Arzneimittelsicherheit und jede Menge Kosten?

Welche Chancen sich für Ihre Apotheke durch securPharm eröffnen


Dr. Uwe Weidenauer

SecurPharm erhöht die Arzneimittelsicherheit. Doch aus Sicht der meisten Apothekeninhaber ist das System ansonsten vor allem mit Kosten verbunden. Dennoch: Durch die Einführung von securPharm ergeben sich auch Chancen für die Apotheken.

Im Beitrag "Jetzt handeln und auf Nummer sicher gehen" haben wir Ihnen bereits ein Update zum securPharm-System gegeben: Ab dem 9. Februar 2019 weist somit jede einzelne, neu vom Hersteller für den Verkehr freigegebene Schachtel entsprechender Präparate mit der "Data Matrix" einen einzigartigen Code (Unique Identifier, UI) auf. Durch diesen einzigartigen Code wird auch jede einzelne Schachtel ein echtes Unikat (vgl. auch AWA 12/2018).

Anders als Hersteller und Apotheken können sich die pharmazeutischen Großhändler zwar am securPharm-System beteiligen, indem sie Packungen zusätzlich auf Echtheit prüfen. Sie sind aber nicht dazu verpflichtet.

Nun geht die Einführung von securPharm für jede Apotheke mit einigem Aufwand und entsprechenden Kosten einher. Allerdings bietet sie auch Chancen.

Was es mit Konsignationslagern auf sich hat

Eine Chance ergibt sich z.B. aus einem im Business-to-Business (B2B)-Bereich weit verbreiteten Konzept, dem der "Konsignationslager". Allgemein handelt es sich dabei um Warenlager, die Lieferanten in unmittelbarer räumlicher Nähe oder sogar auf dem Gelände eines Kunden einrichten, um sicherzustellen, dass der Kunde schnell mit dringend benötigten Waren beliefert wird. Rechtlicher Eigentümer der Ware – im Sinne der Verantwortlichkeit für die Inventur – ist bei einem Konsignationslager der Lieferant. Das bedeutet demnach, dass der Kunde die entsprechenden Waren dem Lieferanten erst dann bezahlen muss, wenn er sie verarbeitet bzw. verkauft.

Ein bekanntes Beispiel: Coca-Cola verwendet von Lieferanten hergestellte Prämixe, um sie dann in die eigene Rezeptur einzubringen. Der Getränkekonzern bezahlt diese Prämixe erst, wenn sie in der Abfüllanlage verarbeitet werden. Inhalt bzw. der Wert des Lagers mit den Prämixen können ihm relativ egal sein, da er den Lagerwert nicht zwischenfinanzieren muss. Die Lieferanten hingegen haben sicherzustellen, dass ausreichende Vorräte an Prämixen vorhanden sind. Schließlich soll es nicht zu kritischen Engpässen bzw. zu Produktionsstillständen kommen.

Wie sich Konsignationslager in Apotheken umsetzen lassen

In Zukunft wäre es technisch problemlos möglich, ein virtuelles Lager des Großhandels im Generallager bzw. im Kommissionierautomaten der Apotheke einzurichten. In der Folge wäre die Bezahlung der entsprechenden Waren nicht wie bisher bei der Lieferung, sondern vielmehr erst nach dem Verkauf durch die Apotheke fällig.

Hier kommt dann securPharm ins Spiel: Denn durch das Abscannen des UI lässt sich zukünftig nachvollziehen, welche Packung zu welchem Zeitpunkt abgegeben wurde. Wenn Sie mehrere Packungen eines Präparates auf Lager haben, können Sie somit – anders als heute – immer noch genau nachvollziehen, von welchem Ihrer Großhändler die gerade abgegebene Packung stammt. Und in der Folge kann Ihnen der Großhändler dann diese Packung zu genau diesem Abgabezeitpunkt in Rechnung stellen.

Das birgt gewisse Herausforderungen in sich: Zunächst gilt es, einen entsprechenden apothekenrechtskonformen Vertrag mit Ihrem Großhändler aushandeln. Der Großhändler muss darin auch verpflichtet werden, einen Vorrat von einer Woche in der Apotheke zu deponieren (§15 Apothekenbetriebsordnung [ApBetrO]). Zudem ist abzusichern, dass er das Lager nicht eigenständig befüllt. Ihr Weisungsrecht als Apothekeninhaber muss stets gewahrt bleiben. Es dürfen also keine Geschäftsflächen fremder Anbieter in den nach §4 Abs. 2 ApBetrO vorgeschriebenen Apothekenräumlichkeiten entstehen. Zudem müssen Sie sicherstellen, dass Sie durch die Kaufpreisstundung keine finanziellen Vorteile erhalten, die der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zuwiderlaufen.

