"Eigentlich beraten wir ganz gut, aber ..."

Wie Sie im Kundengespräch die richtigen Worte wählen


Andreas Kinzel

Kleine ergänzende Worte können einerseits dabei helfen, etwas genau zu beschreiben und den Redefluss zu verbessern. Andererseits sind sie eventuell überflüssig oder führen gar zu Missverständnissen. Wie können Sie diese Worte gezielt einsetzen – und wann sollten Sie sie vermeiden?

Kommt Ihnen auch gelegentlich ein "ähm" oder ein unbedachtes "eigentlich" über die Lippen?

Die Sprache ist wie ein Medikament, sie hat Wirkungen und Nebenwirkungen. Das gilt insbesondere für die kleinen Worte, auch die scheinbar unbedachten und beiläufigen – die übrigens grammatikalisch ganz unterschiedlichen Wortarten angehören können. Im Folgenden stellen wir Ihnen exemplarisch ein paar wenige dieser kleinen Worte vor.

Ergänzende Worte als Störfaktor

Worte wie "äh", "ähm" und "tja" haben keine Bedeutung, sie sind lediglich Füllworte. Doch wohl fast jeder von uns verwendet sie hin und wieder. So sie zu häufig gebraucht werden, können Kunden diese Worte allerdings als störend empfinden oder sogar denjenigen, der sie verwendet, als wenig souverän wahrnehmen. Deshalb gilt es, diese Worte so weit wie möglich zu vermeiden.

Beobachten Sie darum sich selbst und auch Ihre Mitarbeiter hin und wieder einmal: Wenn Sie selbst dazu neigen, "äh" und Co. zu oft zu gebrauchen, sollten Sie ganz bewusst an Ihren Formulierungen feilen. Hilfreich kann es sein, sich selbst eine Belohnung zu versprechen, wenn Sie es schaffen, den Gebrauch dieser Worte innerhalb eines bestimmten Zeitraums x-mal bewusst zu vermeiden. Ihre Mitarbeiter sollten Sie gegebenenfalls vorsichtig auf eine entsprechende Ausdrucksweise aufmerksam machen – und konstruktiv mit ihnen besprechen, wie sie dem entgegenwirken können.

Ergänzende Worte als Weichspüler

Andere Worte haben, wenn Sie sie bewusst einsetzen, eine bestimmte, von Ihnen beabsichtigte Funktion. Manchmal verwenden Sie sie aber vielleicht auch nur, um einen Satz etwas geschmeidiger zu machen, oder weil Sie sich versprechen. Dann ergänzen Sie mit diesen Worten Ihre Aussagen unter Umständen unbewusst positiv oder negativ – und verändern sie dadurch eventuell sogar! So führen diese Worte manchmal nur dazu, dass Formulierungen unbeholfen klingen, manchmal allerdings auch dazu, dass Sie Aussagen treffen, die Sie so gar nicht treffen wollten. Das kann der Fall sein, wenn ein ergänzendes Wort relativiert und somit verwässert.

Ein typisches Beispiel ist das "eigentlich", insbesondere dann, wenn Sie es versehentlich mit dem Konjunktiv – statt mit dem Indikativ – verwenden. Vergleichen Sie doch einmal die beiden Aussagen "Das Medikament wirkt sehr gut!" und "Das Medikament müsste eigentlich sehr gut wirken!" Die erste Aussage ist eindeutig, hiermit geben Sie eine ganz klare Empfehlung ab. Die zweite Aussage hingegen ist relativierend und wirft Fragen auf. Wahrscheinlich verunsichern Sie den Kunden sogar damit. Denn er wird sich fragen: "Was bedeuten 'müsste'und 'eigentlich', wo liegen 'Wenn und Aber'?“ Dann sitzen Sie in der Rechtfertigungsfalle und sind in Erklärungsnot. Zudem kann sich das Beratungsgespräch schnell unnötig in die Länge ziehen.

Rutscht Ihnen oder einem Mitarbeiter trotzdem einmal – statt des trefflicheren Verkaufsarguments "Das ist bei unseren Kunden sehr beliebt" – ein "Eigentlich ist es meistens bei unseren Kunden ganz beliebt!" heraus? Dann können Sie es mit einem "Zwar mag es vielleicht nicht jeder, für Sie ist es sehr geeignet!" richtig rücken.

Tipp: Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Team, mit welchen Formulierungen Sie die häufigsten Versprecher in Ihrer Apotheke wieder "geradebiegen" können.

Die Krux mit dem "aber"

Ein "aber" dient zwar in der Regel dazu, einen Gegensatz auszudrücken. Manch einer verwendet es jedoch auch unbewusst als Füllwort. Achten Sie einmal darauf, wie oft Ihnen selbst ein "aber" über die Lippen kommt, obwohl Sie gar keinen Gegensatz ausdrücken wollten. Damit entwerten Sie das zuvor Gesagte.

