Fit fürs E-Rezept?

Eine Rechenübung zum Neuen Jahr


Florian Giermann

Zwar dauert es noch ein Dreivierteljahr, bis das E-Rezept flächendeckend eingeführt werden soll. Nichtsdestotrotz ist jetzt schon eine gute Vorbereitung angesagt: Nicht nur in Sachen Technik, sondern auch in Sachen Kunden. Wie viel zu tun ist, zeigt eine Rechenübung.

Im Rahmen von Modellprojekten sind die ersten E-Rezepte bereits im Umlauf. Spätestens aber, wenn sie flächendeckend eingeführt werden, sollten alle (potenziellen) Kunden wissen, dass sich elektronische Verordnungen auch in Ihrer Apotheke einlösen lassen. Und dafür empfiehlt es sich, bereits heute einen digitalen Kontakt aufzubauen (vgl. dazu ausführlich AWA 20/2019).

Eine Menge Überzeugungsarbeit!

Lassen Sie uns das anhand einer Rechenübung vertiefen. Um mit geraden Zahlen zu rechnen, gehen wir von 20.000 Apotheken und 80 Mio. Bürgern in Deutschland aus. Im Schnitt versorge also jede Apotheke 4.000 Kunden. Da wir die Anzahl der Apotheken erhöht haben (nach der jüngsten ABDA-Meldung waren es Ende September 2019 nur noch 19.196), sind es im Schnitt tatsächlich sogar geringfügig mehr Kunden.

Als Stichtag verwenden wir den 30.09.2020 – bis dahin müssen nach aktuellem Stand alle Apotheken an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein. Das Jahr 2020 hat bis zum Stichtag genau 274 Tage. Abzüglich der Feiertage (je nach Bundesland zwischen sechs und zehn) und der Sonntage (39) bleiben noch maximal 229 Arbeitstage übrig. Ziehen wir die Hälfte der 39 Samstage ab (für unsere Zwecke gerundet: 19), weil Sie da eventuell nur halbtags geöffnet haben oder nicht in Vollbesetzung in der Offizin stehen, sind wir bei 210 Tagen.

Nehmen wir als Nächstes an, dass Sie am 02.01.2020 damit beginnen, Ihren Kunden beizubringen, dass Ihre Apotheke fit fürs E-Rezept ist. Dann müssten Sie im Durchschnitt an jedem Werktag den digitalen Kontakt zu gut 19 Kunden etablieren (4.000:210).

Die Realität ist leider deutlich komplexer: Zum einen wird wohl nicht jeder Kunde ein E-Rezept einlösen (wollen), zumal weiterhin Papierrezepte ausgestellt werden. Zum anderen müssen Sie berücksichtigen, dass Ihre Kunden die Apotheke ganz unterschiedlich frequentieren: Einige kommen mehrmals pro Woche zu Ihnen, andere nur selten, und wieder andere schicken den Ehepartner, die Kinder oder einen Betreuer. Letztlich reicht es daher wohl nicht, sich für jeden Tag 19 Kunden als Ziel zu setzen. Vielmehr empfiehlt es sich, jeden Kunden, den Sie noch nicht angesprochen haben, von Ihren "Digitalqualitäten" zu überzeugen.

Eine kleine To-Do-Liste

Es gilt also, keine Zeit zu verlieren. Sie sollten unbedingt jetzt schon festlegen,

  • welche (auch digitalen) Medien Sie zur Kundenansprache im Hinblick aufs E-Rezept verwenden wollen,
  • wie viele Kunden Sie nicht im Durchschnitt, sondern ganz konkret jeden Tag neu u.a. über diese digitalen Medien gewinnen wollen,
  • wie Ihr Team den Kunden dieses Anliegen kommunizieren soll,
  • wie Ihr Team mit Einwänden und Bedenken von Kunden zum Thema umgehen soll.

Warten Sie also nicht länger, sondern beginnen Sie gleich damit zu zeigen, dass Sie auch digitalen Kontakt "können". Jeder Tag, an dem Sie einen Kunden davon überzeugen, ist ein gewonnener Tag. Denn die grünen Plakate an Bahnhöfen und Haltestellen, auf denen prominent das Wort "E-Rezept" steht, erwecken vermutlich nicht unbedingt den Eindruck, dass auch Ihre Apotheke das E-Rezept ganz normal annehmen kann. Und selbst wenn wir wissen, dass sie es können wird, sobald die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, sollten Sie nicht davon ausgehen, dass Ihren Kunden das ebenfalls klar ist.

Florian Giermann, Key Account Manager, Noventi Health SE, 81673 München, E-Mail: florian.giermann@noventi.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(01):10-10