Wenn Mitarbeiter gleichzeitig Führungskräfte sind

Wie Sie Filialleiter und Co. richtig führen


Korbinian Riepl

Vor allem Ihre Filialleiter sind gleichzeitig Führungskräfte und Mitarbeiter. Das stellt auch Sie als "Oberchef" vor besondere Herausforderungen. Denn wann führen Sie Ihre Führungskräfte ähnlich wie Ihre "normalen" Mitarbeiter? Und wann nicht?

In Apotheken fällt der Begriff "Sandwichposition" insbesondere im Zusammenhang mit Filialleitern. Doch haben Sie auch darüber hinaus Mitarbeiter, die andere Kollegen führen und gleichzeitig Ihnen "unterstellt" sind. Denken Sie etwa an Ihre Chefvertretung während der Urlaubszeit (vgl. auch AWA 8/2017). Oder daran, dass Ihre angestellten Apotheker nach §3 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung z.B. Ihre PTAs bei deren pharmazeutischen Tätigkeiten beaufsichtigen müssen (sofern Sie das nicht selbst tun) und zumindest diesbezüglich weisungsbefugt sind.

Dieser Spagat zwischen Führung und Geführt-Werden kann zu Unklarheiten führen – sowohl bei Ihren Führungskräften als auch bei Ihnen selbst. Wie Sie dem gerecht werden, erfahren Sie im Folgenden. Dabei wollen wir uns auf die Filialleiter konzentrieren – einiges lässt sich aber auf andere Führungskräfte in der Apotheke übertragen.

Filialleiter haben die öffentlich-rechtliche pharmazeutische Verantwortung für "ihre" Filiale. Allerdings können Sie ihnen im Rahmen von individuellen Vereinbarungen weitere Kompetenzen zugestehen (vgl. ausführlich AWA 2/2018). Insofern können Filialleiter von Apotheke zu Apotheke unterschiedliche Führungsbefugnisse haben.

Schritt für Schritt zu mehr Verantwortung

Als Führungskräfte haben Filialleiter mehr Verantwortung und mehr Freiheiten als "normale" Mitarbeiter – nicht zuletzt stehen sie Ihnen gegenüber für den Gesamterfolg der von ihnen geleiteten Filiale gerade. Das kann Filialleiter beflügeln, aber auch Unsicherheit oder gar Überforderung hervorrufen.

Deshalb ist es hilfreich, Filialleiter vor allem anfangs an die Hand zu nehmen, für sie da zu sein und sie insbesondere bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen. So vermitteln Sie ihnen Wertschätzung und geben gleichzeitig Sicherheit.

Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie haben gerade einen neuen Filialleiter eingestellt, und gleich am ersten Tag unterläuft einem Mitarbeiter in "dessen" Apotheke ein schwerer Abgabefehler. Die pharmazeutische Verantwortung trägt in diesem Fall der Filialleiter. Nichtsdestotrotz sollten Sie ihm unter die Arme greifen. Denn es wird ihm nicht leicht fallen, die Situation alleine zu managen.

Hier könnten Sie z.B. das Gespräch mit dem für die Falschabgabe Verantwortlichen zu Dritt in einer wertschätzenden Atmosphäre führen und sich zusammen überlegen, wie sie weiter vorgehen sollten und wie sich entsprechende Fehler zukünftig vermeiden lassen.

Je mehr der Filialleiter lernt und je besser er seine Aufgaben erledigt, desto mehr Verantwortung sollten Sie ihm geben. So entlasten Sie sich einerseits Schritt für Schritt selbst und fördern andererseits seine Selbstständigkeit.

Wenn beispielsweise wieder ein herausforderndes Gespräch mit einem Mitarbeiter ansteht, könnten Sie daran zwar beobachtend teilnehmen, sich aber ansonsten zurückhalten – und dem Filialleiter nach dem Gespräch ein Feedback geben. Ein drittes Gespräch könnten Sie ihn dann komplett allein führen lassen.

Die Selbstständigkeit lässt sich auch dadurch fördern, dass Sie sich regelmäßig mit Ihren Filialleitern treffen und sie fragen, welche Lösungsvorschläge sie für ein im Filialverbund gerade aktuelles Problem mitgebracht haben. Gegebenenfalls können Sie sie dann auch eine konkrete Entscheidung fällen lassen.

Grundsätzlich sollten Sie als Inhaber für Ihre Filialleiter (so gut wie) immer ansprechbar sein und ihnen unterstützend zur Seite stehen. Denn damit helfen Sie ihnen, dem Druck standzuhalten, dem sie manchmal angesichts ihrer vielen und oftmals herausfordernden Aufgaben ausgesetzt sind.