Nehmen wir die Aussage: "Ich empfehle Ihnen das Medikament, aber …" Hier hat sich unbeabsichtigt ein "aber" eingeschlichen, obwohl der Satz schon beendet sein sollte. Das führt dazu, dass sich der Kunde überlegt, wie der Satz weitergehen könnte. Vielleicht mit "… es ist teuer", "… es hat schwere Nebenwirkungen" oder "… wir haben es nicht auf Lager"? Auch hier geraten Sie in Erklärungsnot und machen damit schnell einen möglichen Verkaufserfolg zunichte – umso mehr noch, als das "aber" sowieso schon negativ besetzt ist. Denn häufig schwingt Kritik darin mit. Denken Sie beispielsweise an die Kindeserziehung, aus der wir das "gut gemacht, aber…" nur allzu gut kennen.

Kleine Worte, große positive Wirkung

Während Sie also die unbewusste Verwendung von "eigentlich", "aber" und Co. möglichst vermeiden sollten, können Sie mit anderen kleinen Worten Ihre Aussagen ganz gezielt ergänzen, um damit den Kunden für sich zu gewinnen bzw. von einem Präparat zu überzeugen.

Stellen Sie sich vor, Ihre Apotheke ist überfüllt und Sie möchten den Kunden um Geduld bitten. Der Standard ist hier ein höfliches "Einen Moment bitte!" Als viel zielführender erweist sich allerdings die Aussage "Ich bin sofort ganz für Sie da!" Durch das "ganz" signalisieren Sie, dass Sie sich vollkommen auf den Kunden konzentrieren wollen – und das kommt bei ihm natürlich gut an. Sie sind ihm gleich viel sympathischer, was ihn häufig auch für Zusatzverkäufe aufgeschlossener macht.

Sinnvoll ist es überdies, Adjektive im Konjunktiv zu ergänzen. "Das hilft Ihnen, schneller gesund zu werden!" ist ein besseres Nutzen-Argument als "Das hilft Ihnen, gesund zu werden!" (vgl. dazu auch AWA 21/2018).

Dem Unmut eines Kunden über ein nicht vorrätiges Medikament können Sie beispielsweise besser vorbeugen durch ein "Das habe ich leider nicht auf Lager!" als durch ein "Das habe ich nicht auf Lager!" Wenn Sie noch anfügen "Aber ich hätte etwas Besseres für Sie!", dann wird der Kunde Ihrer Empfehlung eher folgen, als wenn Sie ganz neutral geblieben wären und nicht durch das "leider" Ihr Bedauern ausgedrückt hätten.

Und die Worte des Kunden?

Nicht nur das Apothekenpersonal, sondern auch die Kunden verwenden gerne solche kleinen ergänzenden Worte. Wie wir gesehen haben, führt das oft zu Missverständnissen. Deswegen sollten Sie sich vergewissern, dass der Kunde das Gesagte auch tatsächlich so meint, wie Sie es verstehen. Hören Sie also genau zu, welche Worte er benutzt. Haken Sie bei einem "eigentlich" lieber noch einmal nach. Ist es tatsächlich relativierend gemeint? Oder hat der Kunde es versehentlich geäußert?

Dazu können Sie das sogenannte "Spiegeln" verwenden, also die Aussage des Kunden noch einmal – inklusive der ergänzenden Worte – wiederholen, ohne ihn nachzuäffen (vgl. AWA 12/2018). Sagt er beispielsweise im Beratungsgespräch "Ich habe eigentlich immer Kopfschmerzen!", können Sie fragen: "Sie haben eigentlich immer Kopfschmerzen? Heißt das, dass Ihre Beschwerden nicht akut sind?" Sie verkaufen dann in Abhängigkeit von der Antwort vielleicht kein Präparat für akute Schmerzen, sondern verweisen den Kunden stattdessen an den Arzt. Damit kommen Sie aber Ihrer Berufung nach – und steigern überdies noch die Kundenbindung. Denn der Kunde fühlt sich von Ihnen ernst genommen und wertgeschätzt.

Literatur

  • Eichler, H.: Die verblüffende Macht der Sprache – Was Sie mit Worten auslösen oder verhindern und was Ihr Sprachverhalten verrät, Springer Fachmedien: Wiesbaden 2018
  • Stöwing, O.: Sag es einfach – 66 Sprachtricks, die Ihr Leben verändern, Knaur: München 2016
  • Kühne de Haan, L.: Ja, aber … – Die heimliche Kraft alltäglicher Worte und wie man durch bewusstes Sprechen selbstbewusster wird, Nymphenburger: München 2001

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(02):10-10