Abstandsregeln, Diskretion und Kundenwohl

Wie Sie Corona baulich entgegentreten können


Michael Jeinsen

Durch die Corona-Pandemie haben Sie alle insbesondere Ihre Offizin vorgabengerecht aufrüsten müssen. Viele Lösungen sind Provisorien – und eventuell auch ein Anlass, um grundsätzliche und möglichst nachhaltige Optimierungen anzugehen. Welche Optionen gibt es?

Desinfektionsmittel für Mitarbeiter und Kunden, Einmalhandtücher, Schutzmasken und Kunststoffscheiben im Handverkauf (HV) sowie ein überschneidungsfreier Schichtbetrieb: Sie selbst wissen am besten, vor welche neuen Herausforderungen Corona Sie gestellt hat. Das Resultat sind viele kreative Lösungen in den Offizinen, die allerdings nicht immer ansehnlich daherkommen.

Nicht zuletzt deswegen – und auch, weil uns Corona wohl noch etwas länger beschäftigen wird – stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Sie die Situation nicht nutzen wollen, um einige generelle (bauliche) Optimierungen vorzunehmen. Denn wenn Sie ohne Druck von außen vorausschauend planen, haben Sie die Möglichkeit, nicht nur verbesserte hygienische Rahmenbedingungen zu schaffen, sondern u.a. auch Ihre Arbeitsabläufe, die Diskretion sowie die Kunden- und die Mitarbeiterzufriedenheit zu berücksichtigen.

Bei Wind und Wetter vor der Apotheke warten?

Erste Optimierungen lassen sich schon vor der Eingangstür realisieren. Aktuell ist die Zahl der Kunden, die sich zeitgleich in der Offizin aufhalten dürfen, aufgrund der Abstandsregeln beschränkt. Warteschlangen vor der Tür sind daher eher die Regel als eine Ausnahme. Nun ist das Warten im Freien bei Wind und Wetter aber natürlich für Patienten "kontraproduktiv" und auch für alle anderen Kunden nicht angenehm. Insofern haben einige von Ihnen in den vergangenen Monaten bereits Regenschirme verteilt oder sonstige wärmende und vor Regen schützende Maßnahmen ergriffen.

Das "Warteproblem" wird übrigens über die nass-kalte Jahreszeit hinaus bestehen: Denn zumindest für Senioren erweist sich die pralle Sommersonne als sehr belastend.

Abhilfe schaffen kann hier ein mobiler Pavillon, der einem Bus-Wartehäuschen ähnelt. Wer sich für solch eine Konstruktion interessiert, findet neben Standardartikeln auch Lösungen, die speziell für Apotheken konzipiert sind (Kosten: rund 2.500 €). Grundsätzlich handelt es sich um faltbare Elemente, die sich über Nacht in der Offizin "parken" lassen. Morgens, wenn Sie die Apotheke öffnen, lässt sich der Pavillon auf Rollen vor den Eingang schieben, dort fixieren und zu einem Unterstand aufbauen, der mehreren Kunden unter Wahrung der Abstandsregeln Platz bietet.

Tipp: Um die Kunden zu "unterhalten", können Sie den gesamten mobilen Wartebereich mit aktuellen Angeboten oder besonderen Services und Nachrichten bestücken.

Nachhaltig gerüstet

Viele von Ihnen stören sich ebenso wie Ihre Mitarbeiter und Kunden an den Plexiglasscheiben, die dem Zeitdruck geschuldet oftmals eher provisorisch an den Kassen aufgestellt worden sind und nicht sonderlich ästhetisch wirken. Da sich derzeit aber noch nicht abschätzen lässt, wann die Schutzmaßnahmen gegen SARS-CoV-2 nicht mehr nötig sein werden, und die Fachwelt obendrein bereits ein Zeitalter der Pandemien vorhersagt, könnten sich auch für den Kassenbereich professionellere Lösungen langfristig rechnen.

Neu auf dem Markt sind Scheiben, die sich im HV-Tisch versenken und bei Corona, Grippe und Co. hochfahren lassen (Kosten: je nach Material und Mechanik zwischen circa 600 € und 1.200 € pro Arbeitsplatz).

Wessen Apotheke für solch eine Konstruktion nicht geeignet ist oder wer eine günstigere Alternative sucht, sollte von einem Einrichter erfragen, wie sich Schutzscheiben attraktiver anbringen lassen, sodass es nicht wie ein Notbehelf aussieht. Wenn es darum geht, die Apotheke neu einzurichten, lassen sich entsprechende Lösungen relativ günstig in das Gesamtkonzept integrieren. Nachrüstungen sind je nach Inneneinrichtung zu kalkulieren.

