Studie "Inside Heilberuf"

In welchem Umfeld Ihr Personal gerne arbeitet


Daniel Zehnich

Der Fachkräftemangel und der Trend zur Teilzeitarbeit bleiben Dauerthemen – auch für Apothekenchefs. Profitieren wird, wer ein Arbeitsumfeld bietet, in dem Apotheker gerne tätig sind. Wie das aussehen kann, zeigt die jüngste Studie der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).

Wie soll ein attraktives berufliches Umfeld aussehen? Welche Wünsche und Pläne haben die Apotheker? Und was ist ihnen im Leben besonders wichtig? Einige Hinweise zu den Antworten liefern die Ergebnisse unserer jüngsten Studie "Inside Heilberuf", für die wir gemeinsam mit dem Institut DocCheck Research 500 Heilberufler– darunter Apotheker, Ärzte und Zahnärzte – nach ihren Werten, Wünschen und Zielen gefragt haben.

Ideelle Werte wichtiger als materielle

Insgesamt zeigt sich über alle Heilberufsgruppen hinweg, dass Familienleben oder Partnerschaft mit Abstand mehr Bedeutung beigemessen wird als der beruflichen Karriere. Zwar sind finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge eine wichtige Basis, doch Wohlstandskriterien wie Vermögensbildung oder Eigentum bleiben nachrangig. Ein solches Bild zeichnete bereits die erste Umfrage im Jahr 2016. Seitdem haben allerdings Bereiche wie nachhaltiger Lebensstil, Umweltschutz und gesunde Lebensweise an Relevanz gewonnen. Besonders die Apotheker messen diesen Werten hohe Bedeutung bei (Abbildung 1).

Der aktuelle gesellschaftliche Wertewandel spiegelt sich also auch in der Umfrage wider. Ebenso zeigt die Studie, dass sich die traditionellen Rollenbilder in der Familie weiter verändern: Nach den Plänen für die nächsten drei Jahre gefragt, wird die Kindererziehung über alle Heilberufler-Gruppen am häufigsten genannt. Im Geschlechtervergleich fällt gegenüber der ersten Befragungswelle auf, dass der Anteil der Männer, die sich in naher Zukunft ihren Kindern widmen wollen, gestiegen ist (von 16% auf 20%). Gleichzeitig ist dieser Wert bei den Frauen um 4%-Punkte gefallen. Dementsprechend werden Männer perspektivisch sehr wahrscheinlich häufiger Elternzeit beanspruchen.

Wünsche: Mehr beraten dürfen, besser fortgebildet werden

Das Familienleben hat also Priorität. Freizeit ist den Befragten ebenfalls wichtig, doch das Kriterium "Menschen helfen und heilen" steht auf der Werteskala noch darüber. Das allen Heilberuflern gemeine "Helfer-Gen" äußert sich vor allem auch darin, dass sich die Befragten durchweg mehr Zeit für ihre Patienten bzw. Kunden wünschen. Bei Apothekern ist dieser Wunsch mit 72% am stärksten ausgeprägt (Abbildung 2). Damit signalisieren sie, dass ihnen die Gesundheitsberatung ein wichtiges Anliegen ist. Zum Vergleich: Zahnärzte liegen bei 66%, Allgemeinärzte bei 64% und Fachärzte bei 61%.

In diesem Zusammenhang wäre beispielsweise die vieldiskutierte Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen eine willkommene Maßnahme. Sie könnte den Arbeitsalltag, aber auch das Berufsbild der Apotheker attraktiver machen.

Veränderungen und neue Services dürften übrigens nicht an den Mitarbeiter scheitern, wenn gewährleistet ist, dass die entsprechenden Schulungen durchgeführt werden. Denn die Befragung zeigt auch, dass Apotheker ein Bedürfnis nach mehr Wissen haben. Der Wunsch gehört zu den Top-Five: Mehr als die Hälfte der Befragten signalisiert einen höheren Bedarf an Fortbildungen, als sie gegenwärtig in Anspruch nimmt.

Digitalisierung spaltet die Gemüter

Der stärkste Kritikpunkt an der Berufsausübung bleibt für alle Heilberufsgruppen die Bürokratie – sie ist mit 90% das am häufigsten genannte belastende Kriterium. Bei den Apothekern wünschen sich sogar 94% weniger Dokumentation und Verwaltungsarbeit.

Abhilfe schaffen könnte sicherlich die Digitalisierung. Doch offenbar ist dieses Feld derzeit noch eine große Baustelle. So scheiden sich die Geister an den Themen digitales Datenmanagement und innovative Gesundheitsleistungen: Ein Vergleich zwischen Apothekern, Ärzten und Zahnärzten zeigt, dass die Einstellung zu digitalen Anwendungen über alle Heilberufsgruppen hinweg ambivalent ist. Ob mehr oder weniger innovative Leistungen oder digitales Datenmanagement benötigt werden – darüber gehen die Meinungen auseinander. Entsprechend gehört das Thema Digitalisierung für gut jeden vierten Apotheker zu den vordringlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen.

Zufriedenheit sinkt

Schließlich wollten wir auch wissen, wie zufrieden die Heilberufler mit ihrer beruflichen Situation im Allgemeinen sind. Die Ergebnisse zeigen vor allem bei Apothekern eine getrübte Stimmung: Seit der Umfrage vor drei Jahren ist der Anteil der Zufriedenen um 7%-Punkte auf 49% gefallen, und der Anteil der Unzufriedenen um 9%-Punkte auf 24% gestiegen. Die restlichen 27% bleiben unentschieden.

Diese sinkende Zufriedenheit weist auf eine gewisse Verunsicherung hin, wie sich der Apothekenmarkt künftig entwickeln wird. Vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen, die durch neue Gesetze, den ökonomischen Druck und die Digitalisierung im Gesundheitswesen getrieben werden, ist das nur allzu verständlich. Doch der Wandel ist gleichzeitig eine Chance, die Berufsausübung neu zu denken.

Und gerade deshalb ist es auch wichtig, dass wir uns genauer anschauen, wie die Apotheker leben und arbeiten wollen: Zusammengefasst legen sie laut Studie vor allem Wert auf ein Arbeitsumfeld, das Familie und Privatleben als oberste Priorität respektiert, gleichzeitig mehr Beratungszeit für den Kunden und weniger für die Bürokratie vorsieht sowie eine flexible und freie Arbeitszeitgestaltung ermöglicht. Das ist eine gute Basis, um attraktive Arbeitsplätze in der Apotheke zu gestalten und die junge Generation für den Apothekerberuf zu gewinnen.

Methodik

Für die Studie "Inside Heilberuf" hat das Institut DocCheck Research im Auftrag der apoBank insgesamt 500 (teils angehende) Heilberufler befragt, und zwar 100 Apotheker, 100 Allgemeinärzte, 100 Fachärzte, 100 Zahnärzte sowie 100 Medizin-, Zahnmedizin- bzw. Pharmaziestudenten. Die befragten Apotheker waren zu 36 % selbstständig und zu 64 % angestellt.

Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, 40547 Düsseldorf, E-Mail: daniel.zehnich@apobank.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(04):12-12