Ein schwieriger Spagat

Wie Selbstständigkeit als Apothekerin und Muttersein parallel gelingen können


Karin Wahl

Was Sie tun können, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Ihren Mitarbeitern zu gewährleisten, haben wir Ihnen bereits im April 2018 gezeigt. Nun aber soll es um Sie selbst gehen: Wie schaffen Sie es, gleichzeitig Chefin und gute Mutter zu sein?

Wenn Sie selbstständig sind, bedeutet das hin und wieder auch, dass Sie wöchentlich 60 Stunden oder mehr arbeiten und "nebenbei" noch einen Notdienst übernehmen. Aufgewogen werden solche und ähnliche Nachteile allerdings dadurch, dass Sie Ihre eigenen Ideen zur Führung und Organisation einer Apotheke umsetzen können: Sie entscheiden selbst, ob, wie und wann etwas gemacht wird, Sie suchen sich geeignete Mitarbeiter, können sich eigene Freiheiten herausnehmen und dürfen experimentieren. Denn schließlich stehen Sie auch für das Ergebnis gerade.

Steht allerdings die Familienplanung an, sehen Sie sich vor andere, schwerwiegendere Herausforderungen gestellt als angestellte Apotheker. Denn für Selbstständige gibt es weder einen Mutterschutz noch eine gesetzliche Elternzeit, und auch die Einschränkungen für die Tätigkeiten in Labor oder Rezeptur gelten – zumindest gesetzlich – nicht für Sie.

Besonders kleine und mittlere Apotheken kommen dann womöglich in eine unerwartete Schieflage. Denn wie eine Schwangerschaft verläuft, lässt sich weder planen noch vorhersagen. Um die Existenz der Apotheke nicht zu gefährden, gilt es deshalb, Vorbereitungen für diverse Unwägbarkeiten zu treffen – in der Hoffnung, dass diese nicht eintreten.

Dabei müssen Sie natürlich Ihre persönliche Situation als Chefin beachten:

  • Leiten Sie die Apotheke gemeinsam mit Ihrem Ehepartner?
  • Leiten Sie die Apotheke als offene Handelsgesellschaft (OHG) gemeinsam mit einem Kollegen?
  • Arbeitet Ihr Partner in einem anderen Beruf und sichert somit einen gewissen Teil des Familieneinkommens?
  • Sind Sie bereits alleinerziehend?
  • Sind Sie schwanger aus einer gescheiterten Beziehung?

Je nach Situation können die 40 Wochen der Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt parallel zum Apothekenbetrieb dann sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht sehr unterschiedlich verlaufen.

Woran Sie bereits vor der Geburt denken sollten

Bewährt hat es sich deswegen, die folgenden Vorkehrungen zu treffen:

  • Bauen Sie Personalreserven aus Teilzeitkräften oder ehemaligen Mitarbeitern auf – unabhängig davon, ob Sie sie später tatsächlich in vollem Umfang einsetzen müssen. Dabei ist natürlich auch das "Timing" der Schwangerschaft entscheidend: Erwarten Sie Ihren Nachwuchs in Zeiten mit durchschnittlichem oder aber mit hohem Arbeitsaufwand (wie z.B. in der Vorweihnachtszeit oder vor den Sommerferien)?
  • Sind Sie die einzige Approbierte in der Apotheke, müssen Sie auf alle Fälle eine Vertretung finden und sie am besten für ein Jahr fest verpflichten. Denn Schwangerschaft und Stress in der Apotheke sind weder für die werdende Mutter noch für das Kind gut.
  • Sparen Sie im Vorfeld auf einem separaten Konto "eiserne" finanzielle Apotheken-Reserven an, auf die Sie nur im Notfall – also bei unvorhergesehenen Ausgaben – zurückgreifen.
  • Machen Sie Ihre Einkäufe für das Baby nicht "last minute" – gerade auch, weil sich der Nachwuchs nicht immer nach dem errechneten Geburtstermin richtet.

Außerdem sollten Sie sich bereits vor der Schwangerschaft überlegen, wie Ihr Sprößling nach der Geburt versorgt werden soll:

  • Bleiben Sie selbst erst einmal für einige Zeit mit dem Kind zu Hause und springen nur in absoluten Notfällen in der Apotheke ein?
  • Haben Sie einen Ehepartner, der Elternzeit nehmen und/oder zu Hause arbeiten kann?
  • Soll das Kind in eine Kindertagesstätte (Kita)? Dann dürfen Sie nicht vergessen, Ihren Nachwuchs rechtzeitig für einen Platz in der Kita Ihrer ersten Wahl anzumelden – und am besten reservieren Sie gleichzeitig auch schon einen Platz im Kindergarten.
  • Denken Sie alternativ vielleicht an eine Tagesmutter, die Ihnen flexible Zeiten für die Kindesbetreuung anbieten kann?
  • Oder haben Sie Familienangehörige, die sich gerne als Babysitter anbieten?