Wichtig: So Sie ein entsprechendes Geschäftsmodell umsetzen wollen, sollten Sie auf jeden Fall auf Nummer sicher gehen und rechtliche Fragen von fachkundigen Juristen abklären lassen.

Eine weitere Herausforderung: Es ist notwendig, zusätzliche Daten an den Großhändler zu übertragen: Er muss schließlich erfahren, wann genau die Packungen mit den entsprechenden UI bei Ihnen ausgebucht werden. Das geht mit einem gewissen Programmieraufwand für die jeweiligen Softwarehäuser einher, sollte technisch aber machbar sein.

Zu beachten ist außerdem, dass das securPharm-System eben nicht sämtliche von Ihren Großhändlern gelieferten Präparate erfasst, sondern nur verschreibungspflichtige Human-Arzneimittel sowie Over-the-Counter (OTC)-Omeprazol als Hartkapsel in zwei Größen.

Warum sich dadurch viele Vorteile und Chancen ergeben

Bei einer Umstellung auf ein Konsignationslager würde der äquivalente Geldbetrag des Umlaufvermögens sofort frei. Er stünde Ihnen somit gleich als Free Cash Flow zur Verfügung. Sie können ihn also für Investitionen oder auch als Puffer für schwere Zeiten verwenden (vgl. auch AWA 10/2018).

Bei einem Konsignationslager hat Ihre Apotheke außerdem nahezu keine Probleme mehr mit kurzen Verfalldaten: Waren, die von Ihren Kunden nicht mehr abgenommen werden, verbleiben im Eigentum des Großhändlers. Dieser muss sich selbst um die Rückerstattung durch den Hersteller oder um die Entsorgung kümmern. Somit geht ein enormes unternehmerisches Risiko von Ihnen als Einzelkaufmann auf ein größeres Unternehmen über.

Wenn der Großhandel dementsprechend auch weiß, welche Packung Sie wann abgegeben haben, kann er die Sortimentssteuerung und die Wiederbevorratungszyklen daran anpassen. Das führt schlussendlich zu einer verbesserten Lieferfähigkeit und optimierten Lieferungen. Selbst für kleine Apotheken werden Lieferfähigkeiten von deutlich über 90% möglich!

Dennoch können Apotheken gewisse Artikel aus den Konsignationslagern herausnehmen und für eigene Vorräte sorgen, auf die der Großhandel dann keinen Zugriff mehr hat. So lassen sich beispielsweise Depots an Artikeln mit Lieferengpässen oder potenziellen Lieferdefekten anlegen, um die eigene Lieferfähigkeit sicherzustellen.

Und weitere Erleichterungen für Apotheken

Durch securPharm ergeben sich noch weitere Vorteile für Apotheken: Wie Sie ausführlich im AWA-Beitrag "Was das Recht zur Entsorgung und zur Wiederabgabe sagt" lesen können, gibt es die Möglichkeit, zurückgegebene Arzneimittel wieder in Verkehr zu bringen. Die Apotheke hat in diesem Rahmen eine ausführliche Prüfung im Sinne des §12 ApBetrO durchzuführen. Dabei muss die Chargenbezeichnung auf der Umverpackung mit derjenigen auf dem Blister übereinstimmen. Überdies hat das Fertigarzneimittel unversehrt und vollständig zu sein, damit sich die ordnungsgemäße Qualität als gegeben ansehen lässt.

Das securPharm-System erlaubt nun die Reaktivierung der betroffenen UI in der Datenbank – innerhalb einer Frist von zehn Tagen. Eine Wiederabgabe ist somit weiterhin unter Einhaltung der rechtlichen Anforderungen möglich. Die Prüfung allerdings lässt sich gegebenenfalls vereinfachen. Schließlich müssen alle Packungen im System einen Erstöffnungsschutz aufweisen. Und zudem lässt sich über den UI nachvollziehen, dass Sie die richtige Packung zurückerhalten. Somit können Sie – so Sie Ihre Prozesse rechtlich abgesichert anpassen – mit securPharm vielleicht auch Personalkosten einsparen.

Weiterhin kann die Verarbeitungsgeschwindigkeit beim Wareneingang enorm erhöht werden. Denn das elektronische System übernimmt das Auslesen der Verfalldaten aus dem Data-Matrix-Code mit 100%iger Präzision. Dies gilt sowohl für Apotheken mit (Voll-)Automaten als auch für Apotheken mit klassischen Generallagern.

Dr. Uwe Weidenauer, Apothekeninhaber, Geschäftsführer Gesundheit247 GmbH, 69469 Weinheim, E-Mail: awa@gesundheit247.academy

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2018; 43(24):8-8