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Lohnt sich eine digitale Sicht- und Freiwahl für Ihre Apotheke?


Frank Weißenfeldt

Kaum ein Thema bestimmt die Gesellschaft so stark wie die Digitalisierung. Dass auch die Apotheken davon betroffen sind, steht außer Frage. Ein Trend: Die digitale Sicht- und Freiwahl. Was Sie bei einer entsprechenden Investition beachten sollten, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Die Apotheke von heute ist digital – wobei viele Prozesse im Hintergrund ablaufen. So verfügen fast alle Apotheken in Deutschland über ein POS (Point of Sale)-System, welches das Apotheken-Team u.a. darüber informiert, wie viele Packungen eines Artikels noch vorrätig sind. Und auch die MSV3 (Medium Speed Version 3)-Schnittstelle, mit der Daten zwischen Apotheke und Großhandel über das Internet übermittelt werden, entwickelt sich mehr und mehr zum Standard im Apothekenmarkt. Bereits im Jahr 2016 war sie in mehr als 70% der deutschen Apotheken im Einsatz [1].

Neben Kommissionierautomaten hält zurzeit insbesondere eine zweite Innovation Einzug in die Apotheken: Die digitale Sicht- und Freiwahl. Wenn Sie während der letzten Jahre auf der Expopharm waren, konnten Sie die Anbieter digitaler Sicht- und Freiwahlsysteme kaum übersehen.

Experten schätzen, dass zirka 500 Apotheken in Deutschland bereits über großflächige Bildschirme in der Sicht- bzw. Freiwahl verfügen. Damit hat sich die Anzahl der Apotheken, die mit einem entsprechenden System arbeiten, während der letzten zwei Jahre mehr als verdoppelt. Im Jahr 2016 haben Kenner des Apothekenmarktes die Anzahl der digitalen Sicht- und Freiwahlsysteme nämlich noch auf 200 geschätzt. Und was lässt sich für die Zukunft vermuten? Bundesweit könnten rund 2.000 Apotheken über großflächige Bildschirme bzw. ein entsprechendes digitales System verfügen. Denn bereits 2015 hatten in einer Befragung 9% der antwortenden öffentlichen Apotheken angegeben, die Investition in eine elektronische Sichtwahl zu planen [2].

Übrigens: Einige Apotheker und Marktexperten favorisieren digitale Sicht- bzw. Freiwahlsysteme für stark frequentierte Apotheken in guten Lagen mit vielen „Schnelldrehern“. Andere Marktkenner wiederum vertreten die Meinung, dass die Technologie für diese Apotheken (noch) nicht schnell genug ist.

Welche Aspekte Sie im Blick behalten sollten

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, entsprechende großflächige Bildschirme in Ihrer Apotheke zu installieren, sollten Sie auf jeden Fall auch verschiedene Apotheken mit einer digitalen Sicht- bzw. Freiwahl besuchen, um so einen besseren Eindruck gewinnen zu können. Stellen Sie sich dabei die folgenden Fragen:

  • Wie wirken die großflächigen Bildschirme von außen und von innen?
  • Ergibt sich ein harmonischer Eindruck, auch in Kombination mit den „analog gestalteten“ Bereichen? Insbesondere in einer größeren Apotheke besteht ja die Möglichkeit, die traditionelle Sicht- bzw. Freiwahl mit der virtuellen Sicht- bzw. Freiwahl zu kombinieren.

Tipp: Diskutieren Sie diese oder vergleichbare Fragen auch mal mit einem (fachfremden) Freund oder guten Bekannten, von dem Sie eine ehrliche Antwort erwarten können.

Wichtig ist es sicherlich, dass das neue System in Ihre bisherigen Arbeitsabläufe eingebunden werden kann bzw. dass sich diese entsprechend modifizieren lassen. Die Technologie des Systems sollte sich in diesem Rahmen mit weiteren Systemen – wie z.B. Touchscreens am Handverkaufs (HV)-Tisch oder einem Kommissionierautomaten – kombinieren lassen.

