Der Blick hinter die Kulissen

Wie Sie Politikern und Co. ein adäquates Bild von der Apotheke vermitteln


Karin Wahl

Gelegentlich liest man, dass Kollegen Entscheidungsträger aus der Politik bzw. dem Gesundheitswesen einladen, um ihnen den Apothekenalltag hautnah zu zeigen. Doch leider wird das noch viel zu selten gemacht, obwohl es so einfach ist – wenn man sich und das Team nur gut vorbereitet.

Unser Apothekenalltag wird von vielen Entscheidungsträgern geprägt, so etwa von

  • Stadträten, Land- und Bundestagsabgeordneten,
  • Ärztefunktionären,
  • Krankenkassenfunktionären sowie
  • Industrie- und Großhandelsfunktionären.

Vielen von ihnen ist gar nicht bewusst, was tagtäglich in unseren Apotheken geleistet wird.

Warum sich Einladungen lohnen

Daher ist es durchaus sinnvoll, diese Personen einzuladen, damit sie sich ein besseres Bild von unserem Berufsstand machen können, und zwar konkret von

  • den vielfältigen Aufgaben,
  • der hohen Verantwortung,
  • den strengen Regularien sowie
  • dem hierfür notwendigen großen personellen und zeitlichen Aufwand.

Gerade wenn die Entscheidungsträger durch den persönlichen Kontakt eine engere Beziehung zur Institution "Vor-Ort-Apotheke" entwickeln,

  • können sie Vorurteile abbauen (Ã la "Die Apotheker jammern doch immer nur, werfen aber den Versicherten gleichzeitig die Werbegeschenke nach!"),
  • die Bedürfnisse der Apotheken besser nachvollziehen und
  • sind daher auch eher geneigt, unsere Interessen öffentlich zu vertreten.

Zunächst gilt es zu überlegen, wen Sie einladen könnten. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter ein, zumal diese oft schon privat – z.B. über Schulen und Kitas – Kontakte zu wichtigen Personen haben.

Wenn Sie die ausgewählte Person dann – auf geschickte Art und Weise – einladen, wird sie auch gerne kommen. Ansonsten zeigen sich Politiker in der Regel vor großen Wahlen in der Apotheke, um damit ihre "Basisnähe" zu demonstrieren. Dennoch gilt es, jede Gelegenheit beim Schopf zu packen und es notfalls immer wieder zu versuchen. Denn ein "institutionalisierter" Blick hinter die Kulissen ist nur nachhaltig, wenn Sie die verschiedenen Zielpersonen zu verschiedenen Terminen immer wieder einladen.

Wie Sie sich vorbereiten

Steht dann fest, dass der Entscheidungsträger kommt, gilt es einiges zu bedenken und vorzubereiten, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht. Zuerst sollten Sie sich gut über die Person, ihre Vita, ihre Ansichten und ihre Rolle bei Entscheidungen informieren. Fragen Sie sich auch, in welchem Verhältnis Sie zu Ihrem Besuch stehen. Kennen Sie ihn vielleicht schon? Und gehören Sie eventuell derselben Partei an?

Anschließend gilt es, Ihr Personal auf den Besuch einzustimmen, indem Sie jedem einzelnen eine Rolle zuweisen und ihn dementsprechend "briefen". Setzen Sie dazu eine Teambesprechung an, die für alle Apothekenmitarbeiter (inklusive Lieferboten) verpflichtend ist. Erarbeiten Sie darin gemeinsam ein Programm, das sich auch bei zukünftigen Besuchen – jeweils angepasst – verwenden lässt.

Da der Besucher in der Regel nicht mehr als 60 bis 90 Minuten Zeit mitbringen wird, muss alles generalstabsmäßig geplant werden. Überlegen Sie sich also genau, was Sie Ihrem Gast innerhalb der begrenzten Zeit unbedingt mit auf den Weg geben wollen. Und spielen Sie den ganzen Besuch im Voraus haarklein durch.

Ein Punkt dabei könnte z.B. die detaillierte Preisbildung bei einem günstigen Generikum und einem hochpreisigen Krebsmedikament sein. Damit ihm kein Fehler unterläuft, können Sie den hierfür zuständigen Mitarbeiter bei Bedarf mit einem Handzettel ausstatten, auf dem alle relevanten Zahlen bzw. Informationen anschaulich dargestellt sind: Was bleibt für die Apotheke übrig? Was für den Hersteller? Und was für den Finanzminister? Dabei sollte der Mitarbeiter sowohl die entsprechenden Prozent- als auch die konkret monetären Euro-Werte nennen. Denn "sogar" politischen Entscheidungsträgern fällt es oft schwer, Prozente in Euro zu "übersetzen".