Unabhängig von der Lösung sollten Sie alles Notwendige rechtzeitig im Vorfeld organisieren. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, ist ein Plan B in der Hinterhand durchaus sinnvoll.

Falls das Kind gesund ist und sich normal entwickelt, lässt sich das Muttersein in der Regel gut mit der Selbstständigkeit vereinbaren – sofern Sie eben richtig geplant haben. Die Möglichkeit allerdings, dass das Kind nicht gesund auf die Welt kommen könnte, verdrängen Eltern gerne. Doch sollten Sie sie ebenfalls unter Berücksichtigung aller Konsequenzen – auch für Ihre Selbstständigkeit – nicht nur mit Ihrem Gynäkologen abklären: Sie können eben nicht mit dem gleichen gesetzlichen Schutz wie angestellte Schwangere und Mütter rechnen, sondern müssen alles aus eigener Kraft stemmen.

Und wenn der Nachwuchs älter wird?

Wenn das Kind älter wird, stehen neue Herausforderungen an. Dazu nur zwei von vielen Beispielen: Zum Ersten müssen Sie dafür gewappnet sein, dass Ihr Nachwuchs Kinderkrankheiten aus der Kita, dem Kindergarten oder der Schule mit nach Hause bringt oder dass über Nacht ein grippaler Infekt auftritt. Gerade an Tagen, an denen Sie als einzige Approbierte in der Apotheke arbeiten, sollten Sie daher immer eine Person als "Trouble Shooter" an der Hinterhand haben, die Sie selbst morgens um 6:00 Uhr aus dem Bett klingeln dürfen. Andernfalls müsste die Apotheke geschlossen bleiben – und das wäre mit einem großen finanziellen Schaden verbunden.

Zum Zweiten muss das Kind für die Schule Hausaufgaben machen. Und dabei sollten die Eltern helfen – denn sie können niemals durch Lehrkräfte und Betreuer ersetzt werden. Sind Sie alleinerziehend, ist es deswegen sinnvoll, dass Sie während der entsprechenden Zeiten auf eine zuverlässige approbierte Vertretung zurückgreifen können. Und wenn Sie einen Partner haben, gilt es, sich abzusprechen, wer das Kind wann unterstützt.

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie sich für die Gründung einer Familie entscheiden, müssen Sie Ihren eigenen Arbeitseinsatz häufig für einige Jahre reduzieren. Sie können dann nicht immer in der Apotheke präsent sein. Das hat zur Folge, dass eventuell nicht immer alles so verläuft, wie Sie es sich wünschen. Damit sollten Sie allerdings umzugehen lernen. Die Basis ist, dass Sie vorausschauend planen, Ihr Personal gut führen und offen mit jedem im Team kommunizieren. Denn dann vertrauen Ihnen Ihre Mitarbeiter und sind notfalls auch einmal spontan bereit, für Sie einzuspringen.

Ein kleiner Denkanstoß

Wenn Ihre Kinder aus dem Gröbsten heraus sind, können Sie wieder durchstarten und haben noch viele Möglichkeiten, beruflich Versäumtes nachzuholen. Läuft hingegen die Kindeserziehung schief, bekommen Sie selten eine zweite Chance. So hört man in Gesprächen immer wieder, dass sich Kollegen mehr Zeit für ihre Kinder nehmen und die Apotheke nicht immer an die erste Stelle setzen würden, wenn sie die Zeit zurückdrehen könnten. Deshalb sollten Sie Ihre Familienplanung mindestens ebenso sorgfältig ausloten, wie Sie es mit Ihrer Planung in die Selbstständigkeit getan haben – zumal sich eine "finanzielle Delle" in der Regel durchaus verschmerzen lässt, wenn dafür mit dem Nachwuchs alles gut gelaufen ist.

Zu guter Letzt: Kinder sind ein Glück, und oft führen sie eine Familientradition erfolgreich fort. Allerdings muss man ihnen vorleben, wie gut sich Beruf und Familie auch bei Selbstständigen vereinbaren lassen.

Den im Vorspann angesprochenen Artikel "Was Sie tun können, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten" finden Sie übrigens im AWA 8/2018.

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Unternehmensberatung e.K., 70195 Stuttgart, E-Mail: karin.wahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(02):6-6