Neu auf dem Chefsessel

So gelingt der Einstieg in die Führungsposition


Dr. Andreas Nagel

Wer erstmals die Leitung einer Apotheke übernimmt, wird meist mit einer Vielzahl neuer Aufgaben konfrontiert. Mit einigen einfachen Maßnahmen gelingt es in der Regel, den Einstieg erfolgreich zu gestalten und von allen Mitarbeitern als neuer Chef akzeptiert zu werden.

Auf einen neuen Chef kommen in der Startphase viele zusätzliche Aufgaben zu. Neben der pharmazeutischen Arbeit müssen jetzt auch (vermehrt) organisatorische Tätigkeiten bewältigt werden, wie z.B. Mitarbeiterführung, Marketing oder die Regelung von Arbeitsabläufen. Außerdem stehen die Mitarbeiter einem neuen Chef zunächst oft skeptisch oder unsicher gegenüber und fragen sich: „Wird alles so bleiben, wie es ist? Oder wird es Veränderungen geben? Wie wird sich der neue Chef gegenüber dem Team verhalten?“

Wer die Leitung einer Apotheke übernimmt, in der er zuvor als angestellter Mitarbeiter tätig war, wird außerdem zum Chef seiner bisherigen Kollegen. Diesen Rollenwechsel gilt es erfolgreich zu gestalten. Ein neuer Filialleiter steht zusätzlich zwischen den Erwartungen seiner Filialmitarbeiter und den Anforderungen des Apothekeninhabers.

Die Vorbereitung

Zentral ist die Vorbereitung auf Ihre neue Führungsrolle: Falls Sie Wissensdefizite in den Bereichen Mitarbeiterführung, Marketing oder Warenwirtschaft verspüren, können Sie diese Lücken meist durch Fachliteratur oder Seminare noch vor Beginn Ihrer neuen Tätigkeit schließen.

Informieren Sie sich außerdem im Gespräch mit Ihrem Vorgänger bzw. – so Sie eine Filiale übernehmen – mit dem Inhaber über die Besonderheiten der Apotheke, über die Mitarbeiter und deren Arbeitsbereiche, über Zuständigkeiten und organisatorische Regelungen. Versuchen Sie, Antworten z.B. auf folgende Fragen zu erhalten:

  • Wer sind die Wortführer und Meinungsbildner im Team?
  • Gibt es interne Spannungen oder Konflikte?
  • Gibt es „Neider“, die Ihre Chefposition auch gerne gehabt hätten?
  • Ist ein offenes Zugehen auf diese Personen sinnvoll?
  • Wie haben Mitarbeiter in der Vergangenheit auf Veränderungen reagiert?

Versuchen Sie insbesondere auch, z.B. im Gespräch mit Ihren zukünftigen Mitarbeitern etwas über den Führungsstil Ihres Vorgängers zu erfahren. Überlegen Sie sich dann, ob Sie in seine Fußstapfen treten oder Dinge verändern möchten.

Der erste Arbeitstag

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance – das gilt beruflich wie privat. Deswegen ist es wichtig, dass Sie gleich am Anfang bei Ihren Mitarbeitern punkten. Das gelingt z.B. mit einer kurzen und sorgfältig konzipierten „Antrittsrede“. Beginnen können Sie etwa folgendermaßen: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, heute die Leitung dieser Apotheke zu übernehmen. Lassen Sie mich kurz etwas zu mir und zu unserer zukünftigen Zusammenarbeit sagen.“ Schildern Sie dann kurz Ihre bisherige berufliche Tätigkeit und gegebenenfalls Ihre private Lebenssituation. Gehen Sie anschließend auf Ihre Vorstellungen von der zukünftigen Zusammenarbeit ein und lassen Sie nicht unerwähnt, dass Sie sich darauf freuen. Signalisieren Sie Ihren Mitarbeitern außerdem, dass Sie bei Fragen stets ein offenes Ohr haben.

Übrigens: Neue Filialleiter sollten sich mitsamt ihren Zuständigkeiten und Kompetenzen vor dieser Antrittsrede durch den Apothekeninhaber vorstellen lassen.

Gespräche führen

Führen Sie in den ersten Arbeitstagen mit jedem Mitarbeiter ein Einzelgespräch, in dem Sie sich seine Aufgabenbereiche erläutern lassen. Fragen Sie den Mitarbeiter, ob er mit seiner derzeitigen Tätigkeit zufrieden ist oder ob er Verbesserungsbedarf sieht. Besprechen Sie dann, welche Erwartungen der Mitarbeiter an die zukünftige Zusammenarbeit hat und schildern Sie abschließend Ihre eigenen Erwartungen. Wenn Sie es für sinnvoll halten, können Sie anstelle der Einzelgespräche oder zusätzlich auch eine gemeinsame Besprechung mit allen Mitarbeitern durchführen.

