Der Mensch hinter der (Kunden-)Maske

Wie die (non-)verbale Kommunikation gelingt


Carolin Skiba

Die Maskenpflicht ist mit Blick auf den Infektionsschutz natürlich sinnvoll. Im Beratungsgespräch erschwert sie es jedoch, die Mimik des Kunden richtig zu deuten – zumal die Maske auch noch so manche Nuance von Tonfall und Stimme verschluckt. Was tun?

Leider erschwert es uns die Maske ganz erheblich, die Mimik unserer Mitmenschen zu lesen, da sie außer den Augen und der Stirn den gesamten Rest des Gesichts bedeckt. Auch dämpft sie die Sprache und verkompliziert es damit teils beträchtlich, das Gesprochene zu verstehen.

Wie Sie eine Beziehung mit dem Kunden aufbauen

Das ist natürlich insbesondere bei der Beratung nachteilig, wo sensible, persönliche Gesundheitsinformationen ausgetauscht werden. Die Gespräche am Handverkaufs (HV)-Tisch erfordern schon ohne Maske viel Feingefühl und Menschenkenntnis. Mit Maske stößt aber sogar sehr erfahrenes Personal an seine Grenzen. Deswegen geben wir Ihnen zunächst einige Tipps, wie Sie trotz Maske die bestmögliche Basis mit Ihren Kunden schaffen.

1. Nehmen Sie Blickkontakt auf

Das Wichtigste, um überhaupt einen Kontakt aufzubauen: Schauen Sie den Kunden an! So fühlt er sich wahrgenommen und willkommen. Schauen Sie dabei nicht auf die Maske, sondern in die Augen Ihres Kunden. Starren Sie aber nicht, sondern versuchen Sie, einen natürlichen, freundlichen Blickkontakt aufzubauen und zu halten.

2. Signalisieren Sie Offenheit

Achten Sie auf eine offene Körperhaltung: Verschränken Sie die Arme nicht vor der Brust, klammern Sie sich nicht am HV-Tisch fest, und weichen Sie nicht zurück, wenn Sie den Kunden begrüßen. Stehen Sie locker und entspannt, denn das überträgt sich auch auf den Kunden.

3. Lächeln Sie

Lächeln Sie – auch wenn man Ihren Mund nicht sieht. Ein echtes, ehrliches Lächeln mit dem Mund strahlt nämlich bis zu den Augen, wo es sich an kleinen Lachfältchen zeigt. Außerdem macht ein Lächeln Ihre gesamte Körperhaltung zugewandter, offener und positiver. Ein weiterer Effekt: Wenn ein Kunde Sie lächeln sieht bzw. Ihr Lächeln spürt, strahlt das auf ihn zurück – Spiegelneuronen im Gehirn regen ihn an, ebenfalls zu lächeln. Außerdem schüttet er Endorphine aus. Und das alles lockert die Atmosphäre spürbar auf.

4. Gestikulieren Sie bewusster

Gewöhnen Sie sich an, beim Sprechen bewusster mit den Händen zu gestikulieren, um das, was Sie sagen, zu untermalen. Auf diese Weise fügen Sie der Mimik als dem Kommunikationskanal, der sich beim Sprechen nahezu automatisch ergibt (aber eben weitgehend hinter der Maske verborgen bleibt), einen deutlich sichtbaren Kanal hinzu.

Außerdem können Sie Gesten nutzen, um bildhaft zu "sprechen", indem Sie z.B. Ironie mit "händischen Gänsefüßchen" andeuten oder sich leicht vorbeugen, sobald es um vertrauliche bzw. schambesetzte Themen geht.

5. Ermutigen Sie den Kunden, deutlicher zu sprechen

Es gibt drei Möglichkeiten, den Kunden zu animieren, durch die Maske hindurch lauter und deutlicher zu sprechen.

  • Die erste nutzen Sie in vielen Fällen ganz automatisch: Wenn Sie selbst etwas lauter und deutlicher als sonst sprechen, bewirkt das oft, dass auch Ihr Kunde lauter und deutlicher spricht.
  • Zeigt das keinen Erfolg, können Sie den Kopf etwas näher zum Kunden hin bewegen und leicht drehen – so als würden Sie mit einem Ohr versuchen, besser zu hören.
  • Funktioniert auch das nicht, können Sie den Kunden direkt darauf aufmerksam machen, dass Sie manches wegen der Maske nicht so gut verstehen, und ihn daher bitten, etwas lauter zu sprechen.

Tipp: Machen Sie ruhig auch mal ein Kompliment, wenn z.B. jemand eine besonders originelle Maske trägt. Das kann die Situation ebenfalls auflockern. Gleiches gilt für Masken, die Sie extra für Ihr Team anfertigen lassen – z.B. mit einem lächelnden Gesicht und dem Logo Ihrer Apotheke.

