Nicht außen vor lassen

Welche Versicherungs-Fallstricke bei "ausgelagerten Apothekenwerten" drohen


Michael Jeinsen

Ihnen allen ist klar, dass Ihr "geschäftliches Eigentum" auch außerhalb der Apotheke versichert sein sollte. Aber inwiefern ist es das wirklich? Und worauf sollten Sie bei Ihren Versicherungen besonders achten, wenn es z.B. um die Auslagerung von Waren oder um den Botendienst geht?

Über Ihre Geschäftsinhaltsversicherung sind Ihre Waren und sonstigen Werte (also z.B. Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsgeräte) zunächst am Versicherungsort versichert – also an der Adresse, die konkret in der Police genannt ist. Bei Apothekenwerten hingegen, die sich (auch zeitweilig) nicht in den Apothekenräumlichkeiten befinden, greift die Außenversicherung als Erweiterung der Geschäftsinhaltsversicherung. Hier geht es dann um das "Kleingedruckte" – und das sollten Sie in Bezug auf die individuelle Risikoexposition Ihrer Apotheke besonders prüfen.

Außenwerbung, Apotheken-Container und Co.

Recht einfach ist die Situation, wenn Sie etwas versichern, das sich dauerhaft außerhalb der Apothekenräumlichkeiten befindet. Hier empfiehlt es sich, eine Liste mit allen entsprechenden Werten anzulegen. Übermitteln Sie diese Liste an den Versicherungsmakler, damit er die Police um diese Werte ergänzen kann.

Tipp: Idealerweise sollten Sie die Liste samt Fotos und Kopien der Anschaffungsbelege auch in der Apotheke ablegen, da Sie sie im Schadensfall benötigen.

Zu den dauerhaften "außerhäuslichen" Apothekenwerten gehört u.a. Ihre gesamte Außenwerbung – auch jene, die sich am Haus selbst befindet oder die direkt davor steht. Denn je nach Versicherer werden die Mitversicherungsgrenzen unterschiedlich restriktiv ausgelegt: Einige Versicherer schließen alles pauschal mit ein, andere stören sich schon an einem Stromanschlusskabel.

Bitte denken Sie in Sachen Außenwerbung auch an Fahrradständer, die Parkplatzbeschilderung und gegebenenfalls freistehende Versorgungstechnik, wie z.B. Klimaanlagen, Notstromaggregate oder Teile von Alarmanlagen.

Für Werte, die sich zwar nur vorübergehend, aber doch länger außerhalb der (eigentlichen) Apothekenräumlichkeiten befinden, gilt die Meldepflicht an den Versicherungsmakler analog. Da die "Verlagerung nach außen" oft durch einen Schadensfall ausgelöst wird, weiß der Versicherer allerdings meist schon darüber Bescheid. Nichtsdestotrotz sollten Sie ihn noch einmal proaktiv auffordern, die Police anzupassen. Beispiele wären:

  • Ein Umzug in einen Apotheken-Container wegen Sanierungsarbeiten oder ein Umzug in höher gelegene Räumlichkeiten wegen drohenden Hochwassers.
  • Die Auslagerung von größeren Mengen an Desinfektionsmitteln oder Chemikalien, z.B. wegen Platzmangels und/oder Feuergefahr.

Ist all dies gemeldet und dokumentiert, besteht der volle Versicherungsschutz – vorausgesetzt, dass die Schadenssumme die versicherte Summe nicht übersteigt. Daher sollten Sie die versicherte Summe jährlich überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Nicht vergessen: Anzeigen müssen Sie dem Versicherer auch alle Tatbestände, die den unbefugten Zugang zur Apotheke erleichtern, wie z.B. zeitweilig errichtete Baugerüste. Außerdem ist es meldepflichtig, wenn Sie die Apothekenräume wegen Umzugs oder auf Weisung von Pharmazieräten bzw. Amtsapothekern für einige Zeit nicht nutzen können.

Problemfall Lieferungen

Schwieriger verhält es sich bei allem, was sich nicht (zumindest vorübergehend) fest an einem Ort außerhalb der Apotheke befindet. Ein kritischer Fall ist die Absicherung von Arzneimitteln im Rahmen des Botendienstes. Da sie nicht Teil der Kfz-Versicherung ist, sollte auch hier die Außenversicherung der Apotheke greifen.

Die Krux: In den Standardverträgen findet sich regelhaft die Klausel, dass nur diejenigen "außerhäuslichen" Waren und Werte versichert sind, die sich "vorübergehend, längstens drei Monate" außerhalb befinden. Für Apotheken ist das ungeeignet, weil Medikamentenlieferungen gar nicht zurückkommen sollen. Somit besteht de jure auch kein Versicherungsschutz. Das sollte Ihr Versicherungsmakler ändern und auf jeden Fall auszuliefernde Waren in die Police aufnehmen – vor allem Arzneimittel sowie weitere Produkte mit Gesundheitsbezug.

