Monologe ohne Ende

Wie Sie mit Vielrednern und Quasselstrippen richtig umgehen


Dr. Andreas Nagel

Sicherlich kennen Sie Kunden, die den Besuch in Ihrer Apotheke nutzen, um Sie in ausufernde Gespräche über private und belanglose Themen zu verwickeln. Wie können Sie solche ungewollten Gespräche deutlich verkürzen, ohne den redseligen Kunden zu verärgern?

Redselige Kunden sind menschlich meist angenehm. Sie lassen sich von einer vollen Offizin nicht abschrecken und warten geduldig, bis sie an der Reihe sind. Sie grüßen freundlich, ihre Körpersprache ist offen und der Blick lebhaft. Generell haben sie ein großes Mitteilungs- und Kontaktbedürfnis, und sie berichten ebenso gerne wie ausführlich über ihr Privatleben. Auch politische, gesellschaftliche und regionale Ereignisse sind beliebte Gesprächsthemen.

Redselige Menschen mögen ihre Gesprächspartner in der Regel. Im Gegenzug erwarten sie, dass man ihnen gegenüber ebenfalls Sympathie bekundet und ihren Aussagen Interesse schenkt. Wenn diese Menschen im Gespräch positive Reaktionen wahrnehmen, freuen sie sich und möchten am liebsten immer weiter reden. Sie besuchen die Apotheke nicht nur, um beraten zu werden und Arzneimittel zu erwerben, sondern auch, um ihr persönliches Kommunikationsbedürfnis zu befriedigen.

Die Gründe für dieses Verhalten können in der Persönlichkeit des Kunden oder in seinem sozialen Umfeld liegen: Entweder ist er generell ein extrovertierter, kommunikativer und aufgeschlossener Mensch mit hohem Mitteilungsdrang, der in allen Lebenssituationen gerne und viel redet. Oder aber er lebt – wie viele ältere Menschen oder Personen im Ruhestand – allein und hat anderweitig keine Gesprächspartner. Gleichermaßen kann es sich auch um jemanden handeln, der aus Langeweile und mangels anderer Verpflichtungen den Aufenthalt in der Apotheke bewusst ausdehnt. Leider lassen sich diese Menschen weder von anderen wartenden Kunden noch vom unmittelbar bevorstehenden Ladenschluss davon abhalten, langatmig zu schwadronieren.

Keine "falschen" Signale geben

Wenn es Ihre Zeit erlaubt, können Sie einen besonders gesprächigen Kunden zunächst einfach nur reden lassen und interessiert zuhören. Damit vermitteln Sie ihm ein gutes Gefühl und sorgen so für eine hohe Kundenbindung – denn dieser Kunde wird immer wieder gerne in Ihre Apotheke kommen.

Animieren Sie ihn aber nicht zusätzlich durch Ihr eigenes Verhalten dazu, weiter zu reden: Liefern Sie keine neuen Stichworte für andere Themen und stellen Sie keine interessierten oder weiterführenden Fragen. Vermeiden Sie es, mit Ihrer Körpersprache Signale zu geben, die den Kunden in seinem Redefluss bestätigen: Zustimmende Gesten oder auch einen interessierten Blick empfindet er als Aufforderung, das Gespräch fortzusetzen.

Gespräche taktvoll beenden

Wenn Sie das Gespräch beenden möchten, können Sie den Kunden höflich, aber bestimmt unterbrechen. Geben Sie dabei nicht zu erkennen, dass Sie von seinem Redefluss genervt sind oder sich sogar darüber ärgern. Beenden Sie vielmehr zunächst den Blickkontakt und/oder richten Sie den Blick kurz auf den nächsten wartenden Kunden.

Wenn der Redselige trotzdem nicht aufhört zu reden, können Sie ihn mit dem Hinweis unterbrechen, dass Sie sich gerne noch weiter mit ihm unterhalten würden, aber das Gespräch aus einem bestimmten Grund leider beenden müssen. Neben einem Verweis auf die anderen wartenden Kunden lässt sich so beispielsweise eine dringende Aufgabe vorschieben, die Sie noch zu erledigen haben. Das können Sie dann beispielsweise so formulieren: "Frau Plausch, ich würde mich gerne noch weiter mit Ihnen unterhalten, aber ich muss unserem Botenfahrer schnell noch ein eiliges Medikament für einen schwerkranken Kunden mitgeben. Wir haben ja alles Wichtige zu Ihren Medikamenten besprochen."

