Editorial

Am Ziel vorbeigeschossen


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

erinnern Sie sich noch an die „elf Freunde“, die sich vor vier Jahren nicht nur den WM-Titel, sondern auch einen Platz in den Herzen der Fans sicherten? Beides ist der deutschen Nationalmannschaft während ihres diesjährigen „Ausflugs“ nach Russland wohl kaum gelungen (vgl. dazu auch „Herzogs letzte Seite“). Das lag zum einen an der spielerischen Leistung, zum anderen auch daran, wie sich die Mannschaft präsentierte: Nämlich – so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ – als „elf Fremde“. Zurückgeführt wird das auf die durchgestylt-unterkühlte Markenstrategie von Manager Oliver Bierhoff, in der Inszenierung mehr zählt als Authentizität und Kalkül mehr als Herz: Menschliches blieb auf der Strecke, die Fangemeinde von „ihrer“ Mannschaft enttäuscht zurück.

Fraglos ist eine Markenstrategie auch für Apotheken wichtig. Sie sollte allerdings nicht so aussehen wie bei unserer Nationalelf: Denn wenn bei uns das Menschliche fehlt, können unsere Patienten niemals das für eine gute Beratung unabdingbare Vertrauen entwickeln. Und sie werden kaum jemals zu „Fans“, die immer wieder gerne zu uns kommen (vgl. AWA 7/2018).

Mutmaßen ließe sich zudem, dass gerade die Präsentation der Nationalelf als unterkühlte Marke dazu führte, dass die einzelnen Spieler sich voneinander distanzierten und somit gar nicht mehr „als Team“ die volle Leistung bringen konnten. Wieder übertragen auf die Apotheke heißt das: Überwiegt eine (zu) sterile Marke das natürliche Miteinander der Mitarbeiter, schlägt sich das sehr leicht in deren Leistung nieder – und somit letztlich darin, dass die Patienten dieser Marke kaum noch Qualität beimessen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(14):2-2