Goldige Zeiten

Xetra-Gold bleibt "steuerfrei"


Helmut Lehr

Nach dem Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 sollte es bestimmten Gold-Inhaberschuldverschreibungen steuerlich an den Kragen gehen. Die Besteuerung als Kapitaleinkünfte ist jetzt aber erst einmal vom Tisch.

Wenn Sie physisches Gold als Kapitalanlage erwerben und mindestens ein Jahr lang behalten, können Sie die bei einer späteren Veräußerung erzielten Gewinne steuerfrei vereinnahmen. Verkaufen Sie allerdings innerhalb der Jahresfrist, wird gegebenenfalls "Spekulationssteuer" fällig, falls Sie die Freigrenze von 600 € übersteigen (vgl. AWA 21/2015).

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung hat der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit mehrfach bestätigt, dass auch eine bestimmte Gold-Inhaberschuldverschreibung – das sogenannte Xetra-Gold – steuerlich wie physisches Gold zu behandeln ist und damit ebenfalls Spekulationssteuer auslösen kann. Ein Konkurrenzprodukt von Xetra-Gold ist übrigens Euwax Gold II.

Hinweis: Allerdings ist die bloße Einlösung der Inhaberschuldverschreibung gegen eine Auslieferung des Goldes noch keine entgeltliche Veräußerung. Ein privates Veräußerungsgeschäft läge nur dann vor, wenn das Wertpapier innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist über die Börse veräußert würde (vgl. AWA 15/2018).

Besteuerung als Kapitaleinkünfte?

Offenbar will man sich im Bundesfinanzministerium nicht so recht mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs anfreunden und Gold-Inhaberschuldverschreibungen, die einen Anspruch auf die Auszahlung von physischem Gold verbriefen, gerne als Kapitaleinkünfte versteuern. Gewinne wären dann also auch nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerpflichtig, und es würde Kapitalertragsteuer einbehalten. Eine entsprechende Gesetzesänderung sah zumindest der erste Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 vor.

Betrachtet man allerdings den aktuellen Regierungsentwurf vom 2. September 2020 genauer, fällt auf, dass die geplante Gesetzesänderung still und leise entfallen ist. Laut einer Online-Meldung des "Manager Magazins" ist der "Vorstoß des Bundesfinanzministers" nämlich am Widerstand von CDU und CSU gescheitert. Kritik kam auch von den Börsenbetreibern und unabhängigen Vermögensverwaltern.

Hinweis: Aktuell ist nicht zu erwarten, dass die Gesetzesänderung in den bevorstehenden weiteren Beratungen nochmals auf den Tisch kommt. Vorschnelle Verkäufe sind deshalb aus steuerlicher Sicht zunächst nicht mehr indiziert. Weil sich die Finanzverwaltung zu der Besteuerungsthematik bislang allerdings vornehm zurückhält, müssen Sie gegebenenfalls einzelne Finanzämter gezielt darauf hinweisen, dass Xetra-Gold nach Ablauf der Spekulationsfrist nach wie vor nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führt.

Ausblick: Die Erfahrung zeigt, dass früher oder später ein erneuter Anlauf gestartet werden könnte, das Gesetz zugunsten des Fiskus zu ändern. Schließlich stecken aktuellen Berichten zufolge mehr als 12 Mrd. € Anlegergeld in den zur Debatte stehenden Gold-Inhaberschuldverschreibungen. Sie sollten daher die Entwicklung aufmerksam verfolgen, sodass Sie im Fall der Fälle noch Zeit haben, einen möglichst günstigen Veräußerungszeitpunkt zu finden bzw. die Auslieferung des Goldes zu verlangen.

Und andere "Gold-Anlagen"?

Die steuergünstige Behandlung des Xetra-Goldes gilt natürlich nicht automatisch für andere "Gold-Anlagen". Investieren Sie nämlich in "Gold-Wertpapiere", die keinen Auslieferungsanspruch verbriefen, erzielen Sie regelmäßige Kapitaleinkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Dann spielt auch die Besitzdauer im Allgemeinen keine Rolle.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(20):18-18