Betriebliches Gesundheitsmanagement juristisch beleuchtet

Müssen Sie Ihre Mitarbeiter gesund "halten"?


Dr. Britta Bradshaw

Betriebliches Gesundheitsmanagement gilt als Erfolgsfaktor für Unternehmen. Doch was eigentlich hat der Gesetzgeber diesbezüglich festgelegt? Erfahren Sie im Folgenden, zu welchen Maßnahmen des Arbeitnehmerschutzes Sie als Arbeitgeber rechtlich verpflichtet sind.

Sie als Apothekenleiter können im Rahmen Ihres Direktionsrechts Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit des Arbeitnehmers bestimmen (vgl. AWA 11/2018). Hieraus folgt im Umkehrschluss auch die Pflicht, auf die Rechte und Rechtsgüter des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (Fürsorgepflicht). Begrenzt wird die Pflicht wiederum durch das Recht des Arbeitgebers, seine gerechtfertigten Interessen mit den gesetzlich zulässigen Mitteln zu wahren [1]. Inwieweit ist es nun aber Ihre Aufgabe, für die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu sorgen?

Welche Regelwerke Sie beachten müssen

Es gibt zahlreiche Regelungen zu den Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Privatrechtlich wird in §618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) recht allgemein bestimmt, dass ein Arbeitgeber "Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln [hat], dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet."

Halten Sie diese Pflicht nicht ein, kann Ihr Mitarbeiter die Leistung verweigern, ohne dass Sie ihm dafür die Vergütung kürzen dürfen. Unter Umständen kann er auch einen Anspruch auf Schadenersatz bzw. Schmerzensgeld geltend machen.

Öffentlich-rechtlich – also im Verhältnis zwischen Staat und Arbeitgeber – sind die Pflichten deutlich konkreter und umfassender ausgestaltet. So enthält das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) allgemeine Pflichten des Arbeitgebers (sowie übrigens auch des Arbeitnehmers). Mit welchen Maßnahmen Sie diesen Pflichten nachkommen müssen, ist in zahlreichen Verordnungen näher bestimmt. Für Apotheken relevant sind insbesondere die folgenden:

  • die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),
  • die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV),
  • die Biostoffverordnung (BioStoffV),
  • die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),
  • die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV),
  • die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-BV) sowie
  • die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

Zu vielen dieser Verordnungen gibt es darüber hinaus noch sogenannte "Technische Regeln" wie etwa diejenige für Arbeitsstätten (ASR). Diese Regeln definieren den Stand der Wissenschaft und Technik für den jeweiligen Arbeitsbereich und konkretisieren dabei, wie die in der jeweiligen Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können [2]. Es obliegt der Gewerbeaufsicht sowie den Berufsgenossenschaften, diese öffentlich-rechtlichen Vorschriften durchzusetzen. Verstöße können mit einem teils stattlichen Bußgeld geahndet werden.

Auch wenn sie öffentlich-rechtlich sind, konkretisieren viele dieser Vorschriften ebenfalls die rein privatrechtliche Fürsorgepflicht – sie haben also eine sogenannte "Doppelwirkung". Das bedeutet konkret, dass Verstöße z.B. gegen das ArbSchG nicht nur zu einem Bußgeld, sondern auch zu Ansprüchen des Arbeitnehmers führen können.

Schließlich hat auch der Spitzenverband "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" (DGUV) besondere Vorschriften und Regelwerke entwickelt. Werden sie nicht eingehalten und kommt es in der Folge zu einem Arbeitsunfall, kann die DGUV den Arbeitgeber für eine Zahlung in Regress nehmen, die sie in diesem Zusammenhang an den Arbeitnehmer geleistet hat.

Welche Anforderungen es an die Arbeitsstätte gibt

Unabhängig von etwaigen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Arbeitsschutzvorschriften schreibt §4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vor, die Betriebsräume ausreichend zu beleuchten, zu belüften sowie erforderlichenfalls zu klimatisieren. Zudem sind sie in einwandfreiem baulichen und hygienischen Zustand zu halten.