Akzeptanz erlangen

In der Startphase müssen Sie Ihr Team zunächst von Ihren Führungsqualitäten überzeugen. Erst wenn Ihnen das gelingt, werden Sie als Chef akzeptiert. Respekt, Vertrauen und Sympathie können Sie nur durch Ihr Verhalten gewinnen. In den ersten Tagen sollten Sie daher nicht allein durch Ihre fachlichen Fähigkeiten überzeugen, sondern vor allem durch Ihr persönliches Auftreten. Üben Sie eine Vorbildfunktion aus und zeigen Sie durch Ihr Verhalten, dass Qualität, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Freundlichkeit und ein respektvoller Umgang mit Kunden und Kollegen für Sie wichtige Werte sind. Auch Ihre Kleidung und Ihr Arbeitsplatz im Backoffice sollten stets tadellos aussehen. Halten Sie Zusagen und Versprechen gegenüber Mitarbeitern immer ein. So zeigen Sie, dass man Ihnen vertrauen und sich auf Ihre Aussagen verlassen kann.

Bitten Sie Ihr Team auch ausdrücklich um Feedback. Fragen Sie nach der Meinung der Mitarbeiter und seien Sie offen für konstruktive Kritik. Junge Chefs neigen gelegentlich dazu, eigene Unsicherheiten aus Angst vor einem Autoritätsverlust möglichst zu kaschieren. Wer sich aber perfekt oder unnahbar gibt, baut eher Hürden statt Sympathie auf. Sie werden eher respektiert, wenn Sie sich der Kritik von Mitarbeitern stellen. Denn der konstruktive Umgang mit Kritik ist immer ein Zeichen von Stärke und Selbstbewusstsein.

Veränderungen durchsetzen

Erst wenn Sie ausreichende Akzeptanz im Team gewonnen haben, sollten Sie mit Veränderungen beginnen. Zeigen Sie dabei zunächst Wertschätzung für den derzeitigen Zustand und kritisieren Sie bestehende Arbeits- und Verhaltensweisen nicht unnötig. Wenn Sie Veränderungen durchsetzen möchten, werden Sie Ihre Mitarbeiter zunächst von deren Notwendigkeit überzeugen müssen. Denn jeder Mitarbeiter fragt sich instinktiv: „Welche Folgen hat die Veränderung für mich persönlich?“ Falls derzeitige Arbeitsabläufe, Tätigkeitsbereiche, Arbeitszeiten und „Besitzstände“ infrage gestellt werden, müssen Sie natürlich mit Widerstand rechnen.

Erstellen Sie bei Bedarf eine Liste mit möglichen Einwänden und entwickeln Sie geeignete Gegenargumente. Erläutern Sie dann die Gründe für die Veränderung. Reagieren Sie bei Widerständen und Gegenargumenten nicht verärgert, sondern zeigen Sie Verständnis für die Bedenken Ihrer Mitarbeiter. Greifen Sie Mitarbeiter auch niemals wegen abweichender Meinungen persönlich an. Bauen Sie alle konstruktiven Anregungen in Ihr Konzept ein und bedanken Sie sich auch dafür.

Oft ist es möglich, Mitarbeiter durch eine „Testphase“ von Veränderungen zu überzeugen: Schlagen Sie vor, die neue Vorgehensweise zunächst über einen begrenzten Zeitraum auszuprobieren und gegebenenfalls zur bisherigen Arbeitsweise zurückzukehren, wenn sich das neue Vorgehen nicht bewährt.

In einigen Fällen wird es auch Mitarbeiter geben, für die die Veränderungen nachteilige Folgen haben. Sprechen Sie mit diesen Mitarbeitern offen und ehrlich darüber. Erläutern Sie bei Bedarf die Gründe für Ihre Entscheidung in einem Einzelgespräch. Versuchen Sie dabei aber nicht, die negativen Konsequenzen zu beschönigen. Zeigen Sie außerdem Verständnis dafür, dass der Mitarbeiter nicht begeistert ist.

Einarbeitungsplan erstellen

Erstellen Sie einen individuellen Einarbeitungsplan für die ersten Wochen in der neuen Chefposition: Definieren Sie, was Sie in dieser Zeit erreichen möchten, welche Maßnahmen dazu erforderlich sind, welche Probleme auftreten können und wie sie sich lösen lassen. Notieren Sie zu den einzelnen Maßnahmen möglichst auch konkrete Termine, damit sie im Alltag nicht vergessen oder immer wieder verschoben werden. Mit einem gut durchdachten Einarbeitungsplan schaffen Sie die optimalen Voraussetzungen für den erfolgreichen Einstieg in Ihre neue Chefposition.

Dr. Andreas Nagel, Diplom-Ökonom, Akademie für Apothekenmanagement, 31535 Neustadt am Rübenberge, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(14):6-6