Schuldzinsen steuerlich geltend machen

Konsequenzen für die Finanzierung


Stefan Hans

Zinsen, die für die Finanzierung in der Apotheke anfallen, sind in der Regel als Betriebsausgaben abziehbar. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt: Es lauern Fallstricke, die es zu umgehen gilt. Anderenfalls drohen unnötige Diskussionen mit dem Finanzamt – und auch Steuernachzahlungen.

Wenn Sie Investitionen in Anlagevermögen fremdfinanzieren, können Sie die dafür anfallenden Zinsen als Betriebsausgaben geltend machen. Solche Zinsen fallen für die Anschaffung von Apothekeneinrichtungen, Kommissionierautomaten oder Botenfahrzeugen an.

Etwas anders sieht es beim Umlaufvermögen aus. Hier ist insbesondere §4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) zu beachten: Demnach sind Schuldzinsen für das Umlaufvermögen, z.B. für das Warenlager oder einen Kontokorrent, dann nicht mehr uneingeschränkt abziehbar, wenn Sie als Unternehmer mehr aus Ihrem Unternehmen entnehmen, als Sie im gleichen Zeitraum erwirtschaften und einlegen. Man spricht dann auch von „Überentnahmen“.

Ergibt sich indes ein positiver Saldo, wenn die Entnahmen von den Gewinnen und Einlagen abgezogen werden, handelt es sich um „Unterentnahmen“. Eine Fremdfinanzierung privater Entnahmen hat dann nicht stattgefunden. Alle Schuldzinsen sind als Betriebsausgaben abziehbar.

Durch die Regelung des §4 Abs. 4a EStG soll verhindert werden, dass Zinsen aus der privaten in die betriebliche „Sphäre“ gezogen werden, um sie dann steuerlich geltend zu machen.

Übrigens: Grundsätzlich gilt für Schuldzinsen ein sogenannter „Bagatellbetrag“ von 2.050,00 €. Bis zu diesem Betrag sind die tatsächlich gezahlten Schuldzinsen in jedem Fall abzugsfähig.

Wie hoch sind die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen?

Um die Höhe der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen zu ermitteln, summieren Sie die Über- bzw. Unterentnahmen seit der Gründung bzw. Übernahme der Apotheke, höchstens jedoch für alle Wirtschaftsjahre seit 1999, auf („zeitraumbezogene Betrachtung“). Ergibt sich insgesamt ein negativer Saldo und somit eine Überentnahme, wird auf diese ein pauschaler Zinssatz von 6% angesetzt. Hierdurch ergeben sich die Schuldzinsen, die Sie – abzüglich der 2.050,00 € – nicht von der Steuer abziehen dürfen. Ein Beispiel für die Berechnung finden Sie in Tabelle 1.

Durch die zeitraumbezogene Betrachtung ist eine Überentnahme im Zweifelsfall nicht einmalig wirksam, sondern führt über viele Jahre zu einer Hinzurechnung bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns. Im Beispiel etwa führt die hohe Entnahme im Jahr 2 auch zu nicht abziehbaren Schuldzinsen im Jahr 3.

Weil die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen pauschal erfolgt, kommt es in der Praxis immer wieder zu Konstellationen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sind, aber letztendlich in Kauf genommen werden. So etwa ist der „Entnahme“-Begriff bislang nicht eingegrenzt, beispielsweise auf Barmittel. Dies führt unter anderem dazu, dass die private Nutzung des betrieblichen PKWs die Bemessungsgrundlage ebenfalls als „Entnahme“ erhöht.

Problematisch ist es auch, wenn z.B. nach dem Erwerb oder der Neugründung einer Apotheke nur geringe Gewinne oder sogar Anlaufverluste erzielt werden. Hier sind möglicherweise Privatentnahmen notwendig. Da diese aber eben noch nicht (ausreichend) mit Gewinnen verrechnet werden können, lassen sich die Schuldzinsen nur beschränkt abziehen.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten haben Sie?

