Editorial

Gebremste Pferde


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Neue Dienstleistungen und "kognitive Pharmazie" sind ein seit Jahren gehegter Zukunftswunsch und die Hoffnung, dem "Logistiker- und Schubladenzieher"-Image zu entkommen. Heilberuf auf Augenhöhe – wer würde da widersprechen wollen, zumal Länder wie die Schweiz, USA oder England schon viel weiter sind.

Auf der Seite der Bremser stehen die Ärzte, und dies auf zweierlei Weise. So fürchten diese ganz direkt einen Angriff auf ihre Therapiehoheit, wie allein die Impfdebatte zeigt. Ein anderer, ebenso bedeutender indirekter Grund liegt in der Honorarsystematik der Ärzte. Gerade einmal um die 60 € beträgt ein typischer "Fallwert" (= Quartalshonorar je Patient) in der GKV. Impfen wird, sofern nicht bereits durch Versichertenpauschalen abgegolten, mit Beträgen um oder sogar unter 10 € abgegolten.

Das illustriert das limitierte Honorarpotenzial für die Apotheken. Niemand wird ernsthaft glauben, dass pharmazeutische Dienstleistungen höher vergütet werden als eine ärztliche Betreuung. Im Gegenteil – die Ärzte werden als Therapieverantwortliche ihren Teil einfordern. Am Ende macht es dann (ebenfalls wie bei den Ärzten) nur die Masse, und dafür darf man die Ansprüche und Messlatten nicht von vornherein zu hoch legen. Kaufmännische Umsicht ist gefragt, sonst kaufen wir uns einen zweifellos attraktiven Image- und Kompetenzgewinn teuer ein – für viele womöglich zu teuer und damit wirtschaftlich eher schädigend denn existenzsichernd!

Genießen Sie einstweilen den Frühling und seien Sie ganz herzlich gegrüßt,

Ihr

Dr. Reinhard Herzog

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(08):2-2