Zielgruppen ein Gesicht geben

Was es mit Buyer Personas auf sich hat


Andreas Kinzel

Wie definieren Sie eigentlich Ihre Kundenzielgruppen? Abstrakt? Oder nach bestimmten Kriterien? Geben Sie ihren Zielgruppen doch einmal ein emotionales Gesicht, beispielsweise mit dem Konzept der Buyer Personas.

Können Sie alles? Und können Sie alle Kunden zufriedenstellen? Das dürfte wohl eine Gabe sein, die auf nur wenige Apotheken zutrifft. Deshalb ist es nicht nur sinnvoll, Schwerpunkte zu setzen (z.B. im Sortiment und in der Beratung), sondern auch, die gewünschte Zielgruppe zu definieren. Was hier oft fehlt, ist ein konkretes Gesicht.

Dabei haben Sie vermutlich bei jeder Neueinführung, bei jeder Produktschulung und auch bei der routinemäßigen Großhandelsbestellung das Gesicht eines konkreten Kunden vor Augen, der dieses Produkt kaufen könnte. Warum setzen Sie solche Bilder nicht für die Zielgruppendefinition ein? Eine gute Methode dazu ist das Konzept der sogenannten Buyer Personas – oder kurz: Personas.

Wünsche wahr werden lassen

Prinzipiell können Sie Ihre derzeitigen Kunden in Gruppen einteilen, beispielsweise nach

  • Indikationen,
  • soziodemografischen Kriterien (Alter, Geschlecht, Familienstand usw.) oder
  • der Kaufhäufigkeit (Stammkunde, Laufkunde, Neukunde).

So lassen sich Ihre Strategie und Ihr Image auf diese Kunden ausrichten, indem Sie etwa mit entsprechendem Personal aufwarten, Ihre Mitarbeiter überdies spezifisch fortbilden und das passende Sortiment anbieten. Wesentlich dabei ist es, die Kunden individuell anzusprechen. Je nach den Präferenzen der derzeit häufigsten Kundengruppen können Sie in Kittel, Polohemd oder individuell auftreten und die Kunden mit einem lockeren "Hallo", einem förmlicheren "Guten Tag" oder einem regionalen "Grüß Gott" begrüßen.

Soweit also können Sie sich auf die Kunden ausrichten, die sowieso schon in Ihre Apotheke kommen. Aber was ist mit jenen Kunden, die Sie gerne (zusätzlich) in der Apotheke begrüßen würden?

Sicherlich kann sich diese Kundenzielgruppe mit Ihren derzeitigen Kunden decken. Vielleicht aber weist sie doch andere Eigenschaften auf? Fragen Sie sich also, welche Kunden Sie sich besonders in Ihrer Apotheke wünschen! Diese Zielgruppe/n können Sie genau wie Ihre derzeitigen Kundengruppen definieren – und müssen sich anschließend natürlich ebenfalls auf sie ausrichten. Das aber ist einfacher, wenn Sie ihr/ihnen ein konkretes Gesicht geben – eben mit Personas.

Gesichtserkennung ohne Smartphone

Sicherlich haben Sie eine konkrete Vorstellung davon, wie der ideale Kunde aussehen soll – sei es im Hinblick auf nur bestimmte Sortimentsteile oder auf die gesamte Apotheke. Entwerfen Sie auf einem Blatt Papier einen Steckbrief, auf dem alle Eigenschaften dieses Wunschkunden vereint sind – inklusive einem gezeichneten Bild bzw. einem Foto einer Ihnen nicht bekannten Person. Schaffen Sie damit bewusst eine fiktive Person! Diese Person bietet Ihnen konkrete Anhaltspunkte, mit denen Sie Ihr Marketing am Wunschkunden ausrichten können.

Orientieren Sie sich am besten an mehreren tatsächlichen Kunden, die einen Typus repräsentieren, den Sie gerne häufiger in der Apotheke sehen würden. Suchen Sie Gemeinsamkeiten. Legen Sie so die soziodemografischen Charakteristika fest und überlegen Sie dann, welche Bedürfnisse und Erwartungen die Persona hat. Zum Schluss fügen Sie noch Verhaltensweisen hinzu und runden damit das Bild auf emotionaler Ebene ab.

