Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) für Ihre Apotheke (Teil 2)

Wie Sie die Belastung Ihrer Mitarbeiter diagnostizieren (lassen) können


Tatiana Dikta

Gerade auch in dieser stressigen Pandemie-Zeit ist es wichtig, die psychische Belastung Ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu diagnostizieren, um daraus Maßnahmen für Ihr betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) abzuleiten. Lesen Sie, was Sie dabei beachten sollten.

Nachdem wir Ihnen einen ersten Überblick über das BGM gegeben haben (vgl. AWA 6/2020), geht es nun mit der Diagnostik in medias res. Die Diagnostik dient dazu, sowohl die psychische als auch die physische Belastung Ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Hierzu zählen etwa Aspekte wie

  • Unterbrechungen und Unvorhersehbarkeiten im Arbeitsalltag,
  • Emotionsarbeit, mentale Belastung und Konflikte im Team,
  • neue Herausforderungen, fehlende Kompetenzen und unzureichende Informationen,
  • hohe Verantwortung und ernste Konsequenzen für Fehler sowie
  • einseitige Körperbelastung und stehende bzw. bewegungsarme Tätigkeiten.

Nicht zuletzt können Kommissionierer die Ursache für das letztgenannte Problem sein – und damit nicht nur zu Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen oder Kreislaufbeschwerden führen, sondern mitunter auch zu schweren psychischen Erschöpfungssymptomen (wie einem Burnout).

Vielfältige Datenquellen nutzen

Eine Mitarbeiterbefragung bildet zwar das Herzstück der Diagnostik, dennoch stehen Ihnen noch verschiedene weitere Datenquellen zur Verfügung (Tabelle 1).

Die eingesetzten Testverfahren sollten den allgemeinen wissenschaftlichen Gütekriterien entsprechen. Diese Verfahren werden generell von Psychologen genutzt, und viele von ihnen lassen sich auch nur von Psychologen über die "Testzentrale für psychologische Tests" beziehen. Soweit das gewährleistet ist, können Sie also von einer hohen Qualität des jeweiligen Verfahrens ausgehen. Mit einem eindimensionalen und einmaligen Verfahren, das den punktuellen Status quo ermittelt, erhalten Sie hingegen keine zuverlässigen Ergebnisse. Warum?

Zum einen zeigt das Beispiel Fehlzeiten, dass es vielfältige Ursachen für ein Problem gibt: Denn Fehlzeiten lassen sich nicht nur durch Erkrankungen (auch wegen suboptimaler Arbeitsbedingungen) erklären. Gründe sind daneben möglicherweise auch persönliche Einstellungen, der familiäre Hintergrund oder persönliche Probleme (z.B. Liebeskummer oder die Sorge um Angehörige).

Zum anderen können die Ergebnisse der Datenerhebung von bestimmten Ereignissen (z.B. der Corona-Pandemie) oder der Jahreszeit abhängig sein und sollten deshalb entsprechend im Jahresverlauf wiederholt werden.

Allein die Dosis macht das Gift

Aus betrieblicher Sicht müssen die aus den Befragungen gewonnenen Daten relevant, effizient beschaffbar, transparent und verständlich sein. Werden allerdings (zu) viele Verfahren eingesetzt und umfangreiche Befragungen durchgeführt, stößt das bei Ihren Mitarbeitern möglicherweise auf Widerstand.

Gleichzeitig können Sie aber auch falsche Erwartungen wecken. Denn wenn die später angebotenen BGM-Maßnahmen nicht alle Wünsche und Probleme abdecken, werden die Mitarbeiter vermutlich enttäuscht sein und das Angebot entweder nicht nutzen wollen oder ihm zumindest skeptisch gegenüberstehen.

Worauf Sie bei den Dienstleistern achten sollten

Um den Aufwand gering zu halten und die Diagnostik effektiv zu gestalten, ist es wichtig, Spezialisten einzusetzen (vgl. den Service am Ende dieses Beitrags). Dabei lohnt es sich, nicht nur deren Preise zu vergleichen, sondern auch ihren Service. Fragen Sie die Anbieter deswegen z.B. explizit danach,

  • inwieweit sie bereits Erfahrungen im Gesundheitswesen gesammelt haben,
  • inwieweit sie die Befragung tatsächlich begleiten (z.B.: Sprechen sie die Mitarbeiter selbst an? Unterstützen sie bei der Datenerhebung?),
  • wie sie welche Befragungsinstrumente bereitstellen (Handelt es sich um anerkannte oder um "hauseigene" Verfahren? Geschieht das Ganze online oder schriftlich-analog?),
  • wie sie die Ergebnisberichte erstellen (Werden die Ergebnisse in einer für Sie verständlichen Form schriftlich präsentiert? Und werden Maßnahmen empfohlen – oder nur statistische Kennzahlen angegeben, mit denen Sie wenig anfangen können?).

Fazit und Ausblick

Sowohl arbeitsorganisatorische Umstrukturierungen als auch diverse analoge und digitale BGM-Maßnahmen können häufig ohne Begleitung von externen Fachleuten in der Apotheke eingeführt und in den Arbeitsalltag integriert werden. Die Diagnostik jedoch, als den wichtigsten Schritt auf dem Weg zur Implementierung des BGM, sollten Sie einem Spezialisten anvertrauen.

Mehr über die Vielfalt der effektiven Maßnahmen erfahren Sie im dritten Teil unserer Serie.

Service

  • Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und der Bundesverband betriebliches Gesundheitsmanagement (BBGM) unterstützen Sie bei der Suche nach qualifizierten Diagnostik-Dienstleistern. Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf der BDP-Webseite sowie der BBGM-Webseite.
  • Auf der Homepage von COPSOQ finden Sie Informationen zum weltweit für die Diagnostik eingesetzten Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ). Dieser Fragebogen kann branchen- sowie betriebsspezifisch modifiziert und auch in kleinen Teams verwendet werden. Neben psychischen Beschwerden erfasst er durch Fragen zur Arbeitsumgebung auch körperliche Belastungen.
  • Wer sich in die Materie vertiefen möchte, dem sei das folgende Buch empfohlen: Artmann, T.: Betriebliches Gesundheitsmanagement – Neue Erfolgsstrategien für Unternehmen, Haufe-Lexware: Freiburg/Breisgau 2019

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(09):12-12