Editorial

Schnickschnacklos


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Schwarzkopf bietet neuerdings ein "Shampoo ohne Schnickschnack" an. Es bringt nichts gegen Spliss, sorgt weder für Volumen, Glanz noch Kraft und duftet nicht. Sogar für beide Geschlechter eignet es sich, denn Haare "sind Hornfäden aus Keratin. Denen ist es egal, ob sie auf dem Kopf einer Frau oder am Arsch eines Mannes wachsen."

Das berichtete der "Postillon" im November vergangenen Jahres – natürlich, wie einer Satireseite zu eigen, nicht ernst gemeint. Bei Schwarzkopf allerdings hat man den Artikel ernst genommen und das "Shampoo ohne Schnickschnack" in weniger als einem Monat tatsächlich auf den Markt gebracht – mit Erfolg. Denn z.B. bei dm war das Produkt nach kurzer Zeit schon nicht mehr zu bekommen.

Rik Strubel, Marketing-Chef von Henkel Beauty & Schwarzkopf, resümierte daher in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", dass sich viele Menschen vom Angebot auf dem Markt überfordert fühlen würden – zumal Otto Normalverbraucher oftmals vermutlich gar nicht in der Lage ist, genau nachzuvollziehen, wo denn eigentlich der Unterschied zwischen den verschiedenen Produkten liegt.

Das kann man durchaus auch in der Apotheke beherzigen: Zum einen sollte unser Fokus ja sowieso darauf liegen, unseren Patienten im per se komplizierten Gesundheitsmarkt die Überforderung zu nehmen, indem wir ihnen erklären, was erklärungsbedürftig ist. Zum anderen lässt sich bestimmt auch das ein oder andere Zuviel reduzieren, etwa in einer eher konzeptlos "zugemüllten" Sicht- und Freiwahl.

Um mit dem schottischen Historiker Thomas Carlyle (1795–1881) zu sprechen: "Ein talentierter Mensch sieht immer das Wesentliche und lässt den Rest als Überschuss."

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(03):2-2