Elektronisches Fahrtenbuch

Vervollständigen Sie es zeitnah!


Helmut Lehr

Ein handgeschriebenes Fahrtenbuch ist aufwendig und fehleranfällig. Elektronische Hilfen machen das Leben zwar einfacher, bergen aber dennoch Risiken. Zeitnahe ergänzende Eintragungen sind unerlässlich.

Wenn Sie es als zu teuer empfinden, die private Nutzung Ihres Geschäftswagens mittels 1%-Regelung zu versteuern, können Sie die tatsächliche Nutzung nachweisen. Dazu müssen Sie dem Finanzamt ein "ordnungsgemäßes" Fahrtenbuch vorlegen. Folgende Eintragungen sind zwingend erforderlich:

  • Datum jeder einzelnen Fahrt,
  • Art der Fahrt (Wohnung – Betrieb, privat, betrieblich),
  • Ausgangspunkt und Reiseziel,
  • Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder Fahrt,
  • Reisezweck (aufgesuchter Geschäftspartner, betrieblicher Anlass etc.).

Digitale Helfer sind zulässig

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist auch ein elektronisches Fahrtenbuch zulässig, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Nach einer besonderen Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung werden elektronische Fahrtenbücher auch dann anerkannt, wenn der Fahrer den geschäftlichen Anlass (Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner) innerhalb eines Zeitraums von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt und die übrigen Fahrten dem privaten Bereich zuordnet. Dies setzt allerdings voraus, dass die elektronische Lösung am Ende jeder Fahrt automatisch Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst (hat).

Finanzgericht bestätigt strenge Anforderungen

Das Niedersächsische Finanzgericht hat nun nochmals klargestellt, dass Aufzeichnungen zu elektronischen Fahrtenbüchern zeitnah erfolgen und unveränderlich dokumentiert ("festgeschrieben") werden müssen (Urteil vom 23.01.2019, Aktenzeichen: 3 K 107/18). Im Streitfall hatte der Arbeitgeber des Klägers eine sogenannte Telematiklösung (u.a. mit der Funktion "elektronisches Fahrtenbuch") eingesetzt, die sich an den standardisierten Fahrzeug-Diagnosestecker anschließen ließ. Diese Hardware mit GPS-Empfänger übermittelte über das Mobilfunknetz jeweils die aktuelle Position des Pkw an einen zentralen Server, der damit ein elektronisches Fahrtenbuch erstellte.

Mit einer speziellen Software konnte der Anwender zu jeder aufgezeichneten Fahrt u.a. entweder einen vordefinierten oder einen individuellen Zweck eintragen. Diese Zuordnungen blieben zunächst frei änderbar. Allerdings ließ sich eine frei bestimmbare "Periode" mit dem Programm auch final bearbeiten und abschließen, sodass die vom Anwender ergänzten Daten danach unveränderbar waren.

Im Streitfall lagen irgendwann größere Abweichungen zu den tatsächlichen Kilometerständen der Fahrzeuge vor, die zum Teil mit technischen Aussetzern begründet wurden. Außerdem hatte man einzelne Aufzeichnungsperioden offenbar nicht "revisionssicher" abgeschlossen bzw. die notwendigen Angaben teilweise nicht zeitnah ergänzt.

Das Finanzgericht hatte deshalb offenbar Zweifel, ob die verwendete Telematiklösung überhaupt als "ordnungsgemäßes elektronisches Fahrtenbuch" geeignet war. Schließlich konnten Fahrzeugdaten anscheinend auch nach mehreren Jahren noch verändert werden. Außerdem war es möglich, Perioden von bis zu einem Jahr zu bilden, ehe die Daten vor Veränderungen gesichert wurden. Allein dies kann natürlich dazu führen, dass der Nutzer die Daten nicht zeitnah festschreibt – was bereits für sich betrachtet einen schweren Mangel des Fahrtenbuchs darstellt.

Praktische Probleme und Hinweise

Natürlich würden Steuerpflichtige gerne auf eine von der Finanzverwaltung zertifizierte elektronische Fahrtenbuchanwendung vertrauen. Es gibt allerdings kein (amtliches) Zertifizierungsverfahren für eine bestimmte Software oder App. Aus Sicht der Finanzverwaltung handelt es sich stets um "Einzelfallentscheidungen".

Zu beachten ist auch, dass Anwendungen, die die Kilometer ausschließlich per GPS berechnen, zwangsläufig Abweichungen zum tatsächlichen Kilometerstand des Fahrzeugs verursachen. In diesen Fällen sollten Sie den Tachostand regelmäßig (möglichst quartalsweise) zusätzlich dokumentieren.

In der Fachliteratur werden bereits Zweifel daran geäußert, ob die Sieben-Tage-Frist zum Vervollständigen des elektronischen Fahrtenbuchs ganz allgemein gilt – oder ohnehin nur, wenn die elektronische Lösung mit dem Kilometerzähler des Fahrzeugs gekoppelt ist. Fehlt eine solche Kopplung, wird vorsichtshalber empfohlen, die einzelnen Fahrten nach spätestens drei Kalendertagen festzuschreiben.

Um sicherzugehen, sollten Sie solche technischen Lösungen vorziehen, die unabhängig vom Anwender innerhalb eines bestimmten Zeitfensters das Fahrtenbuch automatisch und unveränderlich festschreiben.

Generell müssen Sie beachten, dass ein elektronisches Fahrtenbuch von der Finanzverwaltung auch maschinell geprüft werden kann, weil diese insoweit ein Zugriffsrecht auf elektronische Daten hat. Außerdem sollten Sie an die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren denken. In dieser Zeit muss das Fahrtenbuch unveränderlich aufbewahrt und auch wieder (unverändert) lesbar gemacht werden können. Bei etwaigen Änderungen muss die Änderungshistorie mit Änderungsdatum/-daten und ursprünglichem Inhalt ersichtlich sein.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(13):16-16