Gutscheine für hochpreisige Waren

Lässt sich so die niedrige Umsatzsteuer retten?


Helmut Lehr

Die Wiederanhebung der Umsatzsteuer zum Jahreswechsel rückt näher. Wenn Sie allerdings rechtzeitig einen sogenannten Einzweckgutschein kaufen, könnten Sie sich den 3%igen Steuervorteil über 2020 hinaus sichern – z.B. für teure private Anschaffungen.

Beim Verkauf von Warengutscheinen wird umsatzsteuerlich seit einiger Zeit zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen unterschieden (vgl. AWA 24/2018 sowie §3 Abs. 13–15 Umsatzsteuergesetz). Das bedeutet:

  • Stehen Steuersatz und Ort der Leistung, für die der Gutschein verwendet werden kann, bereits bei dessen Ausgabe eindeutig fest, handelt es sich um einen Einzweckgutschein.
  • Lässt sich der Gutschein für verschiedenartige Leistungen verwenden, die auch unterschiedlich besteuert werden können, liegt ein Mehrzweckgutschein vor.

Umsatzsteuerlich unterscheiden sich beide Varianten völlig voneinander: Der Verkauf eines Einzweckgutscheins gilt als unmittelbare Lieferung bzw. Erbringung dessen, worauf sich der Gutschein bezieht (Gegenstand oder Leistung). Die Umsatzsteuer entsteht sofort. Wird der Gutschein anschließend eingelöst, passiert umsatzsteuerlich nichts mehr. Beim Verkauf eines Mehrzweckgutscheins hingegen ist die Umsatzsteuer erst dann zu entrichten.

Besondere Gestaltungsmöglichkeit

Dieser Unterschied führt im Hinblick auf den bevorstehenden Jahreswechsel – zumindest in der Theorie – zu einer besonderen Gestaltungsmöglichkeit: Ist absehbar, dass die Ware 2020 nicht mehr ausgeliefert werden kann und deshalb 2021 19% Umsatzsteuer auslösen würde (maßgebend ist nämlich das Lieferdatum), könnte der Händler seinem Kunden noch im alten Jahr einen Einzweckgutschein zum Steuersatz von 16% verkaufen, der zum Bezug der Ware im neuen Jahr berechtigen würde.

Hinweis: Diese Gestaltung ergibt natürlich nur dann Sinn, wenn der Erwerber nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt ist – sie bietet sich also insbesondere für private Anschaffungen an.

Beispiel: Apothekerin Görlich möchte Ende November 2020 privat einen neuen Sportwagen für 150.000 € netto bestellen. Laut Händler kann der Wagen erst Anfang März 2021 geliefert werden. Der Händler verkauft Görlich daher einen Einzweckgutschein über den Sportwagen. Görlich bezahlt sofort und lässt sich die Zahlung durch eine Bürgschaft absichern. Hierdurch könnte sie immerhin 4.500 € (=150.000 €⋅3%) sparen.

Finanzverwaltung macht jetzt Probleme

Nach einem brandaktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums soll diese Gestaltung allerdings nicht funktionieren, wenn

  • der Gutschein auf die verbindliche Bestellung eines individualisierten Gegenstands (wie z.B. eines Fahrzeugs) bezogen ist, den der Gutschein-Empfänger auch abnehmen muss, und
  • der Händler einen späteren Umtausch, eine Barauszahlung oder eine Übertragung des Gutscheins auf einen anderen ausschließt (Schreiben vom 04.11.2020, Aktenzeichen: III C 2 – S 7030/20/10009 :016).

In solchen Fällen liegt nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums lediglich eine Anzahlung im alten Jahr zum Steuersatz von 16% vor, die bei der Auslieferung im neuen Jahr mit 19% zu versteuern ist.

Hinweis: Ob diese Auffassung vor den Gerichten Bestand hat, bleibt abzuwarten.

Wer sich auf solch eine Gestaltung einlässt, sollte natürlich möglichst dafür sorgen, dass die von der Finanzverwaltung genannten Anforderungen (also die Möglichkeiten zum Umtausch, zur Barauszahlung und zur Übertragung) erfüllt werden.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(22):18-18