Querulanten, Lästermäuler, Faultiere und Co.

Wie Sie leicht mit schwierigen Mitarbeitern umgehen


Viktor Vehreschild

Im Austausch mit Ihrem Team herrscht nicht nur eitel Sonnenschein. Aber natürlich gehört es zu den Aufgaben einer jeden Führungskraft, auch mit schwierigen Mitarbeitern professionell umzugehen. Wie kann das gelingen?

Bestimmt gibt es auch in Ihrem Team die eine oder andere Person, die Sie als schwierig, anstrengend und irgendwie besonders herausfordernd erleben. Worauf sollten Sie achten, wenn Sie sich den Tag von solchen Mitarbeitern nicht vermiesen lassen wollen?

Scheinwerfer der Aufmerksamkeit

Zum Einstieg lade ich Sie zu einem kleinen Experiment ein. Nehmen Sie sich also bitte einen Moment Zeit und schauen Sie sich die folgenden Rechnungen sorgfältig an:

  • 12+44=56
  • 23∙3=69
  • 112–14=98
  • 133+11=145
  • 66:11=6

Was antworten Sie mir, wenn ich Sie jetzt frage: "Was fällt Ihnen auf?" Vermutlich, dass eine der Gleichungen fehlerhaft ist!? So geht es den meisten Menschen, denen man diese Frage stellt. Und nur wenige würden antworten, dass vier Gleichungen richtig sind.

So funktioniert die menschliche Wahrnehmung nun einmal: Wir schenken negativen Abweichungen, Fehlern, Defiziten und Mängeln mehr Aufmerksamkeit als positiven Aspekten. Diese sogenannte Negativitätsverzerrung (Negativity Bias) kennen Sie wahrscheinlich auch aus Ihren Gesprächen im Handverkauf: Ein Kunde, der sich beschwert und Sie verärgert, bleibt Ihnen länger und intensiver im Gedächtnis als ein Kunde, der Sie mit einem wertschätzenden Kompliment erfreut.

Die Negativitätsverzerrung beeinflusst auch, wie Sie andere Menschen wahrnehmen: Häufig fällt es uns leichter, drei Dinge zu benennen, die wir an einer anderen Person kritisch und verbesserungswürdig sehen, als drei Dinge, für die wir ihr Anerkennung aussprechen können.

Wenn Sie das Verhalten von Mitarbeitern als schwierig oder herausfordernd erleben, machen Sie sich also bewusst, dass Ihre Aufmerksamkeit vermutlich gerade stark auf die negativen Aspekte fokussiert ist. Erweitern Sie daher Ihren Blick aktiv, und bemühen Sie sich um ein möglichst vollständiges Bild vom Mitarbeiter. Fragen Sie sich: "Welche guten Eigenschaften von Frau Diffizil sind mir aktuell eigentlich nicht präsent?" So können Sie Ihrem eigenen Ärger etwas entgegensetzen – was z.B. auch hilfreich ist, wenn Sie in ein Mitarbeitergespräch gehen, das unschön zu werden verspricht.

Person oder Verhalten?

Sofern sich einer Ihrer Mitarbeiter "herausfordernd" verhält, wäre es Ihnen vermutlich am liebsten, wenn er sich einfach verändern würde. Nehmen wir an, der Mitarbeiter arbeitet unzuverlässig oder verhält sich den Kollegen gegenüber respektlos. Wie bringen Sie ihn dann dazu, zuverlässiger zu arbeiten bzw. respektvoller mit den Kollegen umzugehen?

Zunächst sollten Sie ein offenes Gespräch suchen und ihm ein konkretes Feedback zum veränderungswürdigen Verhalten geben – aber eben mit ganz bewusst geweitetem Blick. Tappen Sie also nicht in die Falle der Negativitätsverzerrung. Will heißen: Sagen Sie dem Mitarbeiter auch, was Sie an seiner Arbeit schätzen und womit Sie zufrieden sind. So vermeiden Sie, dass er sofort in die Verteidigungshaltung geht und möglicherweise blockiert.

Sinnvoll ist es außerdem, sprachlich immer wieder ganz sauber zwischen Person und Verhalten zu unterscheiden: Ihr Mitarbeiter ist nicht per se unzuverlässig, sondern hat "nur" unzuverlässig gearbeitet. Ihr Mitarbeiter ist nicht per se respektlos, sondern hat sich "nur" den Kollegen gegenüber respektlos verhalten.

Vielleicht denken Sie jetzt, dass diese sprachliche Feinheit keinen Unterschied macht? Das tut sie aber. Denn möglicherweise ist Ihr Mitarbeiter ansonsten eine sehr zuverlässige Person und erhält dies im privaten Umfeld auch häufig als Rückmeldung.

