Wenn Sie krankheits- oder unfallbedingt längerfristig ausfallen

So sorgen Sie rechtzeitig selbst vor


Dr. Bettina Mecking

Als Unternehmer wissen Sie, wie wichtig es ist, Vorkehrungen für den eigenen Ausfall zu treffen. Die Praxis lehrt allerdings, dass viele Apothekenleiter keine ausreichende Notfallvorsorgeregelung getroffen haben. Was Sie dabei beachten sollten, erfahren Sie im Folgenden.

Als selbstständiger Heilberufler tragen Sie in Sachen Notfallvorsorge sowohl für Ihren familiären Lebensbereich als auch für Ihre Apotheke mitsamt Ihren Mitarbeitern die Verantwortung. Es gilt, Ihre Handlungsfähigkeit privat und geschäftlich zu sichern – nicht nur für den Todesfall, sondern auch für schwere Krankheiten oder Unfälle, die dazu führen, dass Sie längerfristig ausfallen.

Welche Aufgaben andere im Notfall übernehmen müssen

Wenn Sie aufgrund eines Unglücksfalls Ihre Angelegenheiten dauerhaft nicht mehr selbst regeln können, fällt eine Voraussetzung für das Fortbestehen Ihrer nach §1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) personengebundenen Betriebserlaubnis weg. In diesem Fall hat es erhebliche Folgen für Sie und Ihre Apotheke, wenn eine Vorsorgevollmacht fehlt. Denn es stellen sich die Fragen, wer

  • für zunächst drei Monate und gegebenenfalls länger die Vertretung nach §3 Abs. 5 Satz 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) übernehmen wird,
  • für eine Übergangsfrist von zwölf Monaten den Verwalter Ihrer Apotheke nach §13 ApoG auswählt,
  • einen Apotheken-Pachtvertrag nach §9 ApoG schließt,
  • die Verhandlungen über den Verkauf der Apotheke führt oder
  • wer entscheiden muss, die Apotheke bei fehlender Wirtschaftlichkeit letztendlich zu schließen.

Welche drei Vorsorgemodelle es gibt

Um Irrungen zu vermeiden, sollten Sie also frühzeitig handeln. Dafür stehen Ihnen drei Vorsorgemodelle zur Verfügungen. Individuelle Regelungen sind jeweils möglich.

Zum Ersten können Sie einer anderen Person mit einer Vorsorgevollmacht die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten für den Fall übertragen, dass Sie die Fähigkeit einbüßen, selbst zu entscheiden. Hierdurch wird eine Betreuung gegebenenfalls überflüssig, da Vollmachten gegenüber der Betreuung nach §1896 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich vorrangig sind. Der Bevollmächtigte kann dann handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Das Gericht wird nur eingeschaltet, wenn es zur Kontrolle des Bevollmächtigten erforderlich ist. Die Vorsorgevollmacht ermöglicht somit, dass die von Ihnen ausgewählte Person in hohem Maße eigenverantwortlich handeln kann.

Zum Zweiten können Sie mit einer Betreuungsverfügung schon im Voraus festlegen, wen das Gericht bestellen soll, wenn es ohne rechtliche Betreuung nicht mehr weitergeht. Genauso können Sie bestimmen, wer auf keinen Fall als Betreuer infrage kommt. Möglich sind zudem inhaltliche Vorgaben für den Betreuer, so etwa dazu,

  • welche Gewohnheiten er respektieren soll oder
  • ob Sie im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim wünschen.

Auch für Personen mit Vorsorgevollmacht ist eine Betreuungsverfügung als zusätzliche Absicherung empfehlenswert. Nicht zuletzt können Sie darin für den Fall, dass die Vorsorgevollmacht doch nicht ausreicht und sich das Betreuungsgericht einschaltet, auch einen Wunsch für einen gesetzlichen Betreuer angeben.

Zum Dritten schließlich können Sie mit einer Patientenverfügung vorab über das "Ob" und "Wie" medizinischer Maßnahmen entscheiden, wenn das Lebensende offenkundig kurz bevorsteht: Wünschen Sie also bei konkret beschriebenen Krankheitszuständen bestimmte medizinische Maßnahmen – oder wollen Sie darauf verzichten? Mit einer Patientenverfügung können Sie also umgehen, dass andere entscheiden, wie Sie medizinisch behandelt werden, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind.

