Möglicherweise existenzgefährdend

Was passiert mit der Apotheke im Scheidungsfall?


Dr. Britta Bradshaw

Eine Scheidung ist meist für beide Seiten schwer und belastend, besonders wenn der Streit vor Gericht endet und es um das "Lebenswerk Apotheke" geht. Was droht Ihnen durch eine Scheidung? Und wie können Sie dem vorbeugen?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält im "Familienrecht" eine Vielzahl von Regelungen, die sich damit beschäftigen, wie eine Ehe zustande kommt, wie die Vermögensverhältnisse (sogenannte "Güterstände") während der Ehe geregelt sind und welche Rechtsfolgen eine Scheidung hat. Gleichzeitig bietet das Gesetz an vielen Stellen Gestaltungsspielräume, durch die unerwünschten Folgen entgegengewirkt werden kann.

Was bei einer Scheidung mit dem Vermögen passiert

Geschieden wird eine Ehe durch einen Richter. Dieser entscheidet häufig nicht nur über die Scheidung an sich, sondern auch über bestimmte Folgen (sogenannte "Folgesachen"). Ohne Antrag der Ehepartner wird grundsätzlich über den Versorgungsausgleich entschieden – also darüber, wie die Versorgungsansprüche aufgeteilt werden, die beide Ehepartner während der Ehe in Sachen Alter, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit bis zu dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zugestellt wird.

Auf Antrag entscheidet der Richter auch, welcher Unterhalt dem Ehepartner (§§1570ff. BGB) und den Kindern zusteht (§§1601ff. BGB), wer das Sorgerecht erhält bzw. wer in welchem Umfang Umgang mit den Kindern pflegen darf (§§1671 und 1684 BGB), wie der Hausrat aufgeteilt wird und was mit der gemeinsamen Wohnung geschieht (§1568 a, b BGB).

Häufig kommt es zum Streit über den sogenannten "Zugewinnausgleich". Der Zugewinn eines Ehegatten ist gemäß §1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Dabei stellt das Anfangsvermögen das Vermögen dar, das einem Ehepartner nach Abzug aller Verbindlichkeiten gehörte, als die Ehe geschlossen wurde – bewertet zu diesem Zeitpunkt. Gegebenenfalls zählen auch nachträglich geerbte Güter zum Anfangsvermögen. Beim Endvermögen handelt es sich um das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug aller Verbindlichkeiten gehört, wenn die Scheidung rechtskräftig wird – bewertet wiederum zu diesem Zeitpunkt (§1384 BGB). Hat nun ein Ehepartner während der Ehe einen höheren Zugewinn (Überschuss) erzielt als der andere, so steht dem anderen gemäß §1378 BGB die Hälfte dieses Überschusses zu – nichts anderes bedeutet "Zugewinnausgleich".

Sofern Sie keine anderen Regelungen getroffen haben, liegt automatisch ein "Güterstand der Zugewinngemeinschaft" vor, denn er ist gesetzlich vorgesehen. Der Zugewinnausgleich erfolgt aber nur, wenn ihn eine Partei verlangt. Haben Sie hingegen z.B. in einem Ehevertrag vor dem Notar einen "Güterstand der Gütertrennung" vereinbart, bleiben die einzelnen Vermögen während der Ehe bei den jeweiligen Ehepartnern.

Übrigens: Ein Ehevertrag kann auch während der Ehe noch geschlossen werden.

Was der Zugewinnausgleich für die Apotheke bedeutet

Auch Ihre Apotheke muss als Vermögenswert beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Das hat für Sie eine erhebliche Relevanz, wenn Sie sich erst während der Ehe selbstständig gemacht haben oder die Apotheke während der Ehe erheblich an Wert gewonnen hat. Denn dann kann Ihr Ehepartner im Rahmen des Zugewinnausgleichs unter Umständen – nach einem langen Gerichtsverfahren mit einem teuren Sachverständigengutachten – einen erheblichen Zahlungsanspruch gegen Sie geltend machen. Soweit die Apotheke Ihr einziger Vermögenswert ist, wirkt sich das möglicherweise existenzgefährdend für Sie aus.

Entscheidend ist der Wert der Apotheke zu dem Zeitpunkt, zu dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zugestellt wird. Zur Art und Weise, auf die der Wert ermittelt werden muss, gibt es keine gesetzliche Regelung. Vielmehr entscheidet der jeweilige Tatrichter darüber. Er bedient sich dabei meist relativ teurer Sachverständigengutachten.

