Verkauf einer geschenkten Immobilie

Was Sie zur Steuerfalle Spekulationsgewinn wissen sollten


Helmut Lehr

Gewinnbringende private Grundstücksverkäufe müssen Sie innerhalb der Spekulationsfrist unter bestimmten Voraussetzungen versteuern. Das gilt auch beim Verkauf von "geschenkten" Objekten. Übernommene Schulden spielen dabei eine besondere Rolle.

Wenn Sie ein Grundstück des Privatvermögens innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb verkaufen, unterliegt der dabei erzielte Gewinn als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung. Unter Umständen allerdings kann dieser Gewinn auch steuerfrei bleiben, sofern Sie das Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben (vgl. AWA 24/2019).

Hinweis: Haben Sie das Grundstück, z.B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, unentgeltlich "erworben", treten Sie insoweit quasi in die Fußstapfen des Rechtsvorgängers (z.B. der Eltern). Das bedeutet: Für die Bestimmung der zehnjährigen Spekulationsfrist und der ursprünglichen Anschaffungskosten kommt es auf die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger an.

Übernommene Schulden als Anschaffungskosten?

Die Bemessung eines etwaigen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns hängt in besonderem Maße davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Art und Weise Sie bestehende (Grund-)Schulden des vormaligen Grundstückseigentümers übernommen haben.

Beispiel

Im Oktober 2015 bekommt Apothekerin Johannsen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein bebautes Grundstück von ihrer Mutter "geschenkt". Der Verkehrswert beträgt zu diesem Zeitpunkt 350.000 €. Johannsen übernimmt zwar die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden, nicht jedoch die den Grundschulden zugrunde liegenden Darlehen, die die Mutter weiterhin bedient – auch weil sie ein lebenslanges Wohnrecht an dem Objekt eingeräumt bekommen hat.

Die Mutter hatte das Grundstück im Juni 2010 für 220.000 € ersteigert. Im September 2019 veräußert Johannsen das Objekt für 420.000 €. Aus dem Verkaufspreis werden die durch die Grundschulden besicherten Darlehen bedient, der Rest verbleibt bei Johannsen. Weil die Zehnjahresfrist (Beginn: Juni 2010) bei der Veräußerung noch nicht abgelaufen war, versteuert das Finanzamt einen Gewinn von 200.000 € (=420.000 € – 220.000 €).

Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt hier ein (voll) unentgeltlicher Erwerb des Objekts durch Johannsen vor, da die Mutter bei der "Schenkung" nicht von denjenigen Verbindlichkeiten freigestellt wurde, die den Grundschulden zugrunde lagen. Deswegen erbringt die Beschenkte keine Gegenleistung im steuerlichen Sinn. Auch die Einräumung des Wohnrechts stellt in diesem Zusammenhang keine Gegenleistung dar – und führt damit nicht zu einem teilentgeltlichen Erwerb.

Das ist insoweit nachteilig, als Johannsen dadurch keine eigenen Anschaffungskosten entstanden sind, die ihren späteren Veräußerungsgewinn gemindert hätten. Der Bundesfinanzhof hat diese Sichtweise leider bestätigt (Urteil vom 03.09.2019, Aktenzeichen: IX R 8/18).

Wie macht man es besser?

Die Versteuerung des "Spekulationsgewinns" wäre natürlich vollständig vermieden worden, wenn Johannsen das Objekt erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist verkauft – also mit der Veräußerung bis Juli 2020 gewartet – hätte. Je nach Lebenssituation ist das aber nicht immer möglich. Deshalb hätte man bereits bei der Übertragung des Objekts im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge versuchen können, den Vorgang zumindest als "teilentgeltlich" auszugestalten. Wie könnte das aussehen?

Abwandlung des Beispiels

Johannsen übernimmt bereits im Zeitpunkt der Übertragung auch das Darlehen in Höhe von 175.000 €. Das führt dazu, dass sie das Objekt zur Hälfte entgeltlich und zur Hälfte unentgeltlich erwirbt, schließlich beträgt der Verkehrswert (im Oktober 2015!) 350.000 €, also das Doppelte der übernommenen Verbindlichkeiten von 175.000 €.

Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn ist nun für den entgeltlich und den unentgeltlich erworbenen Grundstücksteil gesondert zu ermitteln (Tabelle 1). Unterm Strich ergibt sich ein um 65.000 € niedrigerer Veräußerungsgewinn. Daher ist in vergleichbaren Fällen zumindest aus rein steuerlicher Sicht anzuraten, die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten möglichst sofort zu übernehmen – und nicht erst später nach Erhalt eines etwaigen Veräußerungserlöses.

Hinweis: Unabhängig davon sollte Sie in entsprechenden Fällen natürlich (sofern irgendwie möglich) abwarten, bis die Zehnjahresfrist abgelaufen ist, weil die Veräußerung dann insgesamt steuerfrei bleibt. Alternativ ist rechtzeitig vor einer Veräußerung die Selbstnutzung des Objekts in Erwägung zu ziehen (vgl. AWA 24/2019).

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(13):16-16