Diskrete Hygiene und hygienische Diskretion

Eine andere Problematik, die sich auch vor dem Hintergrund der Plexiglasscheiben zwischen Beratungspersonal und Kunden stellt, ist die Diskretion. Denn die Scheiben dämpfen die Stimme des Gegenübers oftmals noch zusätzlich zur Maske und erschweren somit das Verständnis – was Sie dazu veranlassen kann, lauter und für andere mithörbar zu sprechen.

Allerdings muss die Offizin nach §4 Abs. 2a Satz 3 Apothekenbetriebsordnung bekanntlich so eingerichtet sein, dass Sie diskret beraten können (vgl. auch AWA 21/2020). Eine Lösung wäre ein generell größerer Abstand zwischen den HV-Plätzen.

Das Problem daran: Viele Apotheken verfügen gar nicht über die entsprechende Fläche. Außerdem lässt sich so etwas baulich (wenn überhaupt) oft nur mit einigem Aufwand realisieren. Hinzu kommt: Der zusätzliche Abstand kann – zumindest in Nicht-Corona-Zeiten – zu nicht tragbaren Kapazitätsengpässen führen. Um die Vertraulichkeit im HV effektiv zu gewährleisten, ist es daher sinnvoll, fest installierte Lösungen einzuplanen, mit denen Sie auch dann Diskretion sicherstellen, wenn ein "Rückzug" in den Beratungsraum keine Option ist, etwa weil es der Kunde eilig hat.

Separiert nebeneinander

Um längere Wege zu sparen, nutzen viele Apotheken einfache Abtrennungen aus Holz oder Kunststoff zwischen den HV-Plätzen, die als durchaus effektive Schallschlucker fungieren können. Aus hygienischer Sicht ist es sinnvoll, wenn sich diese Trennwände schnell mit leicht zu reinigenden Hussen überziehen lassen. Diese Hussen wiederum können ihrerseits einen zusätzlichen Beitrag zum Schallschutz leisten.

Tipp: Die Abtrennungen lassen sich obendrein dazu nutzen, um Waren ebenso wie Informationen attraktiv zu präsentieren und damit den Umsatz zu fördern.

Wer mehr Geld in die Hand nehmen will, kann sogenannte Wasserwände oder Wasserdisplays in Betracht ziehen (Komplettkosten: rund 5.000 €). Dabei handelt es sich um Paravents mit integrierter Zimmerbrunnenfunktion. Der stetige Wasserfluss mitsamt kaum vernehmbarem Plätschern erfüllt drei Funktionen: Zum Ersten erhöht die leichte Geräuschkulisse die Diskretion. Zum Zweiten wird sie in der Regel als angenehm empfunden. Zum Dritten reinigen und befeuchten diese Installationen die Raumluft. Sie mindern damit auch Temperaturprobleme im Sommer, sodass der Energiefresser Klimaanlage weniger eingesetzt werden muss.

Der Raum im Raum

Weiterhin gibt es auf dem Markt meist zylindrische Einbauelemente, die genau so groß sind, dass zwei Menschen darin Platz z.B. für ein diskretes Gespräch, eine Anpassung, eine Messung, einen Test oder – mit Blick auf die Zukunft – auch für eine Impfung finden. In der Regel bestehen diese Elemente aus Kunststoff, je nach Anbieter aber auch aus Glas oder Leichtbauwänden (Kosten je nach Ausstattung: zwischen circa 15.000 € und 50.000 €).

Aufgrund ihrer relativ kleinen Grundflächen passen sie problemlos in fast jede Offizin. Aufwendige, mit Lärm oder Staub verbundene Baumaßnahmen sind nicht notwendig, da die vormontierten Elemente in der Regel nur noch aufgestellt und verankert werden müssen.

Da die Elemente direkt in der Offizin stehen, lassen sich Wege und Zeit sparen. Eine diskrete Beratung wird also einfacher möglich: Sie gehen mit dem Kunden in das Element, schließen es hinter sich – und schon dringt nichts mehr von den vertraulichen Inhalten nach außen. Ein weiterer Vorteil: Geöffnet dient das Innere des Elements als ergänzende Freiwahl.

Zu guter Letzt

Wenn es Ihnen gelingt, Schutzmaßnahmen mit Innovation zu verbinden, stärken Sie das Image Ihrer Apotheke. Sofern Sie nach weiteren Anregungen suchen, ist auch eine Recherche im Internet oder der Erfahrungsaustausch mit Kollegen hilfreich. Für welche Varianten des Hygiene- und Diskretionsschutzes Sie sich letztendlich entscheiden, hängt immer von Ihren räumlichen Möglichkeiten, Ihren finanziellen Spielräumen und nicht zuletzt von Ihrem persönlichen Geschmack ab.

Michael Jeinsen, Diplom-Politologe und -Pädagoge, zertifizierter Berater Heilwesen (IHK), IHK-Dozent für Maklerfortbildung, 12209 Berlin, E-Mail: berlin@die-apothekerhelfer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(06):12-12