Wie Sie den Kunden richtig interpretieren

Wenn Sie auf diese Weise bereits alles tun, damit man sich bei Ihnen gut aufgehoben fühlt, ist das schon die halbe Miete. Aber wie können Sie das Verhalten des Kunden trotz Maske richtig interpretieren? Auch hierzu einige Tipps.

1. Nehmen Sie sich Zeit

Im Gespräch hören wir einerseits, was unser Gegenüber sagt. Andererseits aber lesen wir ihm auch Teile von den Lippen ab – was beim Tragen der Maske wegfällt. Daher braucht unser Gehirn etwas länger, um das Gehörte zu verstehen. Nehmen Sie sich diese Zeit! Lassen Sie das Gehörte nachklingen und überlegen Sie, was Sie verstanden haben – und wo Sie noch weitere Informationen brauchen. Fragen Sie gezielt nach: "Ich habe Ihren letzten Satz leider nicht ganz verstanden. Was meinten Sie mit ...?" oder "Wie lange, sagten Sie, haben Sie die Beschwerden bereits?" Fassen Sie im Zweifelsfall noch einmal zusammen, was der Kunde braucht: "Sie hätten gerne ... gegen ..., habe ich Sie da richtig verstanden?"

2. Achten Sie auf die sichtbare Mimik

Neben der Mundpartie hält auch der Rest des Gesichts so einige Informationen parat: Schlägt der Kunde z.B. die Augen nieder oder kehrt den Blick nach innen, ist ihm ein Thema möglicherweise peinlich. Das erkennt man übrigens häufig auch daran, dass die Stimme etwas leiser wird. In solchen Fällen sollten Sie besonders sensibel darauf achten, Ihre Stimme ebenfalls etwas zu senken, um Diskretion zu wahren.

Runzelt der Kunde die Stirn, kann das darauf hindeuten, dass er etwas entweder nicht verstanden hat oder dass ihn eine bestimmte Information überrascht. Fragen Sie hier einfach gezielt nach, welche Informationen der Kunde noch benötigt oder ob ihn etwas verunsichert.

Sehr nützlich für die Interpretation der eingeschränkt sichtbaren Mimik sind die Erkenntnisse des Psychologen Paul Ekman. Mit seinem "Facial Action Coding System" (FACS) lassen sich Gesichtsausdrücke beschreiben und als Emotionen entschlüsseln. Die Mund-Nasen-Partie erweist sich dabei nur als die Hälfte der Wahrheit – mindestens genauso viel lässt sich ablesen, wenn die untere Gesichtshälfte bedeckt ist (vgl. Service-Kasten).

3. Nutzen Sie die Körpersprache als Informationsquelle

Auch die Körpersprache des Kunden kann Ihnen jede Menge Informationen liefern. Zieht er z.B. die Schultern hoch, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass ihm ein Thema unangenehm ist. Verschränkte Arme signalisieren möglicherweise Ablehnung, und ein Kratzen am Kopf oder an der Stirn Unverständnis. Tritt der Kunde unruhig von einem Bein auf das andere oder blickt zur Tür, können das Anzeichen für Ungeduld sein. Schaut der Kunde nervös nach hinten in die Warteschlange, fühlt er sich eventuell bedrängt oder in seiner Privatsphäre gestört. Bieten Sie ihm dann an, die Beratung ungestört in einem Nebenraum oder in einer Sitzecke fortzusetzen, und bitten Sie einen Kollegen, sich um die Wartenden zu kümmern.

Verlassen Sie sich ruhig auch auf das Gefühl, das im Rahmen der Interaktion bei Ihnen ankommt, und gehen Sie darauf ein. Vertrauen Sie hier Ihrer Erfahrung aus Vor-Corona-Zeiten: Sie wissen z.B., welche Themen heikel sind oder wo es häufig zu Einnahmeproblemen kommen kann – ob mit oder ohne Maske! Geben Sie lieber eine Information zu viel heraus, als den Kunden im Regen stehen zu lassen, weil Sie seine Mimik nicht deuten können.

Paul Ekman hat übrigens ebenfalls herausgefunden, dass eine einzelne Geste noch nicht aussagekräftig ist, sondern dass es immer auch auf den Kontext ankommt. Den Kontext kennen Sie aufgrund Ihrer Erfahrung am HV-Tisch aus dem Effeff. Lassen Sie sich also nicht durch die Maske irritieren, sondern verlassen Sie sich auf das, was Sie können und wissen! Denn letztlich zählt nicht die Maske im Gesicht, sondern der Mensch hinter der Maske – und zwar auf beiden Seiten des HV-Tisches!

Service

Welche Emotionen aus welchen Gesichsregungen resultieren, können Sie sich z.B. auf dem Blog "Facial Action Coding System" (FACS) anschauen.

Carolin Skiba, Gesundheitspsychologin (M. Sc.), Personalleitung & Projektmanagement, Gesellschaft für Weiterbildung mbH 70191 Stuttgart, E-Mail: carolin.skiba@study-train.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(20):10-10