Erfolgreich verhandeln

So überzeugen Sie (fast) jeden


Dr. Andreas Nagel

Im Berufs- und Privatleben verhandeln Sie fast jeden Tag – mit Lieferanten über Konditionen, mit Mitarbeitern über Arbeitsabläufe und Gehälter sowie mit der Familie über die nächste Urlaubsreise. Auch Verkaufsgespräche mit Kunden können Verhandlungen sein. Doch wie überzeugen Sie?

Es gibt sicherlich kein Patentrezept für erfolgreiche Verhandlungen. Denn jede Verhandlung ist anders und erfordert ein individuelles Vorgehen. Manchmal möchten Sie alle Ihre Interessen durchsetzen, in anderen Fällen sind Sie vielleicht mit einem Kompromiss zufrieden. Auch eine "Win-Win-Situation" ist nicht immer die Lösung: Wenn Sie in einem Gespräch unbedingt ein bestimmtes Ergebnis erreichen müssen, können Sie vielleicht nur wenig Rücksicht auf die Interessen Ihres Gesprächspartners nehmen. Grundsätzlich jedoch hat sich in der Praxis die folgende Vorgehensweise bewährt, um in Verhandlungen zu punkten.

Was die Basis für den Verhandlungserfolg ist

Häufig bestimmt schon eine gute Vorbereitung, ob eine Verhandlung von Erfolg gekrönt ist: Legen Sie Ihre Verhandlungsziele daher bereits vor dem Gespräch möglichst genau fest. Definieren Sie bei Bedarf ein Maximal- und ein Minimalziel. Wenn Sie mehrere Verhandlungsziele haben, dann ordnen Sie sie nach ihrer Wichtigkeit. Sammeln Sie anschließend alle Argumente, die für Ihre Ziele sprechen, und halten Sie sie bei Bedarf schriftlich fest. Fragen Sie sich, bei welchen Themen Sie zu Kompromissen bereit sind: Vielleicht gibt es Punkte, die für Ihren Gesprächspartner deutlich wichtiger sind als für Sie und mit denen Sie leben könnten. Formulieren Sie einen "Plan B" für den Fall, dass Sie sich mit Ihrem Gesprächspartner nicht auf eine einvernehmliche Lösung einigen können. Bei Bedarf können Sie auch festlegen, unter welchen Voraussetzungen Sie die Verhandlungen von sich aus beenden würden.

Um sich auf Verhandlungen mit Lieferanten vorzubereiten, sollten Sie sich einen Überblick über die Konditionen bei Großhandels- und Direktbezug verschaffen. Beziehen Sie neben dem Preis aber auch Rabatte, Zahlungsziele, Skontogewährungen, Belieferungshäufigkeiten und Retourenregelungen mit ein (vgl. z.B. AWA 3/2018).

Bei Gehaltsverhandlungen mit Mitarbeitern müssen Sie neben den tarifvertraglichen Regelungen auch die regionalen, übertariflichen Gehaltsstrukturen kennen. Als Alternative zu einem höheren Bruttogehalt sind für Bewerber oft auch steuer- und sozialversicherungsfreie Gehaltsbestandteile interessant (vgl. AWA 20/2018). Sprechen Sie bei Bedarf mit Ihrem Steuerberater über solche Alternativen. Im Gehaltsgespräch sollten Sie natürlich auch das gute Betriebsklima, flexible Arbeitszeiten und die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben in Ihrer Apotheke hervorheben. Diese Themen sind für viele Mitarbeiter oft genauso wichtig wie die Höhe des Bruttogehalts.

Warum Sie Ihren Verhandlungspartner analysieren sollten

Sammeln Sie dann möglichst viele Informationen über Ihren Verhandlungspartner: Versetzen Sie sich in seine Situation. Fragen Sie sich, welche Ziele und Interessen er vermutlich hat, mit welchen Argumenten Sie voraussichtlich rechnen müssen und mit welchen Gegenargumenten Sie reagieren können. So vermeiden Sie, dass Ihnen gute Argumente erst einfallen, nachdem die Verhandlung bereits beendet ist.

Wenn Sie Ihren Gesprächspartner analysieren, erhalten Sie zudem Antworten auf Fragen wie:

  • Wer ist in der stärkeren Verhandlungsposition?
  • Wer hat mehr zu verlieren?
  • Wie abhängig sind wir voneinander?
  • Was passiert, wenn die Verhandlung scheitert?

Welche Überzeugungstechniken Sie nutzen können

In der Verhandlungspsychologie gibt es verschiedene Überzeugungstechniken, mit denen es häufig gelingt, den Gesprächspartner von den eigenen Zielen oder der eigenen Meinung zu überzeugen. Ein paar dieser Techniken stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Auch wenn Sie vermutlich nur in Ausnahmefällen alle Techniken einsetzen können, gilt: Je mehr Sie – natürlich immer zur Situation passendkombinieren, desto überzeugender werden Sie wirken.