Zur Vorbereitung gehört auch, die Apotheke gründlich – allerdings wohlgemerkt nicht übertrieben – aufzuräumen: Schließlich soll der Besuch ja sehen, dass bei Ihnen gearbeitet wird.

Tipp: Wenn Sie gegenüber der eingeladenen Person wirklich glaubwürdig rüberkommen wollen, sollten Sie zumindest beim ersten Besuch keine "Show abziehen" – und daher auch die Medien zunächst einmal nicht einladen.

Achtung: Auch bei Politikerbesuchen müssen Sie selbstverständlich darauf achten, dass Sie die datenschutzrechtlichen Vorgaben einhalten!

Wie der Besuch ablaufen kann

Trifft der Besuch nun bei Ihnen ein, sollten Sie und Ihr Team ihn bei laufendem Betrieb im Handverkauf (HV) begrüßen. Nach einem kleinen Smalltalk "übergeben" Sie an einen approbierten Mitarbeiter, der den Gast durch die Apotheke führen wird, während Sie den HV übernehmen. So verhindern Sie, dass Sie zu dominant in Erscheinung treten und Ihr Personal zu Statisten machen. Ein schöner "Nebeneffekt": Ihr Gast sieht, wie hoch die Expertise Ihrer Mitarbeiter ist.

Für den weiteren Verlauf haben sich die folgenden Tagesordnungspunkte als sinnvoll erwiesen:

  • Zunächst erläutert der Approbierte die grundsätzlichen Abläufe in der Apotheke. In diesem Rahmen kann er z.B. auch schon einmal berichten, wie sich die Lieferengpässe auf den Betrieb auswirken.
  • Anschließend führt er den Besuch in die Warenannahme. Hier erklären die zuständigen Kollegen, was innerhalb weniger Stunden von der Bestellung eines Medikamentes bis zu dessen Einbuchung passiert. Auf diese Weise bekommt der Gast auch einen Einblick in den hohen Digitalisierungsgrad der Apotheke – angefangen vom Warenwirtschaftssystem bis eventuell hin zum Kommissionierautomaten. Für die weitere Führung gilt es, aus der Warenannahme eine Rezeptursubstanz mitzunehmen, die Sie im Voraus ausgewählt haben und mit der sich schnell eine einfache Rezeptur herstellen lässt.
  • Mit dieser Substanz geht es weiter ins Labor zur vorgeschriebenen gesetzlichen Prüfung. Dabei schadet es übrigens nicht, wenn die Apparaturen im Labor so "publikumswirksam" aufgebaut sind, dass sie den Gast beeindrucken.
  • Die nächste Station ist die Rezeptur. Hier zeigt die PTA, wie sie mit der Rezeptursubstanz z.B. eine Salbe anrührt. In diesem Rahmen erklärt sie die einzelnen Schritte – und welchen gesetzlichen Anforderungen sie dabei nachkommen muss. Sinnvoll kann es sein, dass sie Aufwand und Honorar gegenüberstellt.
  • Danach geht es zurück in den HV. Hier überprüft eine Approbierte die Rezeptur und zeichnet das Protokoll ab.
  • Erneut im Backoffice, wird dem Gast das Handling einer vorbereiteten Bestellung gezeigt, zu der (z.B. neben Inkontinenz- oder Kühlkettenartikeln) auch die angefertigte Rezeptur gehört. Alles wird bearbeitet und dann sicher verpackt. Anschließend führt Ihr Personal dem Gast vor Augen, wie der Bote die Lieferung in seine Tourenliste einträgt, um sie dann sofort auszufahren.
  • Nun "übernehmen" Sie den Gast wieder, führen ihn in Ihr Büro und beantworten bei einer kleinen Erfrischung seine Fragen. Zum Abschied können Sie ihm dann z.B. eine selbst hergestellte Handcreme oder ein anderes Eigenprodukt als kleine positive Erinnerung überreichen.

Die Erfahrung zeigt, dass der Besucher die Apotheke beeindruckt verlassen wird. Sofern er in der Folge sogar häufiger zu Ihnen kommt, haben Sie z.B. die Möglichkeit, die positiven und negativen Auswirkungen von Gesetzen im Zeitablauf ebenso zu demonstrieren wie zu diskutieren. Außerdem wächst mit jedem erneuten Treffen das gegenseitige Vertrauen, sodass auch die Gespräche immer offener werden dürften.

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Beraterin im Gesundheitswesen 70195 Stuttgart, E-Mail: karinruthwahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(04):8-8