Wenn Mitarbeiter fehlen

Wie Sie mit Krankmeldungen umgehen können


Ute Jürgens

Haben Sie das bei Ihren Mitarbeitern auch schon beobachtet: Während sich die einen noch mit der schlimmsten Erkältung in die Apotheke schleppen, melden sich die anderen, obwohl heute noch kerngesund, morgen auffällig häufig krank? Was sind die Ursachen? Und was können Sie tun?

Die Angestellten in der Apotheke von Chefin Niekrank haben höchst unterschiedliche Einstellungen zum Thema Krankheit. Es ist alles dabei, vom "Ich komme auch mit dem Kopf unterm Arm!" bis hin zum "Ich komme nicht, wenn ich mich nicht so gut fühle!"

Warum manche Mitarbeiter häufiger krank sind als andere

Da gibt es beispielsweise PTA Blass: Obwohl sie oft Kreislauf- und Magenbeschwerden hat, geht sie nicht zum Arzt. Stattdessen übernimmt sie häufig über ihre normale Arbeitszeit hinaus die Vertretung, wenn Kollegen krankheitsbedingt ausfallen. Schließlich möchte sie das Team nicht hängenlassen.

Dann ist da PKA Belei: Ihre Widerstandskräfte sind gering. So ist sie nicht nur bei bissigen Bemerkungen von Kunden oder Kollegen sehr schnell extrem verunsichert, verängstigt und manchmal auch beleidigt. Vielmehr scheint sie auch sehr anfällig für Krankheiten zu sein.

Und außerdem wäre da noch die Approbierte Kopfsand. Ihr Mann ist an Alkoholsucht erkrankt – das instabile häusliche Umfeld trägt also nicht gerade zur Erholung von der Arbeit in der Apotheke bei. Auch Kopfsand meldet sich häufig krank.

Als Niekrank darüber nachdenkt, warum sich bestimmte Mitarbeiter häufiger krankmelden als andere, wird ihr bewusst, dass die Persönlichkeitsmerkmale und individuellen Einstellungen sowie auch das private Umfeld einen starken Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit besitzen. Sie bemerkt auch, dass bestimmte Faktoren am Arbeitsplatz zu hohen Krankenständen beitragen können, insbesondere dann, wenn sie die Motivation verringern. Dazu gehören beispielsweise

  • ein zu hoher Stresspegel (nicht nur) in Spitzenzeiten,
  • eine mittlerweile doch häufige Unterbesetzung,
  • eine suboptimale, unkollegiale Zusammenarbeit bzw. Konflikte im Team sowie
  • Probleme mit dem Chef [1].

Welche Maßnahmen sinnvoll sind

Zunächst sollten Sie sich fragen, wie Sie selbst eigentlich zu Krankmeldungen stehen: Haben Sie sich jemals verächtlich oder ablehnend geäußert, wenn sich jemand krankgemeldet hat? Haben Sie dabei berücksichtigt, dass es manchmal für alle Beteiligten tatsächlich "gesünder" sein kann, dass das Teammitglied zu Hause bleibt? Und inwieweit haben Sie dem Team gegenüber überhaupt schon einmal Ihre Meinung zu Krankmeldungen allgemein und in speziellen Fällen geäußert? Wenn Sie das bisher unterlassen haben, können Sie das um der offenen Kommunikation willen nachholen – Ihre Argumente sollten allerdings gut durchdacht und ohne "Vorurteile" sein.

Dazu ist eine Teambesprechung zum Thema "Krankheit" sinnvoll. Hier lässt sich dann auch Grundsätzliches erörtern. So etwa können Sie den Mitarbeitern noch einmal verdeutlichen, dass sie sich nicht bei ihren Lieblingskollegen, sondern bei der dafür zuständigen Person direkt krankmelden müssen, dass sie aber natürlich das Team z.B. per App schon einmal informieren können, damit es sich über die Vertretung Gedanken macht. Grundlage für die Besprechung ist, dass Sie mit den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen vertraut sind.

