolgreicher Echtheitsprüfung in der Apotheke an den Patienten abgegeben werden. Dazu werden zwei Sicherheitsmerkmale aufgebracht, die einen zusätzlichen Schutz bieten:

1. ein Erstöffnungsschutz, z.B ein Siegel oder eine Mikroperforation, sowie

2. das sogenannte „individuelle Erkennungsmerkmal“: Dieses besteht aus einer zufällig generierten Seriennummer plus einem auf der Pharmazentralnummer basierenden Produktcode. Zusammen mit der Chargenbezeichnung und dem Verfalldatum ist es Bestandteil des sogenannten „Data Matrix Codes“ und wird auch in Klarschrift auf die Arzneimittelpackung aufgedruckt.

Die Vorgaben gelten bis auf wenige Ausnahmen für verschreibungspflichtige Human-Arzneimittel sowie für Omeprazol (OTC) als Hartkapsel in zwei Größen. Ohne die Überprüfung beider Sicherheitsmerkmale und das Ausbuchen vor der Abgabe darf das Apothekenpersonal verifizierungspflichtige Arzneimittel nicht mehr abgeben.

Das individuelle Erkennungsmerkmal ist die Grundlage für die Echtheitsprüfung über ein IT-System. In Deutschland hat securPharm e.V. dieses System aufgebaut. SecurPharm arbeitet mit einem Zwei-Server-System. Dieses besteht aus einer Datenbank für pharmazeutische Unternehmen sowie einer weiteren („Apothekenserver“) für Apotheken, Großhändler und Krankenhäuser. Der Austausch zwischen beiden Datenbanken erfolgt nur anonym, damit weder Abgabezahlen noch Patientenfrequenzen abgefragt werden können. Der von securPharm beauftragte Betreiber des Apothekenservers ist die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA).

Was müssen Sie ab dem 9. Februar 2019 tun?

Apotheker müssen sich vor der Abgabe an den Patienten durch eine einfache Sichtprüfung davon überzeugen, dass der Erstöffnungsschutz unversehrt ist. Außerdem müssen sie das Arzneimittel über das securPharm-System auf Echtheit prüfen. Dies geschieht vor der Abgabe an den Patienten dadurch, dass Sie den Data Matrix Code über Ihr Warenwirtschaftssystem abscannen. Dabei wird der Status der Packung geprüft, und Sie erhalten Auskunft darüber, ob das individuelle Erkennungsmerkmal aktiviert ist oder bereits deaktiviert wurde. Ist letzteres der Fall – etwa weil eine andere Packung mit diesem Merkmal bereits abgegeben wurde –, darf die Packung nicht an den Patienten abgegeben werden. Ist das Erkennungsmerkmal aktiviert, gibt das Warenwirtschaftssystem grünes Licht für die Abgabe. Erfolgt diese, wird das Erkennungsmerkmal im System deaktiviert.

Wie bekommen Sie Zugang zum securPharm-System?

Damit Sie zukünftig die Echtheitsprüfung vornehmen können, muss Ihre Software mit dem securPharm-Apothekenserver verbunden werden. Hierfür ist es notwendig, dass Sie sich einmalig auf dem Portal der NGDA registrieren (vgl. Service am Ende dieses Beitrags) und im sogenannten „N-Ident-Verfahren“ legitimieren. Dazu benötigen Sie eine Kopie der Betriebserlaubnis sowie einen Aktivitätsnachweis (z.B. einen Abrechnungsbescheid des Nacht- und Notdienstfonds). Nach der erfolgreichen Legitimation erhalten Sie eine N-ID – einen elektronischen Ausweis, mit dem Ihr Apotheken-System auf das securPharm-System zugreifen kann.

Um technisch auf das securPharm-System zugreifen zu können, benötigt Ihre Apotheke zudem ein Software-Update. Dieses wird vom jeweiligen Softwareanbieter nach den Vorgaben der NGDA entwickelt. Mit dem Update erkennt die Apothekensoftware selbstständig verifizierungspflichtige Arzneimittel beim Scan. Sollte vor der Abgabe versehentlich der Code 39 – also der konventionelle Barcode – gescannt werden, erkennt die Apothekensoftware dies ebenfalls und wird den Nutzer darauf hinweisen, dass der Data Matrix Code noch zu scannen ist. Eine irrtümliche Nicht-Verifikation ist somit ausgeschlossen.