Auf dem richtigen Weg sind Sie, wenn

  • die digitale Sicht- bzw. Freiwahl zur Apotheke, deren zum Image bzw. zur „Apothekenmarke“ passt,
  • die (Innen-)Architektur der Apotheke mit der virtuellen Sicht- bzw. Freiwahl harmoniert,
  • die abgebildeten Artikel und Schriftzüge auf den Bildschirmen – innerhalb und außerhalb der Apotheke – gut zu erkennen sind,
  • die Organisation von Preis- und Sonderaktionen optimiert wird, z.B. indem Preise auf „Knopfdruck“ angepasst werden,
  • sich das Apothekenteam gerne mit neuen Ideen und Technologien beschäftigt,
  • Sie gerne eigene Kaufanreize setzen sowie eine eigene „digitale Kommunikation“ entwerfen und
  • die elektronische Sichtwahl die Neugierde der Kunden weckt.

In Zeiten eines professionellen „Category Managements“ sollte die Sicht- bzw. Freiwahl ohnehin mehr sein als ein bequemes Ablageregal. So zeigen auch Analysen von IQVIA immer wieder, dass eine optimierte Sichtwahlplatzierung den Abverkauf apothekenpflichtiger OTC-Arzneimittel stärkt. Durch eine digitale Sicht- und Freiwahl können Sie daher Ihr „Category Management“ auf den Punkt optimieren. Im Dialog mit DAZ.online sagte Apotheker Gunther Böttrich, Volkmarsen, kürzlich in diesem Kontext: „Mit der virtuellen Sichtwahl arbeiten wir kundenorientiert und nicht mehr packungsorientiert. Dadurch sinken Prozesskosten und Lagerkosten, und schlussendlich profitieren auch die Abverkaufszahlen davon“ [3].

Ein eindeutiger Vorteil einer digitalen Sicht- bzw. Freiwahl ist, dass Sie die Platzierung der Produkte jederzeit kinderleicht ändern können. Eine einfach bedienbare Software sowie aktuelle Bilder und Filme zu den Artikeln sind heute eine Selbstverständlichkeit und werden von den verschiedenen Herstellern angeboten. Zudem wird Ihr Apothekenteam entlastet, da die Regalpflege komplett – oder zumindest weitgehend – entfällt.

Welche Produkte Sie wann „ausspielen“ sollten

Sie können das Cross-Selling Ihrer Apotheke also nicht nur mit Unterstützung Ihrer Warenwirtschaft, sondern auch mithilfe einer digitalen Sicht- und Freiwahl optimieren. Berücksichtigen Sie dabei die Gepflogenheiten Ihrer Kunden: Montags und dienstags etwa gehen viele Patienten zum Arzt und anschließend mit ihrem Rezept in die Apotheke (Abbildung 1). Überlegen Sie sich, welche OTC-Präparate sich für eine erfolgreiche Zusatzempfehlung anbieten. Diese Produkte sollten dann auch „kommuniziert“ werden.

Am Ende der Woche geht der Apothekenkunde „shoppen“. In der Tat werden an Freitagen und Samstagen im Schnitt mehr Körperpflege- und Kosmetikprodukte verkauft als am Wochenanfang. Es bietet sich daher an, diese Produkte am Wochenende auch auf großflächigen Bildschirmen zu präsentieren.

Dazu noch eine Idee: Kombinieren Sie die Produktpräsentation der Körperpflege- und Kosmetikartikel mit einem „Beauty & Health“-Aktionstag und bieten Sie z.B. eine Hauttypberatung an.

Literatur

[1] Wessinger, B.: Handschriftlich ist Murks, in: Deutsche Apotheker Zeitung 2016, Nr. 42, S. 14

[2] Apotheke + Marketing 2015, Nr. 4, S. 4

[3] „Mehr Zeit für unsere Kunden“, Interview mit Gunther Böttrich

Frank Weißenfeldt, Diplom-Betriebswirt und MBA, Associate Director, IQVIA Commercial, Frankfurt/Main, E-Mail: Frank.Weissenfeldt@iqvia.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(14):10-10