Das Marketing-Konzept für Ihre Apotheke (Teil 3)

Am Anfang steht die Diagnose


Frank Weißenfeldt

Neben Innovationen wie Feuerwerk, Porzellan und Papier wird den Chinesen auch die Erfindung der SWOT (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats)-Analyse zugesprochen. Dieses Instrument der strategischen Planung ist eine wichtige Grundlage für unser Marketing-Konzept.

So wie in der Medizin die Therapie der Diagnose, folgt in der Wirtschaft die Strategieentwicklung der Ist-Analyse. Die wohl bekannteste Methode des strategischen Marketings, um den aktuellen Status zu definieren, ist die SWOT-Analyse. Ihren Ursprung hat sie im militärischen Bereich.

Von den Ursprüngen bis heute

So verkündete der chinesische General Sunzi bereits rund 500 Jahre vor Christus: "Wenn Du den Feind und Dich selbst kennst, brauchst Du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn Du Dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst Du für jeden Sieg, den Du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn Du weder den Feind noch Dich selbst kennst, wirst Du in jeder Schlacht unterliegen." Ähnliches formulierten auch der italienische Philosoph Niccolò Machiavelli (1469–1527) in seiner Abhandlung "Il Principe" und der preußische Heeresreformer Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz (1780–1831) in seinem Werk "Vom Kriege".

Solche Denkansätze dürften die Grundlage gewesen sein, als man in den 1960er Jahren an der Harvard Business School das Konzept der SWOT-Analyse für Unternehmen entwickelt hat. Mit der SWOT-Analyse sollen interne Faktoren (Stärken und Schwächen) sowie externe Faktoren (Chancen und Risiken) zeitnah erkannt werden, um strategisch planen zu können. Wie genau man dabei vorgeht, erfahren Sie im Kasten.

Tabelle 1 zeigt zudem, wie das Ergebnis einer solchen Analyse für eine Vor-Ort-Apotheke aussehen könnte.

Handlungsempfehlungen für die Vor-Ort-Apotheke

Wenn Sie die Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen erkannt haben, lassen sich folgende grundsätzliche Handlungsempfehlungen für die Führung einer Apotheke ableiten:

  • "Chance trifft auf Stärke": Apotheken sollten ihre Chancen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Stärken nutzen. In diesem Kontext gilt insbesondere der Grundsatz "Stärken zu stärken." Studien zeigen immer wieder, dass Freundlichkeit eine Stärke der Apotheken ist. Auch wenn es vielen Menschen materiell noch nie so gut gegangen ist wie heute, leben wir in unruhigen Zeiten, Globalisierung und Digitalisierung schreiten voran. Sicherheit und Vertrauen sind daher emotionale Schlüsselreize, die hoch im Kurs stehen. Und genau hierfür stehen insbesondere auch die Apotheken vor Ort. Diese Chance gilt es beim Schopf zu packen und Wettbewerbsvorteile wie Empathie und Beratungskompetenz weiterzuentwickeln.
  • "Chance trifft auf Schwäche": Apotheken sollte ihre Entwicklungspotenziale erkennen und ihre Schwächen überwinden, um sich bietende Chancen nutzen zu können. Apothekenteams neigen z.B. dazu, die Erwartung der Kunden falsch einzuschätzen. Eine Studie von Prof. Dr. Gerhard F. Riegl zum Thema "Apotheken-Kunden-Verständnis" zeigt dies. Ausgewertet wurden Antworten von 3.930 Apotheken und 64.200 Kunden. Laut Studie gehen 57% der Apothekenteams davon aus, dass die Kunden Geld sparen und nur das Nötigste kaufen möchten. Gerade einmal 13% der Kunden stimmen dem allerdings zu, und 87% sind bereit, für ein gutes Produkt mehr Geld zu bezahlen. Solch eine Chance lässt sich nur dann nutzen, wenn man sich nicht auf bloße Intuition verlässt (Schwäche!), sondern auf Daten und Fakten.
  • "Risiko trifft auf Stärke": Apotheken sollten ihre Stärken nutzen, um drohende Risiken abzuwenden. Ein wesentliches Risiko für die Vor-Ort-Apotheke ist sicherlich der Versandhandel. Nun halten nach einer von der ABDA beauftragten Forsa-Umfrage 53% der rund 1.000 telefonisch befragten deutschen Bundesbürger den Apotheken-Botendienst für wichtig. Unter jenen Kunden, die das Internet nicht nutzen, sind es sogar 80%. Den Vor-Ort-Apotheken bietet die Stärke "guter Lieferservice" daher die Möglichkeit, sich im Wettbewerb gegenüber Versandapotheken zu differenzieren.
  • "Risiko trifft auf Schwäche": Apotheken sollten Schwächen vermeiden, die zu existenziellen Risiken führen können. Um dem Risiko "Versandapotheke" zu begegnen, hat sich sicherlich der Preiswettbewerb in einigen Regionen Deutschlands verschärft. Analysen von IQVIA zeigen jedoch immer wieder, dass es für die führenden Over-the-Counter (OTC)-Arzneimittel grundsätzlich keine bundesweite Preisspirale nach unten gibt. Entsprechend warnen Marktexperten wie Jan Tittelbach von der Marketingagentur "permanent. Wirtschaftsförderung" vor einer "Billigmentalität" im Apothekenmarkt: "Man kann nicht auf der einen Seite eine medizinisch komplexe Dienstleistung anbieten und als qualitativer Teil der Versorgungslandschaft gesehen werden und gleichzeitig Discountniveau kommunizieren. Denn das Versprechen hinter dem Discount ist universell und erzeugt ja eine Erwartungshaltung. Kein Kunde erwartet z.B. bei Aldi eine Verkäuferin, die eine profunde Ernährungsberatung gibt, nur weil Aldi Bananen verkauft. Im Gegenteil." Vorauseilend die Preise der Wettbewerber zu unterbieten, ist demnach keine adäquate Strategie, sondern eine Schwäche. Vielmehr sollten Apotheken Mehrwertstrategien entwickeln und umsetzen.

Fazit

Die SWOT-Analyse ist ein beliebtes Instrument für die Situationsanalyse. Der hohe Abstraktionsgrad macht sie in sehr vielen Disziplinen anwendbar, nicht zuletzt im Apotheken-Marketing. Für den Erfolg sind die Definition von Zielen und ein Maßnahmenkatalog unverzichtbar.

Frank Weißenfeldt, Diplom-Betriebswirt und MBA, Associate Director, IQVIA Commercial, Frankfurt/Main, E-Mail: Frank.Weissenfeldt@iqvia.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(10):6-6