In der Besprechung lässt sich auch klären, welche Wünsche die einzelnen Angestellten haben, wenn sie krankheitsbedingt einmal länger ausfallen: Möchten sie Besuch, Blumen, Genesungskarten, Telefonate etc.? Oder sollte die Apotheke von sich aus überhaupt keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen?

Weiterhin bietet es sich an, eine anonyme Umfrage durchzuführen, um Ansätze zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen am Arbeitsplatz und zur Erhöhung der Motivation zu gewinnen. Welche Fragen Sie stellen können, erfahren Sie im Kasten.

Im Anschluss diskutiert das gesamte Team die Ergebnisse und erstellt einen Plan mit Punkten, die in Zukunft anders gehandhabt werden sollen. Überdies gilt es festzulegen, wer sich um was kümmert. Nach drei Monaten und abermals nach einem Jahr überprüft das Team dann, welche Punkte bereits umgesetzt worden sind und bei welchen noch Verbesserungspotenzial besteht. Letztere Punkte werden dann erneut besprochen: Was genau hindert die Zuständigen an der Umsetzung? Und was benötigen sie eventuell noch?

Außerdem sollten Sie sich zusätzlich persönlich bei den Mitarbeitern mit den häufigsten Fehlzeiten vergewissern, ob es noch etwas gibt, was Sie und das Team für eine stabilere Gesundheit tun können.

Auch in den oftmals ungeliebten Jahresgesprächen lässt sich häufig noch Verbesserungspotenzial aufdecken – es ist nur eine Frage, wie Sie diese Gespräche gestalten: Gehen Sie hier empathisch auf Ihre Mitarbeiter ein, sind diese häufig auch bereit, Missstände aufzuzeigen – und daraus entsteht manch gute Idee.

Häufig entscheiden Ihre Mitarbeiter beim Aufwachen, ob sie zur Arbeit gehen oder sich auskurieren wollen ("Bettkantenentscheidung"). Dafür können Sie ihnen Fragen an die Hand geben, so z.B.

  • Wie geht es mir heute körperlich und psychisch?
  • Kann ich meine Arbeit so gewissenhaft und korrekt erledigen wie sonst? Oder würde ich viele Fehler machen, weil ich mich wegen Migräne, Fieber etc. nur schlecht konzentrieren kann?
  • Was wären die Konsequenzen, wenn ich zu Hause bliebe? Und für wen?
  • Wer übernimmt meine Arbeit?
  • Wie reagiert mein Chef? Hat er Verständnis dafür, dass ich heute nur "halbfit" bin?
  • Ergibt meine Arbeit Sinn für mich? Und wird sie auch von anderen geschätzt [2]?

Wenn sich die Mitarbeiter insbesondere die letzten Fragen stellen, können sie sich klar darüber werden, ob für sie grundsätzlich etwas schief läuft und sie deshalb oft fehlen. Machen Sie ihnen als Chef deutlich, dass Sie in solchen Fällen offen für ein Gespräch und eine konstruktive Lösung sind.

Entdecken Sie bei diesen Maßnahmen bislang ungeäußerte Konflikte im Team, kann es übrigens sinnvoll sein, einen externen Mediator hinzuzuziehen.

Was Sie bei Langzeiterkrankungen tun können

Meldet sich einer Ihrer Mitarbeiter tatsächlich einmal länger krank, haben Sie kein Anrecht darauf, die Diagnose zu erfahren. Wenn Ihnen der Mitarbeiter also nicht von sich aus mitteilt, warum er fehlt, können Sie sich nicht ausrechnen, wann er wieder vor Ort sein wird. In dieser ungewissen Situation sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Team besprechen, ob jemand vorübergehend seine Stundenzahl erhöhen möchte – und für wie lange das in Ordnung wäre. Wenn Sie niemanden im Team finden, der die Vertretung übernimmt, können Sie sich an eine professionelle Vermittlerfirma wenden, bei der sich z.B. eine PTA für jeweils zwei oder vier Wochen "buchen" lässt. Je nach Situation kann es natürlich auch eine Option sein, einen neuen Mitarbeiter einzustellen.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(05):10-10