Um den Data Matrix Code lesen zu können, benötigen Sie entsprechende Scanner. Allerdings verfügen die meisten marktüblichen Scanner bereits über diese Fähigkeit. Außerdem ist eine stabile Internetverbindung Voraussetzung, um Abfragen an die Datenbank vornehmen zu können. Da diese Abfragen in kleinen Dateneinheiten erfolgen, sind sie auch von einer langsamen Internetverbindung zu bewältigen.

Gut zu wissen

Der Code jeder Arzneimittelpackung darf zur Prüfung mehrfach gescannt werden – solange Sie dabei das individuelle Erkennungsmerkmal nicht deaktivieren. Dabei können Sie zum einen die Chargennummer und das Verfalldatum auslesen. Beide sind ja maschinenlesbarer Bestandteil des Data Matrix Codes und müssen deshalb nicht mehr per Hand erfasst werden. Zum anderen können Sie durch einen Scan beim Wareneingang Fälschungsverdachtsfälle oder fehlerhafte individuelle Erkennungsmerkmale frühzeitig erkennen.

Der Unterschied zwischen „Prüfen“ und „Deaktivieren“ sollte dem Apothekenpersonal unbedingt bekannt sein, da nach dem Deaktivieren lediglich eine gesetzlich vorgegebene Rückbuchungsfrist von zehn Tagen gilt. Innerhalb dieser Frist darf ein Medikament nur von der Apotheke zurückgebucht werden, die es ausgebucht hat. Das Medikament darf zudem den „Kontrollbereich“ dieser Apotheke nicht verlassen haben. Weil der Botendienst als „erweiterter Kontrollbereich“ der Apotheke gilt, wird er durch diese Regelung abgedeckt.

Was passiert ab dem Stichtag?

Der 9. Februar 2019 ist der Stichtag für die Marktfreigabe durch die Hersteller. Ware, die vor diesem Datum für den Verkehr freigegeben wurde, ist bis zu ihrem Verfalldatum weiterhin abgabefähig. Für eine Übergangszeit wird es damit ein Nebeneinander von Ware mit und ohne Sicherheitsmerkmale im Markt geben, um die Arzneimittelversorgung weiterhin zu garantieren.

In der Umstellungsphase wird es voraussichtlich zu Meldungen von Fehlern kommen, die durch Beteiligte in den verschiedenen Handelsstufen entstehen können. SecurPharm bespricht derzeit mit den Behörden, wie am besten vorgegangen werden soll, um diese Fehlermeldungen von tatsächlichen Fälschungsverdachtsfällen zu unterscheiden. Die Gesetzgebung für die Meldepflicht von Fälschungsverdachtsfällen wird ebenfalls vorbereitet.

Fazit

Als Apothekenleiter sollten Sie jetzt mit der Legitimation starten, um den Zugang zum securPharm-System rechtzeitig zu erhalten. Ferner sollten Sie die notwendigen Anpassungen mit Ihrem Softwarehaus besprechen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass Ihre Apotheke rechtzeitig an das System angebunden ist.

Es ist wichtig, dass Sie alle Prozesse und Abläufe, die mit der Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie zusammenhängen, in der Apotheke trainieren. Schulungen für den Umgang mit der Software z.B. werden von den Softwarehäusern angeboten. Zudem sollten Sie Ihre Mitarbeiter mit dem Unterschied zwischen einer reinen Prüfung und einer Deaktivierung des individuellen Erkennungsmerkmals vertraut machen. Und auch den Umgang mit der zehntägigen Rückbuchungsfrist sollten Sie üben.

Service

  • Auskunft zur Systemanbindung erteilt Ihnen die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) unter www.ngda.de.
  • Weitere Infos zur Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie erhalten Sie von Ihren Landesapothekerverbänden und -kammern.

Martin Bergen, Geschäftsführer securPharm e.V., 60486 Frankfurt am Main, E-Mail: info@securPharm.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(12):8-8