Ein schöner Nebeneffekt dieser Formulierung: Sie lenken die Aufmerksamkeit des Kunden wieder auf seine Arzneimittel. Fassen Sie bei Bedarf noch einmal die wichtigsten Dosierungshinweise zusammen, und wünschen Sie dem Kunden zum Abschluss gegebenenfalls noch gute Besserung.

Um eine Quasselstrippe zu unterbrechen, eigenen sich oft auch die Worte "genau" oder "stimmt". Verwenden Sie sie, sobald eine kleine Redepause entsteht – und setzen Sie das Gespräch dann mit einem eigenen Gedanken fort: "Genau! Sie haben vollkommen recht! Ich meine auch, dass ... !" Lassen Sie sich selbst dann nicht mehr unterbrechen, und lenken Sie das Gespräch möglichst schnell wieder auf die Medikamente. Wenn das ruhig und freundlich passiert, wird es vom Kunden meist nicht als unhöflich empfunden – zumal es Vielredner selten übel nehmen, wenn sie so oder ähnlich unterbrochen werden. Denn sie sind dies oft auch aus anderen Situationen und Lebensbereichen gewohnt.

Eine weitere Möglichkeit, den Redefluss zu beenden: Sprechen Sie den Kunden mehrfach mit seinem Namen an: "Herr Schwafel, Herr Schwafel, Herr Schwafel!" Spätestens beim dritten Mal wird der Kunde seinen Monolog beenden, und Sie können die Gesprächsführung wieder übernehmen, indem Sie beispielsweise sagen: "Ich habe noch eine Frage an Sie!" Oder: "Ich habe noch einen ganz wichtigen Hinweis zu Ihrer Medikation!"

Anders ist es natürlich, wenn Sie selbst einen Kunden durch Fragen zum Reden aufgefordert haben: "Herr Redselig, wie hat Ihnen das Medikament in der letzten Woche geholfen?" Oder: "Wie geht es Ihnen?" Oder: "Wie war der Urlaub?" Wenn der Kunde dann ausführlich antwortet, wäre es unhöflich, seine Ausführungen vorzeitig zu unterbrechen.

Die Redseligkeit gemeinsam in den Griff bekommen

In der Offizin benötigen Sie und Ihre Mitarbeiter bewährte Verhaltensweisen und geeignete Formulierungen, um das Gespräch mit Vielrednern auch im Interesse der wartenden Kunden höflich zu beenden – ohne allerdings den Vielredner zu verärgern. Überlegen Sie daher gemeinsam in einer Teambesprechung, welche Maßnahmen hierfür infrage kommen.

Eine solche Maßnahme: Sie können im Team ein "Vielredner-Signal" vereinbaren. Legen Sie dazu ein Zeichen fest, bei dem alle Mitarbeiter erkennen, wann jemand "Hilfe" benötigt. Sobald dieses Zeichen gegeben wird, kommt ein Kollege an den entsprechenden HV-Tisch und bittet den in Beschlag genommenen Mitarbeiter unter einem Vorwand darum, sich schnellstmöglich um eine dringende Angelegenheit zu kümmern: "Wenn Sie hier fertig sind, brauchen wir dringend Ihre Hilfe bei ... !" Damit lässt sich dem redseligen Kunden erkennbar signalisieren, dass das Gespräch aus (scheinbar) zwingenden Gründen beendet werden muss.

Übung macht den Meister

Sicherlich gehört immer auch etwas Fingerspitzengefühl dazu, den richtigen Zeitpunkt und die richtigen Worte zu finden, um das Gespräch mit einem redseligen Kunden zu beenden. Mit einer guten Vorbereitung und etwas Übung wird Ihnen das aber immer besser gelingen.

Vielleicht macht es Ihnen auch Spaß, solche Gespräche einmal im Team zu üben? Ein Mitarbeiter spielt dann den redseligen Kunden und ein anderer sich selbst.

Dr. Andreas Nagel, Diplom-Ökonom, Akademie für Apothekenmanagement, 31535 Neustadt am Rübenberge, E-Mail: dr.andreasnagel@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(10):8-8