Bitte beachten Sie: Dem Bundesgerichtshof zufolge muss eine Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen allerdings strenge, verbindliche Anforderungen erfüllen (Urteil vom 06.07.2016, Aktenzeichen: XII ZB 61/16).

Welche Vertretungsrechte Ihre Angehörigen haben

Entgegen einer in der Bevölkerung verbreiteten Meinung existiert in Deutschland kein allgemeines Angehörigenvertretungsrecht. Ein solches Recht hatte man zwar im Vorfeld des geplanten zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes diskutiert. Vorgesehen war unter anderem, dass der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner auch ohne Vollmacht in bestimmten Grenzen über das Vermögen des anderen Ehegatten oder Lebenspartners verfügen dürfte. Auch sollten sowohl der Ehegatte als auch Verwandte in gerader Linie über Fragen der Heilbehandlung entscheiden dürfen. Das entsprechende Gesetzesänderungsvorhaben wurde aber im Rahmen der Verhandlungen fallengelassen, weil man darin einen unzulässigen Eingriff in das individuelle Selbstbestimmungsrecht sah.

Zudem hatte der Bundestag aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken bereits im Mai 2017 eine Änderung des Betreuungsrechts verabschiedet. Darin wurde für volljährige und nicht getrennt lebende Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner unter bestimmten Voraussetzungen eine "stillschweigende Bevollmächtigung" angenommen. Zu diesen Voraussetzungen sollte zählen, dass sich der Partner aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Erkrankung nicht mehr selbst um medizinische Angelegenheiten kümmern kann. Dies hätte durch ein ärztliches Attest bescheinigt werden müssen. Außerdem sollte sich der Partner zuvor weder entgegenstehend geäußert noch eine andere Person bevollmächtigt haben, diese Angelegenheiten zu erledigen. Überdies hätte kein Betreuer bestellt worden sein dürfen. Weil der Bundesrat dieser Gesetzesänderung allerdings noch nicht zugestimmt hatte, ist sie mit der Neuwahl des Bundestags im September 2017 dem sogenannten "Diskontinuitätsprinzip" zum Opfer gefallen und müsste vollständig neu in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden.

Übrigens: Aktuell besteht innerhalb einer Ehe ein Vertretungsrecht für den anderen nur im Rahmen der sogenannten "Schlüsselgewalt" nach §1357 BGB. Dieser Begriff bezieht sich auf Alltagsgeschäfte, die notwendig sind, um den Lebensbedarf der Familie zu decken.

Fazit

So wie Sie durch ein Testament die Fortführung der Apotheke nach Ihrem Tod regeln sollten, können Sie mit einer Vorsorgevollmacht den Betrieb der Apotheke zu Ihren Lebzeiten, z.B. nach einem Unfall oder bei schwerer Krankheit, sicherstellen. Haben Sie für den Notfall keiner Person Ihres Vertrauens eine Vorsorgevollmacht erteilt, muss das zuständige Betreuungsgericht einen Betreuer für Sie bestellen, ohne dass Sie auf dessen Auswahl und seine Qualifikation – insbesondere seine Kenntnisse und Fähigkeiten in Sachen Apothekenführung – nachhaltig Einfluss nehmen können. Im Falle eines Falles vertrauen Sie Ihr Schicksal mit einer Vollmacht zwar einer anderen Person an. Eine bewusste Entscheidung dürfte aber stets einer Fremdbestimmung durch das Betreuungsgericht vorzuziehen sein.

Ob Sie darüber hinaus eine Patientenverfügung treffen, ist eine höchstpersönliche Entscheidung, die sich nach Ihrer Lebenseinstellung und Ihren Wertevorstellungen richtet.

Service

Wo Sie Hilfe für Ihre individuellen Vorsorgeentscheidungen finden:

  • Auf den Internetseiten Ihrer örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) können Sie das individuell beschreibbare IHK-Notfall-Handbuch herunterladen. Hier wird auf 72 Seiten umfassend anhand von Checklisten und Formularen aufgeführt, für welche Notlagen Unternehmer Vorsorge treffen sollten.
  • Weitere interessante Informationen halten die Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz sowie der Landesjustizministerien bereit. Für die praktische Umsetzung finden Sie dort nützliche Musterformulare zu den drei Vorsorgemodellen.
  • Besonders hilfreich ist selbstverständlich eine individuelle Beratung durch spezialisierte Juristen.

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Fachanwältin für Medizinrecht, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(02):12-12