Hinzu kommt, dass Menschen negative Zuschreibungen, die sich auf die eigene Person beziehen, oft mit viel Energie zurückweisen und abstreiten. Wenn Sie dagegen über ein konkretes Verhalten sprechen, ist es für Ihr Gegenüber leichter, mit Ihnen zu "kooperieren" und sich für Veränderungen gewinnen zu lassen.

Senden Sie daher stets eine doppelte Botschaft aus:

  • Machen Sie dem Mitarbeiter auf der einen Seite klar, dass er zu Ihrem Team gehört. Er ist Teil Ihres Apothekenunternehmens und soll sich auf diese Zugehörigkeit verlassen können.
  • Auf der anderen Seite müssen Sie ihm aber auch verdeutlichen, dass Sie bestimmte Verhaltensweisen nicht akzeptieren wollen oder können. Diese Verhaltensweisen sollten Sie klar benennen und ebenso beharrlich wie konsequent ansprechen.

Mit dieser doppelten Botschaft schaffen Sie einen guten Nährboden für Kooperation und Verhaltensveränderungen.

Schmiede das Eisen nicht ...

Insbesondere wenn ein Mitarbeiter Ihre Geduld sowie die der restlichen Belegschaft überstrapaziert und die Situation zu eskalieren droht, empfiehlt es sich, ihm das Gespräch anzukündigen und es zu einem späteren Zeitpunkt zu führen. Hier ist es also oft hilfreich, das Eisen nicht zu schmieden, solange es heiß ist, sondern die akute Konfliktsituation zunächst einmal abkühlen zu lassen. Wenn sich die Emotionen etwas beruhigt haben, gelingt es Ihnen leichter, wieder klar zu denken und überlegt zu handeln. Sie begegnen Ihren Mitarbeitern als Führungskraft – und nicht als Privatperson! Nehmen Sie sich also die Zeit, um in Ruhe zu entscheiden, wie Sie reagieren möchten.

Je nach Situation können Sie Ihrem Mitarbeiter anbieten, sein Verhalten wieder gut zu machen. Wenn er selbst keine Ideen hat, machen Sie ihm ruhig einen Vorschlag, sei es, dass er sich formal bei allen Betroffenen entschuldigt, dass er einen selbst gebackenen Kuchen mitbringt oder dass er den unbeliebten Dienst am Samstag übernimmt. Durch dieses "Ritual" wird er wieder als vollwertiges Teammitglied akzeptiert.

Blinde Flecken beleuchten

Seien wir mal ehrlich: Wirklich kontrollieren und aktiv verändern können Sie nur Ihr eigenes Verhalten. Bei Mitarbeitern, die Sie als schwierig erleben, sollten Sie also den Blick erst einmal auf das richten, was Sie selbst in der Hand haben: Wie bringen Sie selbst Ihr Gegenüber dazu, Ihnen zuzuhören und Ihren Wunsch nach Veränderung ernst zu nehmen?

Indem Sie Ihre eigene Perspektive zunächst bewusst erweitern, sehen Sie oft wieder mehr Handlungsmöglichkeiten. Dabei können die folgenden Fragen helfen:

  • Was konkret hat Ihr Mitarbeiter gemacht? Was wäre zu sehen, wenn eine Kamera (auch über einen längeren Zeitraum) mitgelaufen wäre, Sie das Verhalten also ganz objektiv betrachtet hätten?
  • Was – denken Sie – möchte Ihr Mitarbeiter mit seinem Verhalten erreichen?
  • In welchen anderen Momenten seines Lebens ist dieses Verhalten sinnvoll? Wo und warum hat er gelernt, sich so zu verhalten? Wurde er vielleicht schon mal dafür belohnt oder darin bestärkt?
  • Wie können Sie auf das dahinterliegende Bedürfnis eingehen?
  • Wie möchten Sie dies nun konkret im Gespräch umsetzen? Wie formulieren Sie die Wertschätzung für die Person des Mitarbeiters – und wie Ihre entschiedene Nicht-Akzeptanz seines störenden Verhaltens?

Und bitte vergessen Sie nicht: Wenn Sie jemanden als schwierig empfinden, hat das wahrscheinlich (auch) mit Ihnen selbst zu tun. Verhaltensweisen, die Emotionen auslösen – seien sie positiv oder negativ – sind immer auch ein Spiegel. Sie werfen nicht selten etwas Licht auf die blinden Flecken in der eigenen Wahrnehmung: Sie können Ihnen zeigen, was Ihnen wirklich wichtig ist und wo Ihre eigenen Grenzen liegen. Und somit können Sie Ihnen auch helfen, Ihre Fähigkeiten als Führungskraft weiterzuentwickeln.

Viktor Vehreschild, Psychologie in Düsseldorf, 40597 Düsseldorf, E-Mail: mail@psychologie-in-duesseldorf.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(06):14-14