Ist das geschehen, greift die Außenversicherung – zumindest in bestimmten Fällen. So sind Raub sowie ein Autoeinbruch "unterwegs" immer und ein Trickdiebstahl manchmal mitversichert. Bei Transportschäden an temperatursensiblen oder gar kühlkettengebundenen Medikamenten indes kommt es stets auf die konkreten Schadensumstände an. Wenn (nur auf den materiellen Schaden bezogen) ein Arzneimittel z.B. unterwegs im aufgeheizten Auto zu warm wird, tritt die Versicherung nicht ein, ebenso wenn Ware verloren geht oder der Bote sie am falschen Ort ausliefert.

Achtung: Wenn unterwegs Rezepte abhandenkommen, handelt es sich obendrein um einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO).

Ein weiterer Knackpunkt bei Lieferungen ist wiederum die versicherte Schadenssumme, die Sie auch diesbezüglich jährlich prüfen sollten. Am besten vergleichen Sie sie mit den realen "Spitzenwerten", die Ihre Fahrer mitnehmen. Bei größeren Liefertouren und insbesondere bei Heimbelieferungen können fünfstellige Summen unterwegs sein. Deshalb sollte vorsichtshalber ein Wert von 100.000 € abgesichert sein.

Alternativ zur Außenversicherung gibt es Apotheken-Spezialpolicen, die Lieferfahrten als branchentypisches Risiko umfassend mitversichern – einige sogar im Privat-Pkw von Mitarbeitern.

Doch Apotheken, deren Mitarbeiter auch mit ihren Privat-Pkws ausliefern, tragen noch ein weiteres, gänzlich anderes Risiko. Sobald die Mitarbeiter "nur mal eben" auf dem Heimweg Medikamente mitnehmen, gilt die gesamte Fahrt als Dienstreise. Rechtlich haften damit Sie als Inhaber! Dieses durchaus häufige Risiko können Sie durch eine spezielle Dienstreise-Kasko für Apotheken lösen, die im Schadensfall den Betriebsfrieden wirksam schützt.

Übrigens: Falls Sie eine Versandhandelserlaubnis besitzen, sollten Sie dabei natürlich an die nach §11a Apothekengesetz nötige Transportversicherung denken.

Apothekengeräte on tour

Ob Smartphones für die Botendienstfahrer oder Apotheken-Laptops bzw. "Weiterbildungs-Tablets" für die Mitarbeiter daheim: Mobile Elektronik kommt auch in Apotheken überall zum Einsatz. Ein Spezialfall sind zudem Nahinfrarot (NIR)-Spektrometer, die aufgrund der hohen Investitionskosten oft in mehreren Apotheken eingesetzt werden. Was ökonomisch clever ist, wird versicherungstechnisch heikel – nämlich dann, wenn das Gerät auf dem Transportweg oder bei einem "Mitnutzer" beschädigt wird oder abhandenkommt. In diesem Fall greift die eigene Police nicht, weil das Gerät im Schadensmoment nicht am Versicherungsort war.

Deshalb sollte mobile Elektronik auch gegen Verlust und Fehlbedienung an anderen Orten sowie gegen Transportschäden abgesichert sein. Beim gemeinsam genutzten NIR-Spektrometer sind dazu die anderen Nutzeradressen als weitere Versicherungsorte anzugeben. Zur Vereinfachung bieten einige Policen spezielle Module für das NIR-Spektrometer-Sharing an, die das Risiko bei jedem legitimen Nutzer voll versichern.

Sie sehen: Das Terrain der Außenversicherung ist vermint. Daher sollten Sie es von einem spezialisierten Versicherungsmakler absichern lassen, der Ihnen gegenüber für die Vollständigkeit haftet. Nur so sind die vielen Fallstricke ungefährlich für Sie.

Exkurs: Wenn Dritte zu Schaden kommen

Abhängig von der konkreten Situation können unterschiedliche Versicherungen für die Regulierung eines Schadens zuständig sein. Eindeutig ist die Sachlage, wenn Dritte einen Schaden erleiden. Denn dann ist grundsätzlich die Betriebshaftpflicht zuständig.

Für Apotheken besonders relevant sind natürlich Personenschäden durch Arzneimittel. Hier kommt es auf den Tag und den Ort der Einnahme an. Darum sollten Ihre Haftpflicht- und auch Ihre Rechtsschutzversicherung auf internationales Schadensrecht abgestellt sein. Denn ein entsprechender Fall könnte z. B. in den USA verhandelt werden. Außerdem sollten Sie eine hinreichend lange Nachhaftungszeit vereinbaren, da Personenschäden bis zu 30 Jahre lang angezeigt werden können.

Michael Jeinsen, Diplom-Politologe und -Pädagoge, zertifizierter Berater Heilwesen (IHK), IHK-Dozent für Maklerfortbildung, 12209 Berlin, E-Mail: berlin@die-ApothekerHelfer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(15):8-8