Sympathie schaffen: Menschen, die sich sympathisch sind, verhalten sich tendenziell kompromissbereiter. Schaffen Sie daher zu Beginn des Gesprächs eine positive Atmosphäre. Ein einleitender Smalltalk über allgemeine oder persönliche Themen, ein freundlicher Blickkontakt und ein Lächeln wirken immer sympathisch.

Gründe nennen: Begründen Sie Ihre Meinungen und Wünsche mit nachvollziehbaren Argumenten. Nennen Sie in diesem Rahmen alle Vorteile, die das von Ihnen präferierte Verhandlungsergebnis mit sich brächte, und stellen Sie sie so ausführlich wie möglich dar. Führen Sie außerdem alle denkbaren Nachteile auf, die sich ergäben, falls Ihr Vorschlag abgelehnt würde. Wenn Sie dann diese Nachteile noch unmittelbar mit den zuvor geschilderten Vorteilen vergleichen, wird der Kontrast zwischen Ihrem Vorschlag und eventuellen Alternativen besonders deutlich. Dabei sollten Sie immer auch prüfen, ob Sie Ihre Auffassung durch schriftliche Informationen untermauern oder beweisen können. Denn gedruckte Informationen haben bei vielen Menschen eine höhere Beweiskraft als das gesprochene Wort.

Experten zitieren: Die Meinung von Experten und Fachleuten wirkt auf viele Menschen besonders überzeugend. Formulierungen wie "Experten haben bewiesen, dass ..." oder "Unter Fachleute ist unbestritten, dass ..." haben meist eine große Wirkung – auch hier insbesondere wieder dann, wenn sie sich schriftlich belegen lassen.

Freunde und Bekannte nennen: Verweisen Sie auf das Verhalten und die Aussagen von Freunden und Bekannten. Die Meinung von Freunden und Bekannten hat nämlich bei vielen Menschen einen großen Einfluss auf das eigene Verhalten. Schließlich handelt es sich hier (in der Regel) um geschätzte Vertrauenspersonen. Der Tenor Ihrer Aussage könnte daher lauten: "Einer meiner besten Freunde hat mir berichtet, dass ..."

Soziale Beweise: Viele Menschen orientieren sich bei ihren Entscheidungen an anderen Menschen und verhalten sich dann oft wie diese. Sie können daher argumentieren: "Die meisten Menschen wissen ja, dass ..." oder "Es ist ja allgemein bekannt, dass ..." oder "Die meisten unserer Kunden präferieren ..."

Knappheit: Die Angst, etwas zu verpassen oder etwas nicht zu bekommen ist bei vielen Menschen sehr stark ausgeprägt. Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner daher, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn er nicht sofort handelt, z.B. so: "Hiervon haben wir wegen der starken Nachfrage nur noch zwei Exemplare."

Testphase vorschlagen: Bieten Sie an, Ihren Vorschlag zunächst für eine begrenzte Zeit auszuprobieren und eventuell zum bisherigen Verhalten zurückzukehren, wenn sich die von Ihnen vorgeschlagene Vorgehensweise aus Sicht Ihres Gesprächspartners nicht bewähren sollte. Begründen können Sie das damit, dass man einen Vorschlag nicht ablehnen sollte, ohne ihn nicht zumindest einmal ausprobiert zu haben. Bei einer geplanten Veränderung von Arbeitsabläufen in der Apotheke könnten Sie zu skeptischen Mitarbeitern sagen: "Liebe Mitarbeiter, ich schlage vor, dass wir diese andere Arbeitsweise zunächst für zwei Wochen ausprobieren. Danach können wir entscheiden, ob wir sie beibehalten."

Bitten: In Einzelfällen können Sie Ihren Gesprächspartner vielleicht auch durch Bitten zu der von Ihnen gewünschten Verhaltensweise bewegen. Tenor: "Ich weiß, das ist nicht die optimale Lösung für Sie und nicht das Ergebnis, das Sie sich erhofft haben. Akzeptieren Sie es dieses eine Mal bitte für mich – beim nächsten Mal werde ich dafür ..."

Gegenseitigkeit: Viele Menschen neigen dazu, sich für einen erwiesenen Gefallen zu revanchieren. Ein typisches Beispiel sind Geburtstage. Wer von einem anderen Menschen ein Geburtstagsgeschenk erhalten hat oder zur Geburtstagsfeier eingeladen wurde, fühlt sich verpflichtet, diese Person ebenfalls zu beschenken oder einzuladen. Wenn Sie Ihrem Verhandlungspartner vor oder während der Verhandlung etwas Gutes tun, wird er sich oft verpflichtet fühlen, sich durch Zugeständnisse oder Kompromisse zu revanchieren.

Dr. Andreas Nagel, Diplom-Ökonom, Akademie für Apothekenmanagement, 31535 Neustadt am Rübenberge, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(08):10-10