Damit Potenzpillen und Co. nicht geschäftsschädigend wirken

Wie Sie Diskretion gewährleisten


Karin Wahl

Diskretion in der Apotheke hat viele Facetten. Nicht nur sind die Patienten so zu beraten, dass niemand von ihren Erkrankungen und Medikationen erfährt. Auch die Mitarbeiter dürfen vom Chef Diskretion gegenüber Kollegen und Kunden erwarten. Worauf müssen Sie achten?

Menschen sind einfach mitteilsame Geschöpfe – und gerade wenn sie hoch und heilig versprechen, etwas für sich zu behalten, ist das bereits nach kurzer Zeit vergessen. Dabei ist das Thema "Diskretion" insbesondere für unseren Berufsstand immens wichtig.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Indiskretion fängt schon damit an, dass man Dinge ausplaudert, die vertraulich sind und es auch bleiben müssen. Stellen Sie sich beispielsweise vor, ein Mitarbeiter wird ungewollt Zeuge eines Telefongesprächs, das Sie mit einem Geschäftspartner führen und dessen Inhalte nicht an die Belegschaft gelangen sollten.

Um das zu gewährleisten, müssen Sie dafür sorgen, dass jeder Arbeitsvertrag in der Apotheke eine Verschwiegenheitsklausel enthält. Diese Klausel muss detailliert formuliert sein, und auch die Konsequenzen – bis hin zu einer Kündigung bei Nichteinhaltung – sollten klar daraus hervorgehen.

Tipp: Überprüfen Sie Ihre Arbeitsverträge. Enthält ein Vertrag keine Verschwiegenheitsklausel, sollten Sie den Mitarbeiter eine Extra-Erklärung unterschreiben lassen.

Ein Problem: Im Laufe der Zeit vergessen manche Mitarbeiter, dass sie solch eine Klausel mal unterzeichnet haben. Es lohnt sich also, das ganze Team gelegentlich daran zu erinnern, dass Verschwiegenheit eine grundlegende Pflicht ist!

"Wer hat denn die Windeln vom Herrn Müller gesehen?"

Das komplette Apothekenpersonal unterliegt der Schweigepflicht. Das gilt nicht nur für Apotheker und PTA, die als Heilberufler in direktem Patientenkontakt stehen. Wird die Diskretion gegenüber den Kunden nicht eingehalten, und wird das auch noch publik, sind – neben den rechtlichen Folgen – Umsatzverluste quasi vorprogrammiert. Daher zählt es zu einer Ihrer größten Chefaufgaben, den Kunden 100%ige Diskretion zu garantieren.

Allerdings trauen manche Patienten trotz der Schweigepflicht sogar ihrer Stammapotheke nicht, sondern suchen stattdessen in speziellen Situationen verschiedene andere Apotheken auf. Der Grund: Sie wollen nicht, dass ihre Nachbarn erfahren, welche Krankheiten sie haben bzw. welche Präparate sie einnehmen oder nutzen. Dazu gehören z.B. Arzneimittel gegen Epilepsie, gegen Geschlechtskrankheiten oder auch Substitutionspräparate bei Junkies auf Entzug. Zu denken ist auch an Teenager mit Pillenrezepten und an die Kunden, denen es peinlich ist, Kondome oder Inkontinenzartikel zu kaufen.

Nun weiß jeder von uns, dass es einen Interaktions-Check ad absurdum führt, wenn ein Patient den Großteil seiner Medikamente in der Stammapotheke bezieht, aber für Viagra® und Co. die Konkurrenz aufsucht. Was also können Sie tun, um die Kunden davon zu überzeugen, dass bei Ihnen großer Wert auf Diskretion gelegt wird – und daher bestimmt nichts nach außen dringt?

Eine erste Option: Sorgen Sie dafür, dass der räumliche Abstand zwischen den Bedienerplätzen groß genug ist. Das nämlich hat sich nicht nur bei Corona bewährt, sondern auch, um für die notwendige Diskretion im Kundengespräch zu sorgen.

Immer jedoch reicht Abstand alleine nicht aus. In diesen Fällen sollten Sie sich in Ihren Beratungsraum zurückziehen. Dieser ist ideal für alle Gespräche, die den Kunden peinlich sind – und bietet sich z.B. auch grundsätzlich für die Beratung von schwerhörigen Patienten an.

Übrigens: Die Diskretion ist einer der Gründe, aus denen sich die Versandapotheken so schnell bei den Patienten etabliert haben. Wer bei ihnen bestellt, kann sich ziemlich sicher sein, dass zumindest in seiner unmittelbaren Nachbarschaft die Anonymität gewahrt bleibt. Denn schließlich weiß auch der Postbote nicht, was im Päckchen ist.

