Wenn Mitarbeiter Chefs und Kollegen hinters Licht führen

Wie Sie kontraproduktives Verhalten verhindern


Tatiana Dikta

Mitarbeiter sind definitiv das größte Potenzial eines jeden Unternehmens. Doch leider gibt es bisweilen vereinzelt "schwarze Schafe" unter ihnen. Welches Verhalten ist kontraproduktiv, und welche Maßnahmen können dagegen getroffen werden?

Insbesondere dann, wenn Aufgaben mit negativen Emotionen wie Enttäuschung, Ärger, Unzufriedenheit, Neid oder Wut assoziiert werden, fehlt vielen Mitarbeitern die Motivation, gute Arbeit zu leisten und sich mit ihrem Job zu identifizieren. Solche Mitarbeiter können nicht nur das Arbeitsklima in Mitleidenschaft ziehen, sondern Ihnen auch einen wirtschaftlichen Schaden zufügen –und dadurch den Erfolg wie auch den Ruf Ihrer Apotheke in der Öffentlichkeit ernsthaft gefährden. Das kontraproduktive Verhalten kann je nach Intensität

  • von harmlosen Regelverstößen
  • über schlechte Arbeitsqualität, "Krankfeiern", Mobbing, unfairen Konkurrenzkampf und Streitigkeiten
  • bis hin zu Betrug, Diebstahl und Aggressionen reichen.

Weder Bagatellisierung noch strenge Mitarbeiterüberwachung haben sich als zielführende Prävention bewährt.

Beste Vorsorge: Fairness und Partizipation

Zwar schützt Unwissen bekanntlich nicht vor Strafe, dennoch wird es von Mitarbeitern – insbesondere in trivialen Fällen – als eine willkommene Erklärung für Fehlverhalten genutzt. Die beste Vorsorge treffen Sie, indem Sie Regeln offen kommunizieren und gegenüber Ihren Mitarbeitern fair bleiben. Berücksichtigen Sie deshalb bei wichtigen Entscheidungen die Meinung Ihrer Mitarbeiter. Insbesondere dann, wenn Sie Entscheidungen mit negativen Konsequenzen für die Mitarbeiter treffen, sollten Sie den Betroffenen Ihre Gründe ausführlich und nachvollziehbar kommunizieren. Fühlen sich Mitarbeiter hingegen übergangen und unfair behandelt, neigen sie eher dazu, Regeln zu verletzen.

Strikte Verbote lösen bei den Mitarbeitern Frustration aus. Und die Androhung von Sanktionen lässt das Verbotene sogar noch attraktiver erscheinen ("psychologische Reaktanz" bzw. "Bumerang-Effekt"). Definieren Sie daher keine starren Verbote, sondern entwickeln Sie flexible Regeln, die zu Ihrer Apotheke passen und die gegebenenfalls angepasst werden können. Beziehen Sie dabei Ihre Mitarbeiter ein.

Mobbing, Whistleblowing – oder "nur" Konkurrenzkampf?

Meldungen aus dem Team sind eine sehr wichtige Quelle, um kontraproduktives Verhalten aufzudecken. Gehen Sie also jeder internen (oder auch externen) Meldung nach. Denken Sie jedoch daran, dass solche Hinweise nicht selten ein Instrument sein können, um dem vermeintlichen "Täter" aus Neid den weiteren beruflichen Weg zu verbauen, um ihn als Konkurrenten aus dem Betrieb herauszumobben oder auch, um eine eigene "Schuld" auf ihn abzuwälzen.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere auch negative Äußerungen eines früheren Vorgesetzten mit großer Vorsicht zu werten. Denn dabei kann es sich häufig lediglich um das verletzte Ego eines "Verlassenen" handeln. Nehmen Sie sich daher Zeit und führen Sie sowohl mit dem Betroffenen als auch mit jedem, der "Bescheid weiß", Einzelgespräche durch. Denn so umgehen Sie, dass sich alle in der Gruppe in einer einzigen Ansicht bestätigen ("negative Gruppendynamik") und verschaffen sich ein objektives und faires Bild vom jeweiligen Fall.

"Work-Life-Konflikt" als Ursache?

Es gibt Anliegen, die in vielen Apotheken regelmäßig kontrovers diskutiert werden und die für Streitigkeiten im Team und mit dem Vorgesetzten sorgen. Seltener handelt es sich dabei um schlechte Arbeitsqualität oder Arbeitsverweigerung, sondern vielmehr um die Vermischung von privaten Angelegenheiten mit beruflichen Verpflichtungen.