Was Du nicht willst, das man Dir tu'

In der Literatur kennt man verschiedene Führungsstile, so z.B. die autoritären. Hier fällt der Chef alle Entscheidungen selbst, Kritik oder Eigeninitiative der Mitarbeiter sind unerwünscht. Bei kooperativen Führungsstilen hingegen werden Entscheidungen zusammen mit den Mitarbeitern oder durch diese allein getroffen – was in der Regel die Motivation und die Identifikation mit dem Unternehmen steigert. Der Chef gibt dabei Kontrolle ab, erhält jedoch auch Freiheiten, weil er nicht mehr alles allein entscheiden oder kontrollieren muss (vgl. ausführlich AWA 6/2019).

Kein Führungsstil ist richtig oder falsch. Vielmehr kommt es auf die Führungskraft, die Mitarbeiter und die Situation an, welcher Stil sich jeweils am besten eignet. Daher ist es sinnvoll, sich die Fragen zu stellen:

  • "Wie führe ich aktuell?"
  • "Wie möchte ich gerne führen?"
  • "Wie sollen meine Filialleiter ihre Mitarbeiter führen?"

Wenn Sie die Antworten für sich gefunden haben, sollten Sie sie insbesondere an Ihre Filialleiter kommunizieren. Und agieren Sie ihnen gegenüber auch stets so, wie Sie sich wünschen, dass sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Denn für Ihre Filialleiter sind Sie als Apothekeninhaber Vorbild.

Denken Sie noch einmal an unser Abgabefehler-Beispiel: Wenn Sie sich wünschen, dass Ihr Filialleiter entsprechende Gespräche mit seinen Mitarbeitern immer in einer wertschätzenden Atmosphäre führt und kooperativ nach Lösungen sucht, anstatt Fehler anzuprangern, sollten Sie dies genauso mit ihm handhaben, wenn er einen Fehler gemacht hat.

Sie können natürlich auch mit Ihren Filialleitern ein gemeinsames Führungsverständnis erarbeiten. So stellen Sie sicher, dass alle Ihre Führungskräfte hinter dem Konzept stehen. Auch wichtig: Wenn Sie neue Filialleiter auswählen, sollten Sie darauf achten, dass diese ein ähnliches Verständnis von Führung haben wie Sie.

Gemeinsam jedem das Seine

"Gute Arbeit sollte belohnt werden!" Dieses Sprichwort gilt selbstverständlich auch in der Apothekenwelt – wobei Sie die Belohnung natürlich auch hier gerecht verteilen sollten.

Nehmen wir z.B. an, dass eine Filiale im abgelaufenen Geschäftsjahr einen sehr hohen Gewinn erzielt hat. Theoretisch könnten Sie dem Filialleiter dann einen Urlaub in der Karibik bezahlen. Schließlich ist er ja für die Filiale verantwortlich. Wenn Sie aber seine Mitarbeiter außen vor lassen, werden Sie sie damit sehr wahrscheinlich stark demotivieren. Denn oftmals waren sie es, die – allein schon aufgrund ihrer Vielzahl – die meiste Arbeit verrichtet haben.

Hilfreicher ist es deshalb, das gesamte Team (inklusive der Führungskraft) – und damit die Leistung eines jeden einzelnen – zu belohnen. Hier könnten Sie etwa an eine gemeinsame Kanu-Tour, eine Einladung zum Abendessen oder eine angemessene Gehaltserhöhung denken. Dadurch tragen Sie gleichzeitig zu einer guten Teamdynamik bei.

Eine wirksame Belohnung muss übrigens nicht immer Geld kosten: Wertschätzung und Anerkennung vermitteln Sie auch, indem Sie loben – wiederum nicht nur Ihre Filialleiter, sondern alle Mitarbeiter, die für den Erfolg mitverantwortlich sind.

Keine Zeit für Führung ist keine Ausrede

Sich mit Führung auseinanderzusetzen ist aufwendig und kostet Energie. Deshalb hört man in der Praxis oft Sätze wie: "Ich habe so viel zu tun, dass keine Zeit für Führung bleibt!" Doch derartige Ausreden zählen nicht – weder für Ihre Filialleiter noch für Sie selbst. Sie alle sind Führungskräfte, und somit ist Ihre wichtigste Aufgabe nun einmal die Führung – das gilt umso mehr, je mehr Mitarbeiter Sie führen. Deshalb sollten Sie sich alle Zeit dafür nehmen. Auch hier heißt es: Gehen Sie Ihren Filialleitern als Vorbild voran.

Wer sich um seine Mitarbeiter kümmert und ihnen Stück für Stück mehr Verantwortung überträgt, gewinnt, sofern die Mitarbeiter dieser Verantwortung gerecht werden, in vielen Bereichen immer mehr Zeit zurück. Und diese Zeit lässt sich dann wiederum sinnvoll nutzen – nicht zuletzt für gute Führung.

Korbinian Riepl Psychologe (M.Sc.) selbstständiger Trainer, Coach und Eignungsdiagnostiker 97070 Würzburg E-Mail: info@riepl-consulting.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(13):12-12