Weil in Apotheken die Arbeit außerhalb von geschlossenen Büroräumen ausgeübt wird, ist auch Nr. 4.2 des Anhangs zur ArbStättV von Bedeutung: Demnach muss bei mehr als zehn Beschäftigten – oder wenn es sonst zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist – ein Pausenraum an gut erreichbarer Stelle eingerichtet werden. Wichtig ist zudem, dass jedem Arbeitnehmer gemäß Nr. 3.3 des Anhangs eine Sitzgelegenheit am oder in der Nähe des Arbeitsplatzes zur Verfügung gestellt wird, soweit es der Arbeitsablauf zulässt, sich zeitweise zu setzen.

Ein weiterer Knackpunkt: Die Raumtemperatur. Während in Nr. 3.5 des Anhangs zur ArbStättV nur eine "gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur" verlangt wird, ist die entsprechende ASR konkreter: Bei einer stehenden oder sitzenden, körperlich nicht besonders anstrengenden Arbeit muss eine Mindestraumtemperatur von 19 bzw. 20°C erreicht werden. Zu den ebenfalls vorgegebenen Höchsttemperaturen bedarf es an dieser Stelle keiner weiteren Ausführungen, da die entsprechenden Vorschriften zur Arzneimittelsicherheit restriktiver sind.

Des Weiteren sind im Anhang zur ArbStättV eine ausreichende Lüftung vorgeschrieben, eine Beleuchtung möglichst mit Tageslicht sowie der Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung.

Gemäß §5 ArbSchG in Verbindung mit §3 ArbStättV hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung entweder selbst durchzuführen oder – soweit er dazu nicht in der Lage ist – fachkundig durchführen zu lassen. Ob Arbeitsschutz-Maßnahmen erforderlich sind, hängt z.B. von den Räumlichkeiten oder einer eventuellen Exposition mit bestimmten chemischen Substanzen ab (vgl. Service).

Was bei der Arbeit selbst zu berücksichtigen ist

§4a ApBetrO fordert ausreichende Hygienemaßnahmen, wie z.B. das Waschen und Desinfizieren der Hände, das Tragen von sauberer Schutzkleidung sowie – falls erforderlich – von Mundschutz, Haube und Handschuhen. Diese Vorschrift dient zwar vornehmlich der ordnungsgemäßen Arzneimittelherstellung, implizit jedoch auch dem Arbeitnehmerschutz [3].

Grundsätzlich ist besonders in Apotheken eine Ansteckungsgefahr zu minimieren. Die Angestellten sind deshalb darüber aufzuklären, wie sie es vermeiden können, dass sie im Krankheitsfall sowohl ihre Kollegen als auch die Kunden anstecken. Darüber hinaus müssen Sie geeignete Schutzmaßnahmen treffen.

Daneben enthält auch das Arbeitszeitgesetz Vorschriften zum Schutz von Arbeitnehmern. Welche das sind, können Sie im AWA 24/2017, nachlesen.

Und sonst?

Über diese genannten Regelungen hinaus ist der Arbeitgeber nicht zu einer betrieblichen Gesundheitsförderung verpflichtet – und auch nicht für das allgemeine Wohlbefinden eines jeden Arbeitnehmers rechtlich verantwortlich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass durch bestimmte Boni der Krankenkassen (auch an Arbeitgeber) gemäß §65a Abs. 2 Sozialgesetzbuch V und durch Steuerfreibeträge gemäß §3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz gewisse Anreize für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung bestehen.

Service

Literatur:
[1] Palandt, O. (Begründer), et al.: Bürgerliches Gesetzbuch – Kommentar, 77. Auflage, C. H. Beck: München 2018, § 611 BGB Randnummer [Rn.] 96

[2] Cyran, W., Rotta, C. (Hrsg.): Apothekenbetriebsordnung – Kommentar, 5. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag: Stuttgart 2018, § 4 ApBetrO, Rn. 13

[3] Rixen, S., Krämer, C. (Hrsg.): Apothekengesetz – Kommentar, 1. Auflage, C. H. Beck: München 2014, § 4 ApBetrO, Rn. 17 und § 4a ApBetrO, Rn. 3

Gut zu wissen:
Auf der Homepage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) finden Sie die Möglichkeit zur "Online-Gefährdungsbeurteilung für Apotheken".

Britta Bradshaw, Rechtsanwältin, Kanzlei Winterstein, 22926 Ahrensburg, E-Mail: bradshaw@kanzlei-winterstein.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(21):14-14