Den richtigen neuen Mitarbeiter finden (Teil 3)

Wie Sie Bewerber besser einschätzen


Tatiana Dikta

Ein gut geplantes Bewerbungsgespräch sollte Ihnen helfen, den richtigen Kandidaten zu finden. Doch wie gestalten Sie die kurze Zeit optimal, um einen Überblick über die sozialen und fachlichen Kompetenzen zu bekommen? Und worauf sollten Sie bei der Bewertung der Kandidaten achten?

Ein gängiges Sprichwort lautet: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Man könnte somit vermuten, dass es Ihnen bereits nach einer kurzen Beobachtungszeit möglich sein sollte, Ihr Gegenüber auch im Bewerbungsgespräch zu „entziffern“ und zu durchschauen. So einfach und transparent, wie es in manchen alltagspsychologischen Ratgebern geschildert wird, verhält es sich aber sicherlich nicht. Dennoch ist es möglich, das Potenzial der Bewerber in einer kurzen Zeit einzuschätzen.

Ist positive Selbstdarstellung erwünscht?

Bewerber, die sich im Vorstellungsgespräch entsprechend präsentieren können und die Ihnen gefallen, bringen bereits ein wichtiges Attribut mit: Sie können sich gut selbst darstellen. Damit zeigen sie, dass sie die Anforderung der Situation erkennen und ihre Stärken gekonnt einzusetzen vermögen. Insbesondere in Berufen mit direktem Kundenkontakt ist diese Eigenschaft erwünscht.

Falls sich die Kandidaten gut selbst darstellen können, besteht die Gefahr, dass Sie sich davon täuschen lassen und deswegen eine Fehlentscheidung treffen. Ein guter Grund, sich genau anzuschauen, wie sich die Bewerber im „Arbeitsalltag“ verhalten.

Ein Blick auf das Verhalten und die fachliche Kompetenz

Eine gute Möglichkeit dazu bietet sich, indem Sie diejenigen Bewerber, die in die engere Auswahl kommen, zu einem Probearbeitstag einladen. Überlegen Sie sich dazu, was Ihnen bei Ihrem potenziellen künftigen Mitarbeiter wichtig ist, und versuchen Sie, strukturiert heranzugehen. Zwar ist das Probearbeiten im Handverkauf schwierig zu standardisieren, da die Kunden meistens mit sehr unterschiedlichen Problemen und Anliegen in die Apotheke kommen. Als „Ausweg“ können Sie jedoch z.B. entsprechende „Testkunden“ engagieren. Zudem sollte es beim Probearbeiten vor allem darum gehen, das grundsätzliche Verhalten (wie z.B. Reaktionen auf unerwartete Situationen) und die sozialen Kompetenzen der Bewerber zu beobachten.

Möchten Sie einen Eindruck von den Fachkompetenzen der Bewerber gewinnen, können Sie auf Hilfsmittel wie beispielsweise „Rezept-Trainer“ zurückgreifen [1]: Hiermit lassen sich anhand konkreter Rezepte unterschiedlich schwere Beratungsfälle simulieren. Dabei können Sie den Fokus auf Aspekte legen, die Ihnen im Handverkauf besonders wichtig sind: Haben die einzelnen Bewerber den richtigen Blick für alle relevanten formalen Kriterien auf dem Rezept? Wissen sie, was bei der Beratung zu beachten ist? Und haben sie Ideen für einen Zusatzverkauf?

Beim Probearbeiten in der Rezeptur ist eine Standardisierung eher möglich als im Handverkauf: Hierfür sollten Sie beispielsweise sicherstellen, dass alle nötigen Arbeitsmaterialien vorhanden sind und dass die Arbeitsprobe einen fairen Schwierigkeitsgrad (d.h. weder zu leicht noch zu schwer) aufweist. Achten sollten Sie auch darauf, ob die Bewerber die Hygienemaßnahmen einhalten, die Plausibilitätsprüfung korrekt durchführen und ein vollständiges Herstellungsprotokoll anfertigen können.