Kaffeeklatsch mit Beigeschmack

Besonders in "Tote-Hosen-Zeiten" führen die Mitarbeiter gerne bei einer Tasse Kaffee Small Talk – Klatsch und Tratsch nach dem Motto: "Wusstest Du schon, dass Kollegin Lebensfroh einen neuen Freund hat?" Solche Informationen werden gerne bei einem Zwist aufgegriffen und können dann das Betriebsklima vergiften. Wenn Sie als Chef Wind davon bekommen, sollten Sie derartige Unterhaltungen daher sofort unterbinden. Gehen Sie zudem immer mit gutem Beispiel voran – und breiten Sie nicht Ihr eigenes Privatleben vor den Mitarbeitern aus!

Zur Diskretion gehört auch, dass sich die Teammitglieder untereinander nicht beim Chef anschwärzen. Denn auch das schadet dem Miteinander. Vielmehr sollten Ihnen betroffene Mitarbeiter "Wissenswertes" immer selbst mitteilen. Erreichen können Sie das, indem Sie konstruktiv mit Fehlern umgehen. Dadurch schaffen Sie zusätzlich Raum für neue Ideen, weil diese dann auch geäußert werden, wenn sie scheitern könnten.

Sich an die eigene Nase fassen

In gleicher Weise müssen natürlich auch Sie selbst Diskretion wahren: Es ist ein No-Go, ein Teammitglied vor allen Kollegen herunterzuputzen. Wenn Sie also einen Mitarbeiter maßregeln müssen, sollten Sie das entweder bei geschlossener Tür und nicht zu laut im Chefbüro oder – in ganz schwierigen Situationen – auch mal außer Haus tun. Denn so stellen Sie den Mitarbeiter nicht vor versammelter Mannschaft bloß, sondern geben ihm vielmehr die Möglichkeit, sich zu rechtfertigen – und zollen ihm trotz aller Kritik den notwendigen Respekt.

Hin und wieder kommt es auch vor, dass Chefs gegenüber den Kunden Witze oder abfällige Bemerkungen über die eigenen Mitarbeiter machen – sei es, weil letztere neu und unerfahren sind, oder sei es, weil sie vielleicht ein paar Kilo zu viel auf die Waage bringen. Es versteht sich von selbst, dass man hierauf auf jeden Fall verzichten sollte. Gleiches gilt natürlich auch für Lästereien des Chefs über Mitarbeiter gegenüber der restlichen Belegschaft.

Ganz heikel kann es sein, wenn Sie einen neuen Mitarbeiter einstellen. Da Arbeitszeugnisse Negatives (selbst Diebstähle!) in der Regel allenfalls verklausuliert enthalten, greifen manche Chefs schon mal zum Hörer, um sich beim vormaligen Arbeitgeber Informationen über einen Bewerber zu holen. Die Ex-Arbeitgeber treten dann hin und wieder gerne nach und verleumden ihre ehemaligen Mitarbeiter – gerade wenn sie nicht ins Zeugnis schreiben durften, was sie gerne geschrieben hätten. Das allerdings ist strafbar – und kommt auf die eine oder andere Art später doch heraus.

Tipp: Wer wissen will, ob ein Bewerber wirklich gewissenhaft arbeitet und in die Apotheke passt, sollte eine – natürlich vergütete – Probezeit von mehr als einem Tag vereinbaren. Die Entscheidung für oder gegen den Kandidaten wird dann am besten gemeinsam mit dem Team gefällt.

Sonderfall Datenklau

Die Digitalisierung macht es noch leichter, Informationen weiterzuleiten – ein einziger Knopfdruck genügt zumeist. Vor allem wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht friedlich trennen, erlebt man es leider schon einmal, dass eine Kundendatei oder die Betriebskennzahlen auf einen Stick gezogen und anschließend verbreitet werden. Auch in Apotheken kommen solche Vorfälle immer häufiger vor.

Daher ist es wichtig, dass Sie nicht jedem Mitarbeiter Zugriff auf alle Daten gewähren und dementsprechend einzelne "Betriebssphären" mit individuellen Passwörtern absichern.

Falls Sie einen Mitarbeiter tatsächlich beim Datenklau erwischen sollten, heißt es: Sofortige Kündigung! Lassen Sie die Person nicht aus dem Auge, bis sie ihre Siebensachen gepackt und die Apotheke verlassen hat. Ändern Sie außerdem sofort alle Passwörter!

Service

Die Industrie- und Handelskammern (IHK) bieten zum Thema "vertrauliche Informationen im Beruf" schon seit Jahren Informationsveranstaltungen und -broschüren an. Erkundigen Sie sich dazu bei Ihrer lokalen Niederlassung.

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Beraterin im Gesundheitswesen, 70195 Stuttgart, E-Mail: karinruthwahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(21):10-10