Gebäudeabschreibung

Eine kürzere Restnutzungsdauer nachweisen!


Helmut Lehr

Steuerliche Vermietungsverluste resultieren meist aus dem Werbungskostenabzug für Schuldzinsen und aus der Gebäudeabschreibung. Letztere scheint durch die gesetzlichen Abschreibungssätze festgelegt. In besonderen Fällen dürfen Sie aber schneller abschreiben.

Erzielen Sie mit einer Immobilie steuerpflichtige Einkünfte, können Sie das Objekt mit jährlich 2%, 2,5% bzw. 3% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten steuerwirksam abschreiben. Diesen Prozentsätzen liegt eine unterstellte ("betriebsgewöhnliche") Nutzungsdauer von 50, 40 bzw. 33,33 Jahren zugrunde. Diese "Unterstellung" gilt bei jedem Objektverkauf auch wieder für den neuen Eigentümer, sodass eine Immobilie durchaus 90 Jahre oder länger (z.B. mit 2%) abgeschrieben werden kann.

Hinweis: Während Sie ein eigenes Apothekengebäude wegen der betrieblichen Nutzung regelmäßig mit 3% abschreiben, dürfen Sie das bei vermieteten Immobilien, die steuerlich zum Privatvermögen gehören, nur mit 2% (Fertigstellung nach 1924) oder mit 2,5% (Fertigstellung vor 1925) tun.

Sachverständigengutachten vorlegen

In der Praxis werden die gesetzlich typisierten Abschreibungssätze meist nicht weiter infrage gestellt. Besitzen Sie aber ein älteres Objekt, das nicht gerade auf der Höhe der Zeit ist bzw. größere Mängel aufweist, kann es durchaus sein, dass ein Sachverständiger eine kürzere Restnutzungsdauer feststellen würde. Das Einkommensteuergesetz sieht auch ausdrücklich vor, dass Sie höhere Abschreibungen geltend machen können, wenn die Nutzungsdauer des Objekts tatsächlich kürzer ist als 50 oder 40 Jahre (bzw. 33,33 Jahre).

Allerdings gibt es immer wieder Streit darüber, welcher Nachweis ausreicht. Leider ist die Rechtsprechung zu dieser Problematik sehr überschaubar. Einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf zufolge kann der Nachweis einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes anhand eines Gutachtens nach der Richtlinie zur Ermittlung des Sachwerts erbracht werden (Urteil vom 12.07.2019, Aktenzeichen: 3 K 3307/16 F). Im Streitfall basierte das vorgelegte Gutachten auf dem "Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen" (vgl. Anlage 4 der Richtlinie).

Das Finanzamt hatte zunächst argumentiert, dass dieses Modell nur anwendbar sei, um die Restnutzungsdauer im Sinne der Immobilienwertermittlungsverordnung zu ermitteln, nicht aber für steuerliche Zwecke. Hier könne allenfalls ein Bausubstanzgutachten eine kürzere Nutzungsdauer belegen. Das FG hingegen sah hier keinen inhaltlichen Unterschied.

Beispiel

Betragen die Anschaffungskosten für ein Gebäude 250.000 €, ergibt sich bei einem Abschreibungssatz von 2% eine jährliche Abschreibung von 5.000 €. Würde ein Gutachten eine (Rest-)Nutzungsdauer von 30 Jahren bestätigen, könnten Sie jährlich immerhin rund 8.333 € (31/3%) abschreiben.

Revisionsverfahren anhängig

Die Finanzverwaltung möchte jetzt aber vom Bundesfinanzhof (BFH) ausdrücklich geklärt wissen, ob die im Streitfall angewandte Methode nach der Anlage 4 der "Sachwertrichtlinie" auch für steuerliche Zwecke anzuerkennen ist. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen IX R 25/19 anhängig. Sollte der BFH die Ansicht des FG Düsseldorf bestätigen, könnte dies in einigen Fällen den Nachweis einer tatsächlich kürzeren Restnutzungsdauer erleichtern – höhere Abschreibungssätze wären die Folge.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(01):18-18