Fragen wir uns doch einmal, wie sich eine konkrete Persona – nennen wir sie Susanne Musterkauf (vgl. Kasten) – verhält, und wie wir sie gezielt ansprechen können: Musterkauf informiert sich kaum über Kundenzeitschriften. Es lohnt sich also nicht, ihr Einleger anzubieten. Durch das gute Haushaltseinkommen spielt der Preis für sie eher eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind ihr ein einwandfreies Image von Marken, zumal sie auf Nachhaltigkeit setzt – was wiederum pflanzliche Arzneimittel aus ökologischem Anbau interessant für sie macht. Da sie ein gleichberechtigtes Familienleben führt, schickt sie auch schon mal ihren Mann in die Apotheke. Und wenn sie selbst vorbeikommt, freut sie sich bei der Begrüßung über ein lockeres "Hallo" und die legeren Polohemden des Personals.

Politiker oder Popstar?

Grundsätzlich sind Personas eine Weiterentwicklung der Zielgruppe, indem man eben einen typischen Vertreter der Zielgruppe konkret "fassbar" macht – und dadurch emotionalisiert. Lassen Sie uns den Unterschied an einem Beispiel festmachen: Madonna und Angela Merkel sind jeweils Frauen über 60, die gut verdienen, im öffentlichen Interesse stehen und beruflich durchaus "voll dabei" sind. Aber würden Sie die beiden daher in derselben Zielgruppe sehen? Vermutlich nicht! Obwohl sie zunächst einmal die gleichen Eigenschaften haben, unterscheiden sie sich doch, sobald man ein konkretes Gesicht vor Augen hat. Und vermutlich würden Sie beide, sofern sie in Ihre Apotheke kämen, unterschiedlich ansprechen!?

Generell kommt es im modernen Einzelhandel auf die Einkaufsatmosphäre an, sie unterscheidet uns schließlich von der Konkurrenz aus dem Internet und auch von anderen Mitbewerbern vor Ort. Was in Sachen Auftreten des Personals, Dekoration sowie Gestaltung von Frei- und Sichtwahl sinnvoll ist, können Sie über Personas evaluieren.

Auch im direkten Kundenkontakt können Personas hilfreich sein. Denn was bei Stammkunden noch einfach erscheint, kann bei einem unbekannten Gegenüber schwierig werden. Steht eine fremde Kundin vor Ihnen, in der Sie Susanne Musterkauf sehen, können Sie sie präziser und persönlicher beraten – eben weil Susanne Musterkauf auch eine gewisse Ähnlichkeit mit einigen tatsächlichen Kunden hat.

Denken Sie allerdings immer daran, dass Personas stets fiktiv und idealisiert sind. Sie machen ideale Kunden menschlich und greifbar. Dabei sollen sie aber auch möglichst viele – wenngleich nicht zu viele – Kunden abbilden. Mit Personas lernen Sie ihre Zielgruppe/n persönlich kennen!

Fazit: Was Sie beachten sollten, wenn Sie Buyer Personas entwerfen

  • Gehen Sie von Käufern und Zielgruppen aus! Entwickeln Sie aus der Käufergruppe die Zielgruppe, und personifizieren Sie diese dann in Form einer Persona. Nur so wird die Persona wirklich greifbar und bleibt keine Fantasie!
  • Bleiben Sie realistisch: Wenn der ideale Zielkunde ausschließlich aus Ihren persönlichen Wünschen resultiert, können Sie ihn nicht ansprechen – weil es ihn nicht gibt!
  • Erstellen Sie nur Personas, die Sie auch tatsächlich (nicht zuletzt räumlich) als Zielgruppe erreichen können! Wohnen die (potenziellen) Kunden z. B. zu weit weg, werden sie auch nicht den Weg auf sich nehmen, um genau in Ihre Apotheke zu kommen.
  • Bleiben Sie bei der Anzahl der Personas maßvoll! Eine Handvoll Personas genügt, sofern Sie sie alle mit Ihren Kernkompetenzen ansprechen können. Ansonsten behalten Sie kaum noch den Überblick, sondern verlieren sich vielmehr in Ihren Personas!
  • Bleiben Sie bei Ihren Kernkompetenzen! Personas dienen zwar dazu, Ihr (Marketing-)Profil zu schärfen. Ihre Kernkompetenzen sind jedoch sicherlich die Beratung, die Rezeptur, die Logistik und der Verkauf von Arzneimitteln!

Literatur

Häusel, H.G., Henzler, H.: Buyer Personas, HaufeLexware: Freiburg i. Br. 2018

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(15):10-10