Sollten Ihre Entnahmen die Gewinne der letzten Jahre überstiegen haben oder sollten Sie die Eröffnung einer Apotheke planen, könnte sich also Handlungsbedarf ergeben. Dabei existieren – abhängig vom Einzelfall – verschiedene Möglichkeiten, um die Abzugsbeschränkung für Schuldzinsen zu umgehen.

So können Sie beispielsweise weitestgehend versuchen, das Umlaufvermögen durch bestehende Eigenmittel und das Anlagevermögen durch Fremdmittel zu finanzieren. Weil sich Schuldzinsen aus der Finanzierung von Anlagevermögen ja geltend machen lassen, läuft die Regelung des §4 Abs. 4a EStG ins Leere.

Das sollten Sie auch bei der Tilgungsreihenfolge bestehender betrieblicher Darlehen berücksichtigen: Tilgen Sie also Kredite für die Finanzierung von Umlaufvermögen vor Krediten für die Finanzierung von Anlagevermögen!

Um dabei auf der sicheren Seite zu stehen, sollten Sie separate Finanzierungsverträge für das Umlauf- und das Anlagevermögen mit der Bank abschließen. Bei einem einzigen Vertrag nämlich geht der Bundesfinanzhof (BFH) von einer gleichmäßigen Tilgung und damit auch Zinslast für die beiden Vermögensarten aus. Im Fall von separaten Verträgen hingegen können die Tilgungen vollständig dem Umlaufvermögen zugeordnet werden.

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die auch in der Apotheke benötigt werden (z.B. PKWs), für das Unternehmen zu nutzen (sogenannte „Nutzungseinlage“) oder direkt in das Betriebsvermögen einzulegen. Hierdurch verringern Sie den Wert eventueller Überentnahmen und somit die Höhe der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen. Dabei sollten Sie aber beachten, dass sowohl die private Nutzung als auch die über die Zeit möglichen Wertsteigerungen dieser Wirtschaftsgüter besteuert werden. Daher gilt es, im Vorfeld durchzurechnen, ob sich eine Einlage tatsächlich lohnt.

Übrigens: Wenn Sie Einlagen kurz vor einem Stichtag tätigen, um Überentnahmen auszugleichen, diese Einlagen aber nach dem Stichtag gleich wieder entnehmen, dann handelt es sich nach Ansicht des BFH um Gestaltungsmissbrauch (Urteil vom 21.08.2012, Aktenzeichen: VIII R 32/09). Durchaus möglich ist es aber, private Geldanlagen längerfristig dem Betriebsvermögen zuzuordnen.

Welche Konsequenzen hat das für Filialapotheken und OHGs?

Weitreichende Konsequenzen können sich auch für Filialapotheken ergeben, die steuerlich als einzelne Gewerbebetriebe geführt werden, um den gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 € mehrfach auszunutzen. In diesen Fällen werden die Überentnahmen für jede einzelne Apotheke ermittelt. Überentnahmen der einen Apotheke können Sie folglich nicht mit Unterentnahmen einer anderen Apotheke verrechnen. Dadurch kann es zum steuerlichen „Verfall“ von Schuldzinsen kommen, die anderenfalls hätten berücksichtigt werden können.

Bei offenen Handelsgesellschaften (OHGs) müssen die Überentnahmen für jeden Gesellschafter separat festgestellt werden: Die Entnahmen eines Gesellschafters sind also seinem Gewinnanteil und seinen Einlagen gegenüberzustellen. Der Bagatellbetrag von 2.050 € gilt dabei aber für die gesamte OHG und ist entsprechend dem Verhältnis der Gewinnanteile auf die Gesellschafter zu verteilen. Auch kann es hier zu einer Vielzahl von Konstellationen kommen, die individuell geklärt werden müssen.

Fazit

Wenn also Zinszahlungen nicht explizit auf die Finanzierung von Anlagevermögen geleistet wurden, sollten Sie prüfen, ob sich in den vergangenen Jahren Überentnahmen ergeben haben. Ist dies der Fall, gilt es, Wege zu finden, die Ihre Finanzierungsstruktur optimieren.

Stefan Hans, Steuerberater, Schneider + Partner GmbH, 01307 Dresden, E-Mail: Stefan.Hans@sup-dresden.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(14):14-14