Eine strikte Trennung von Beruf und Freizeit ist in der heutigen Zeit nicht unbedingt das Ziel (vgl. AWA 23/2018). An einige Regeln sollten sich Ihre Mitarbeiter jedoch dringend halten, um so auch kontraproduktives Verhalten zu vermeiden. Dazu zählt beispielsweise Folgendes:

  • Einhaltung der Schweigepflicht: Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter dafür, dass das Einhalten der Schweigepflicht in jeglicher Hinsicht gilt. Unter die Schweigepflicht fallen sowohl Kundenanliegen als auch alle Interna und alles Persönliche, das die Kollegen und Sie selbst betrifft. Privates in der Freizeit über Sie oder Ihre Mitarbeiter zu verbreiten, ist kein einfacher "Klatsch und Tratsch", sondern eine Streuung von Informationen, die während des beruflichen Vertrauensverhältnisses bekannt geworden sind, nach außen. Und das ist nicht zulässig. Doch auch intern sollten Personalangelegenheiten generell keine "große Runde machen".
  • Verhalten in sozialen Netzwerken: Wer sich aufgrund beruflicher Interessen online vernetzt, hat sich auf den entsprechenden Seiten annähernd professionell zu verhalten. Sind Ihre Mitarbeiter online aufzufinden, sollten sie sich an Verhaltensgrundsätze halten, die nicht im Widerspruch zu ihrer beruflichen Position stehen. Auch in ihrer Freizeit dürfen die Mitarbeiter Sie, Ihre Apotheke oder Ihre Kunden nicht öffentlich kritisieren, schlecht machen oder ins Lächerliche ziehen.
  • Private Handynutzung: Viele Apothekenchefs meinen, dass es ihrem wirtschaftlichen Interesse zuwider läuft, wenn die Mitarbeiter ihr Handy privat nutzen. Allerdings kann ein Arbeitnehmer seine Arbeit auch dann ordnungsgemäß erfüllen, wenn er gelegentlich einen Blick auf sein Handy wirft. Statt ein generelles Handyverbot zu erteilen, können Sie Ihren Mitarbeitern daher eine "Zone für die gelegentliche Nutzung" vorschlagen. Denn auch wenn es paradox klingt: Es kann sogar förderlich für die Konzentration sein, wenn Mitarbeiter wissen, dass sie in dringenden Fällen erreichbar sind – so etwa, wenn sie noch andere Verpflichtungen haben wie Kinder, zu pflegende Eltern oder einen weiteren Arbeitgeber. Die "gelegentliche Nutzung" darf natürlich nicht dazu dienen, sich während der Arbeitszeit privat in sozialen Netzwerken auszutauschen. Erteilen Sie dagegen ein generelles Handyverbot, dürfen Sie auch nicht erwarten, dass Ihre (Teilzeit-)Mitarbeiter außerhalb ihrer Arbeitszeit bei Nachfragen (benötigte Vertretung, dringende Rückfragen zum Kundenvorgang oder zur Bestellung etc.) für Sie erreichbar sind.

Unruhestifter als Ursache?

Kontraproduktives Verhalten kann nicht nur auf Streitthemen, sondern auch auf bestimmte Mitarbeiter zurückzuführen sein. Besonders toxisch für ein Team ist der "Wolf im Schafspelz", der sich durch sein vordergründig zuvorkommendes, nettes und charmantes Auftreten blitzschnell das Vertrauen anderer erschleicht. In Wirklichkeit ist er jedoch auf den eigenen Vorteil bedacht und kämpft gegen engagierte "Querdenker" im Team: Er kritisiert sie grundlos, ignoriert ihre Vorschläge, gibt ihnen Informationen nicht weiter, verunsichert, stichelt und lästert hinter ihrem Rücken. Lassen Sie nicht zu, dass motivierte und zuverlässige Mitarbeiter auf solch unfaire Weise aus Ihrem Team verdrängt werden.

Generell gilt: Je stärker die Mitarbeiter ihre Individualität und Interessen beruflich zeigen dürfen, desto besser können sie sich mit ihrem Arbeitsplatz identifizieren und ihrem Job mit Freude und Engagement nachgehen. Und je heterogener ein Team ist, desto kreativer und produktiver arbeitet es. Denn je "gleicher" die Mitglieder sind, desto stärker rivalisieren sie untereinander. Um kontraproduktivem Verhalten vorzubeugen, lohnt es sich daher, Ihren Mitarbeitern Entfaltungsmöglichkeiten zu geben und zudem darauf zu achten, dass sich das Team nicht vorrangig aus Generalisten, sondern vielmehr aus Experten mit bestimmten Schwerpunkten zusammensetzt.

Literatur

Köhler, T., et al.: Who Is the Wolf and Who Is the Sheep? Toward a More Nuanced Understanding of Workplace Incivility. In: Industrial and Organizational Psychology 2018, 11 (1), S. 122–129

Li, X., et al.: Schadenfreude: A Counternormative Observer Response to Workplace Mistreatment. In: Academy of Management Review 2019, 44 (2), S. 360–376

Nerdinger, F. W.: Unternehmensschädigendes Verhalten erkennen und verhindern, Hogrefe: Göttingen 2008 (Praxis der Personalpsychologie, Bd. 15)

Ng, T.W.H., et al.: Organizational Citizenship Behavior and Counterproductive Work Behavior. Do Males and Females Differ? In: Journal of Vocational Behavior 2016, 93, S. 11–32

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(10):10-10