Editorial

Innovationen à la Walküre


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

"stets Gewohntes nur magst du verstehn: doch was noch nie sich traf, danach trachtet mein Sinn." Was Richard Wagner in seiner Oper "Die Walküre" dem Göttervater Wotan in den Mund legt, sollte auch heute noch das Motto von allen sein, die ihr Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen wollen. Um aber Innovationen zu entwickeln, ist Kreativität nötig, die nach Joseph Schumpeters "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" letztlich darin besteht, Bekanntes neu zu kombinieren. Das Bekannte bzw. Wissen muss nur eben bekannt, also erworben, sein.

So weit, so gut! Wäre da nur nicht die Digitalisierung. Sie nämlich hat – ihres Zeichens ein Resultat von Kreativität – rückkoppelnd Auswirkungen auf ebendiese, wie kürzlich im "Handelsblatt" zu lesen war: Laut dem Innovationsforscher Sascha Friesike haben wir zwar heute auf Knopfdruck Zugang zu einer bislang nie gekannten Informationsflut, greifen aber durch die automatisierten Rankings (z.B. bei Google) alle auf die nahezu gleichen Quellen zurück. Dies schränke das Ausmaß an Neukombinationen ein, sodass beispielsweise Cafés weltweit immer ähnlicher eingerichtet würden.

Ein weiterer Knackpunkt: Dem Kreativitätsforscher Rainer Holm-Hadulla zufolge führen die ständigen visuellen (Digitalisierungs-)Reize dazu, dass sowohl der Wissenserwerb als auch das kombinatorische Denken leiden. Daher werde es immer wichtiger, auch mal vom Bildschirm aufzublicken und die Gedanken schweifen zu lassen. Ein Tipp, den Sie beherzigen können, wenn Ihr Sinn wieder einmal krampfhaft eine neue Apothekenstrategie zu finden trachtet, die sich zuvor noch bei keinem Ihrer Wettbewerber jemals traf.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(04):2-2