Ein Probearbeitstag ist auch für Sie als Arbeitgeber ein harter Tag. Doch am Ende sind Sie um einige wertvolle Informationen reicher, die Sie den Bewerbungsunterlagen sicherlich nicht entnehmen würden.

Beurteilungsfehler und ungeeignete Auswahlkriterien

Menschen bedienen sich im Alltag vertrauter Muster, wenn sie andere Menschen beurteilen. Das ist per se nicht schlecht. Im Kontext der Personalauswahl kann jedoch das „Denken in Kategorien“ eine Fehlerquelle darstellen. Es gibt eine Reihe von möglichen Beurteilungsfehlern und -verzerrungen, die häufig unbewusst zu einer falschen Einschätzung der Kandidaten führen können. In Tabelle 1 stellen wir Ihnen eine Auswahl von Beurteilungsfehlern vor, die bei Personalentscheidungen von Interesse sind. Es kann bereits hilfreich sein, wenn Sie die potenziellen Fehlerquellen kennen, dadurch Ihre eigenen Urteile reflektieren und sie gegebenenfalls revidieren.

Die Annahme, dass die Körpersprache gültige Informationen über die Persönlichkeit liefert, ist im Alltag leider sehr tief verwurzelt. Aber Körpersprache spiegelt zum Teil gesellschaftliche Konventionen wider, sie kann gesteuert und auch erfolgreich trainiert werden. Mit wissenschaftlicher Psychologie hat es deswegen wenig gemein, wenn man verschränkte Arme, einen ausweichenden Blick oder ein Sich-an-die-Nase-Fassen zu deuten versucht. Auch von Typologisierungen der Bewerber nach deren Blickrichtung oder nach vier emotionalen Reaktionsmustern raten einige Arbeitspsychologen ab [2, 3]. Denn hierdurch werden Menschen in „Schubladen gesteckt“, Vorurteilen und Diskriminierungen die Wege gebahnt. Derartige Stereotypisierungen zeugen nicht von Menschenkenntnis und dürfen deshalb keinen ernsthaften Raum im Rahmen der Mitarbeiterauswahl beanspruchen.

Ist professionelle Unterstützung sinnvoll?

Werden bei der Personalauswahl falsche Entscheidungen getroffen, entstehen Kosten. Dazu zählen sowohl der gesamte finanzielle und zeitliche Aufwand im Zuge des Bewerbermanagements als auch die Kosten, die ein ungeeigneter Mitarbeiter künftig verursachen könnte. Hier wiederum sind etwa schlecht bediente Kunden zu nennen, die möglicherweise nicht wiederkommen, weiterhin auch (erkannte wie nicht erkannte) Fehler, unzufriedene Kollegen oder Fehlzeiten. Insbesondere bei der Besetzung von Stellen mit einer hohen Verantwortung (Filialleiter, Apotheker) lohnt es sich deshalb, auf professionelle externe Hilfe zurückzugreifen: Arbeitspsychologische Berater, die eine Lizenz zur Eignungsbeurteilung nach DIN 33430 vorweisen [4], unterstützen Sie bei der gesamten Personalauswahl, ohne in Ihre Entscheidung einzugreifen. Die Investition und der Aufwand lohnen sich allemal: Eine Fehlentscheidung ist definitiv mit wesentlich höheren Kosten verbunden als der Einsatz eines professionellen Beraters.

Literatur

[1] Lennecke, K. (Hrsg.): Rezept-Trainer 1 bzw. 2, Deutscher Apotheker Verlag: Stuttgart 2015 bzw. 2014

[2] König, C.J., Marcus, B.: TBS-TK Rezension: Persolog Persönlichkeits-Profil, Psychologische Rundschau 2013, 64:189–191

[3] Kanning, U.P.: 50 Strategien, die falschen Mitarbeiter zu finden … und wie Sie es besser machen kön- nen, Beltz Verlag: Weinheim 2017

[4] Diagnostik- und Testkuratorium (Hrsg.): Personalauswahl kompetent gestalten, Springer-Verlag: Berlin 2018

weiterführend:

Schuler, H.: Das Einstellungsinterview, Hogrefe: Göttingen 2018

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(12):12-12