Viel Geld für wenig

Bildungs-Notstand!?


Prof. Dr. Reinhard Herzog

"Nicht allen Menschen ist es eigentlich um ihre Bildung zu tun. Viele wünschen nur so ein Hausmittel zum Wohlbefinden, Rezepte zum Reichtum und zu jeder Art von Glückseligkeit." So textete schon Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832). Zu seiner Zeit begann die Pharmazie gerade, sich vom Lehrberuf zur eigenständigen Wissenschaft und in der Folge zum Universitätsstudium zu wandeln. Die pragmatischen Amerikaner haben schon immer den monetären Wert der Bildung hervorgehoben, ist doch ein Studium dort in begehrten Fächern an einer angesehenen Universität eine außerordentlich kostspielige Investition, die sich aber für viele Absolventen trotzdem rechnet. So sagte Benjamin Franklin (1706 – 1790): "Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen". John F. Kennedy ergänzte dazu viel später in den 1960er Jahren: "Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: Keine Bildung."

So verwundert es nicht, dass Bildung bislang die Ränge der politischen "To-Do-Listen" anführte. Zurzeit allerdings macht sich die Klimapolitik auf den Weg, alle anderen Aktivitäten zu überstrahlen, koste es, was es wolle. Hier droht uns asketisches Klein-Klein und die klimapolitisch korrekte Selbstkasteiung. Das könnte sich noch bitter rächen, denn am Ende werden es Bildung, Intelligenz, Erfindungsreichtum und Technologieführerschaft sein, die uns diese Herausforderungen bewältigen lassen. Der Platz an der technologischen Spitze wird zwangsläufig nicht unbesetzt bleiben: Stehen wir nicht mehr dort, dann wird es eben jemand anderes auf der Welt sein.

Obwohl also die Notwendigkeit guter Bildung gerade für ein ressourcenarmes Land wie unseres auf der Hand liegt, kümmert sich der deutsche Politikbetrieb vor allem um seine liebsten Beschäftigungen: Flügelschlagen, Gackern, Im-Kreis-Laufen und hin und wieder mal Ein-Ei-Legen – nicht selten ist ein faules darunter. Tatsächlich werden reichlich finanzielle Mittel ausgegeben. Wie an so vielen Stellen unserer Gesellschaft ist Geldmangel also nicht das Problem. Doch was geschieht mit dem Geld? Man saniert z.B. das Schulgebäude energetisch und brandschutztechnisch mit einen Millionenaufwand. Für die Innen- und Lehrausstattung hingegen fallen bestenfalls ein paar Krümel ab. Dafür gibt es jedoch einige Schulsozialarbeiter oder "Willkommensklassen" mehr.

Da offenbar die gute alte Tradition des gemeinsamen familiären Frühstücks und Mittagessens abhanden gekommen ist, haben wir mittlerweile auch in den Schulen Mensen. Die Kosten sind beträchtlich und werfen ein interessantes Schlaglicht darauf, welche Aufgaben heute alle an den Staat adressiert werden.

In den Universitäten gibt es eine Maximalzahl an Brückenkursen, Tutorien – und nicht zu vergessen einen unablässig wachsenden Verwaltungs- und Bürokratie-Moloch, selbstverständlich alles politisch korrekt und gendergerecht, was wiederum diverse Posten und Pöstchen garantiert. All das erscheint unter dem fiskalischen Posten "Bildungsausgaben". Konkret bei den Schülern oder Studierenden kommt jedoch erschreckend wenig an: In den Laboren kämpft man um allfälliges Verbrauchsmaterial und ist froh, seine vielleicht noch 1990er-Jahre-Ausstattung für den Regellehrbetrieb halbwegs in Schuss halten zu können.

Da verwundert es nicht, dass bei der groß herausgestellten Reform der PTA-Ausbildung der Berg lange kreißte und am Ende eine Zwergmaus gebar. Während selbst Tischler oder Bankkaufleute eine dreijährige Lehrzeit im bewährten dualen System "Berufsschule + Betrieb" absolvieren und eine solche unseren PTAs u.a. einen höheren Rang im europäischen Qualifikationsrahmen sowie den Erwerb der Fachhochschulreife ermöglicht hätte, finden wir auch hier das deutsche "Erfolgsmodell": Groß die Worte, mächtig der Aufwand, klein das Resultat.

Noch wird womöglich gar im Vermittlungsausschuss um Details gerungen. Doch dürfte die Attraktivität des PTA-Berufs kaum zunehmen, jedenfalls nicht durch diese Reform. Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass unsere Standesvertreter hieran ihren unrühmlichen Anteil haben, so wie beim Apothekenstärkungsgesetz.

Wie viel Luft nach unten ist eingedenk dessen da noch bei der jetzt ebenfalls angedachten Reform des Pharmaziestudiums?

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(01):19-19