Als Untergrenze der Wertermittlung fungiert in der Regel der Liquidationswert, d.h. der Wert, der sich ergibt, wenn man die Apotheke auflösen und die einzelnen Güter veräußern würde. Zugrunde gelegt wird dieser Wert jedoch nur, soweit eine Liquidation auch tatsächlich geplant ist. Andernfalls setzt man den Verkehrswert der Apotheke an. Darunter wird der am Markt erzielbare (Normal-)Verkaufswert des Unternehmens als Ganzes verstanden (und nicht etwa der Buchwert oder Ähnliches).

Obwohl die Wahl der Bewertungsmethode letztlich dem Tatrichter überlassen bleibt, ist es inzwischen allgemein üblich, bei größeren Unternehmen das Ertragswertverfahren zu verwenden [1]. Bei kleineren Unternehmen, die – wie eben Apotheken – maßgeblich vom Inhaber geprägt und von seiner Führung abhängig sind, hat sich das modifizierte Ertragswertverfahren zum Standard entwickelt. Dabei werden zukünftige Erträge nur für einen begrenzten Zeitraum berücksichtigt, und der immaterielle Firmenwert (Goodwill) spielt eine erheblich größere Rolle als beim (normalen) Ertragswertverfahren (vgl. dazu ausführlich AWA 3/2019 sowie den Beitrag "Wie Sie den Planungszeitraum bestimmen" in dieser Ausgabe) [2].

Welche Besonderheiten es gibt

Wurde derart ein Unternehmenswert ermittelt, ist jedoch insbesondere noch zu beachten, dass es zu keiner Doppelbewertung von Vermögensgegenständen kommen darf. Was das heißt, sei an einem Beispiel verdeutlicht: Nehmen wir an, Sie seien unterhaltspflichtig und Ihr Unternehmerlohn werde verwendet, wenn man die Höhe Ihrer Unterhaltspflicht ermittelt. Dann muss gewährleistet sein, dass dieser Unternehmerlohn nicht zusätzlich bei der Bestimmung des Unternehmenswertes (und somit doppelt zu Ihren Ungunsten) angesetzt wird. Deswegen zieht man den nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigten (und keinen pauschalen) Unternehmerlohn ab, um denjenigen Unternehmenswert zu bestimmen, der für die Ermittlung des Zugewinnausgleichs verwendet wird (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 06.02.2008, Aktenzeichen: VII ZR 45/06). Resultat ist dann natürlich ein geringerer Zugewinn.

Besonderheiten ergeben sich zudem auch bei einer gepachteten Apotheke, bei der der während des Pachtverhältnisses geschaffene Goodwill nach Pachtende nicht dem Pächter, sondern dem Verpächter zusteht. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat dementsprechend entschieden, dass eine derart gepachtete Apotheke abgesehen von dem, was dem Pächter gehört (wie z.B. ein Warenlager), keinen Marktwert besitzt. Sie kann demnach nicht als Bestandteil des Endvermögens beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden (Urteil vom 08.12.2004, Aktenzeichen: 12 UF 39/04).

Wie Sie vorsorgen können

Damit die Scheidung nicht existenzgefährdend wird, sollten Sie weitsichtig vorsorgen. So können Sie – wie anfänglich angesprochen – in einem Ehevertrag eine Gütertrennung vereinbaren. Das kann allerdings auch Nachteile haben, weil dann auch im Todesfall kein Zugewinnausgleich gemäß §1371 BGB erfolgt: Der gesetzliche Erbteil des Ehepartners wird also gegebenenfalls kleiner.

In einem Ehevertrag lässt sich zudem eine sogenannte "modifizierte Zugewinngemeinschaft" vereinbaren. Darin können Sie z.B. die Apotheke aus dem Zugewinn herausnehmen. Der Ehevertrag darf jedoch keine Seite unverhältnismäßig belasten. Deswegen sollten Sie Ihrem Ehepartner an anderer Stelle entgegenkommen.

Und wenn Sie keinen Ehevertrag geschlossen haben, können Sie zumindest ein Gerichtsverfahren auch nach der Trennung noch durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung verhindern. Diese sollten Sie mit anwaltlichem Beistand aufsetzen.

Literatur

[1] Münch, C.: Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich, in: Deutsches Steuerrecht (DStR), 16/2014, S. 806–812

[2] Cziupka, J.: § 1376 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Randnummer (Rn.) 23, in: Beck‘scher OnlineKommentar (BeckOK) BGB, Stand: 01.11.2018

Dr. Britta Bradshaw, Rechtsanwältin, Kanzlei Winterstein, 22926 Ahrensburg, E-Mail: bradshaw@kanzlei-winterstein.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(05):12-12