Was versteht man unter …

Optimierung


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Optimierung ist in aller Munde, und der Begriff wird gern inflationär verwendet. Was soll nicht alles "optimal" sein? Durch die wirtschaftliche Brille betrachtet verbirgt sich dahinter jedoch, wie sich Aufwand und Nutzen in ein "optimales" Verhältnis zueinander bringen lassen.

Ein Optimum ist nicht zu verwechseln mit einem Maximum. Ein (absolutes) Maximum ist erst einmal nur der größte Wert in einer Menge. Ein Optimum bezieht jedoch inhärent immer auch mindestens einen bzw. mehrere weitere Parameter mit ein, den oder die es ebenfalls im Auge zu behalten gilt. Die Wirkstoff-Dosisoptimierung wäre ein Pharmazeuten-Beispiel; hier gilt es in erster Linie zwischen erwünschten und unerwünschten Wirkungen abzuwägen, die typischerweise allesamt dosisabhängig sind.

Betriebswirtschaftlich wägt man bei einer Optimierung zwischen dem Aufwand und dem Nutzen ab, die man beide monetär quantifiziert. In der Abbildung sind einige typische Zusammenhänge illustriert.

Stets beginnend bei einer gewissen Preisuntergrenze, kann schon ein Billigprodukt einen hohen Nutzen haben, der selbst von (viel) teureren Produkten kaum übertroffen wird. Das trifft z.B. auf viele Eigenmarken im Lebensmittelmarkt zu. Bei anderen Produkten nimmt zwar der Nutzwert mit dem Preis deutlicher zu, aber verläuft dies idealerweise auch überproportional?

Wenn doppelt so teure Schuhe nur 50% länger halten und viermal so teure doppelt so lange, dann wächst der Nutzwert unterproportional mit dem Preis (oder mathematisch: die Steigung der Kurve "Nutzwert versus Preis", nämlich dN/dP, ist kleiner 1). Man bezahlt den Zusatznutzen also zu teuer. Ist ein Billig-Poloshirt allerdings nach fünf Wäschen bereits ausgebleicht, während ein dreimal so teures tatsächlich Jahre hält, ist der Mehrpreis auch ökonomisch gerechtfertigt.

Oft verlaufen die Kurven nicht linear, und es gibt einen Bereich, in welchem der Nutzwert bzw. die (Langzeit-)Qualität mit dem Preis stark steigt. Früher war das die heute eher gemiedene "gute Mittelklasse". War man bereit, einen gewissen Preis auszugeben, stieg der "Mehrwert" hier stark. Irgendwann strebt der Nutzen aber einer gewissen Grenze entgegen. Nutzwerte, Lebensdauern oder sonstige Qualitäten lassen sich nicht beliebig steigern bzw. unterliegen subjektiven Vorlieben. Nicht selten findet man eine Art stufenförmigen Verlauf ("Preisklassen"), was gleichzeitig gewisse Qualitätsklassen repräsentiert. Bedenklich ist ein Verlauf wie bei der roten Kurve: Trotz hoher Preise bleibt der objektive Nutzwert überschaubar. So manch "verzichtbare" Luxus- und Nepp-Produkte fallen u.a. hierunter.

Komplizierter wird es, wenn man verschiedene Nutzen- und Qualitätsdimensionen betrachtet und gesamthaft optimieren will. Bei einem Auto wären das z.B. Lebensdauer, Unterhaltskosten, Pannenanfälligkeit, Restwert, Sicherheit und Umweltverträglichkeit. Da kann es ganz schön aufwendig werden mit einer Optimierung und deren rechnerischer Durchdringung. Punktebewertungen für die Einzelkategorien, ggf. nach persönlicher Präferenz gewichtet, können hier sinnvoll sein und Übersicht schaffen.

Viel ist gewonnen, wenn Sie sich überhaupt einmal über Kosten-Nutzen-Relationen Ihre Gedanken machen – und was Sie für teils stolze Mehrpreise tatsächlich bekommen oder nur zu bekommen glauben. Erfahrungsberichte und sachgerechte Abschätzungen können da oft schon ausreichen.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(20):14-14