Kleine Photovoltaikanlagen

"Steuerfreie" Gewinne


Helmut Lehr

Nach aktueller Verwaltungsauffassung können Sie Ihre Photovoltaikanlage unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich zur reinen Privatsache (sog. "Liebhaberei") erklären. Ob das sinnvoll ist, muss sehr sorgfältig und einzelfallabhängig entschieden werden.

In den letzten Jahren sind die Finanzämter mehr und mehr dazu übergegangen, bei kleineren Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Haus die Gewinnerzielungsabsicht in Frage zu stellen. Dies hatte zur Folge, dass die anfänglichen Verluste (insbesondere aus Abschreibung und Fremdfinanzierung) teilweise steuerlich nicht anerkannt wurden.

Hinweis: Die Finanzgerichte sehen das allerdings tendenziell anders und gehen zunächst einmal grundsätzlich davon aus, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist, sofern der Strom gegen Entgelt in das Netz eingespeist wird.

Bürokratieabbau-Maßnahme

Anfang Juni dieses Jahres hat das Bundesfinanzministerium (BMF) dann vergleichsweise überraschend die Möglichkeit eröffnet, dass kleinere Anlagen auf dem eigenen Häuschen einkommensteuerlich generell als Privatsache behandelt werden können (vgl. AWA 13/2021). Damit will man einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten und die Steuerzahler von ihren Erklärungspflichten entlasten. Die Möglichkeit besteht für Anlagen, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten Ein- und Zweifamilienhäusern installiert sind, eine Leistung von maximal 10kW haben und nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden.

Hinweis: Da die Einstufung als steuerliche Liebhaberei dazu führt, dass auch etwaige Verluste nicht (mehr) anerkannt werden, stellen sich viele Anlagenbetreiber nun die Frage, wie sie mit dieser neuen Antragsmöglichkeit umgehen sollen und ob es einen idealen Zeitpunkt gibt, den Antrag beim Finanzamt einzureichen.

Die Einzelheiten

Zunächst ist allerdings zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen Sie überhaupt von der Verwaltungsregelung profitieren könnten.

  • Nutzung zu eigenen Wohnzwecken: Die Anlagen müssen auf selbstgenutzten Wohnobjekten installiert sein. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist dies auch erfüllt, wenn sich in dem Haus ein häusliches Arbeitszimmer befindet oder einzelne Räume gelegentlich vermietet werden, sofern die Mieteinnahmen maximal 520 € pro Jahr betragen.
  • Antrag erforderlich: Sie müssen einen schriftlichen Antrag stellen. Dieser ist zwar formlos möglich, einzelne Landesfinanzverwaltungen haben allerdings zur Erleichterung bereits "Antragsformulare" veröffentlicht (z.B. www.finanzamt.hessen.de > "Aktuelles/Steuererleichterungen für den Betrieb von kleinen Photovoltaikanlagen").
  • Eigentumsverhältnisse: Das Schreiben des BMF enthält keine Aussage dazu, ob der Eigentümer des Wohnhauses auch der Eigentümer der Photovoltaikanlage sein muss. Deshalb sollte es möglich sein, dass Sie den Antrag auch dann stellen können, wenn Ihnen zwar die Anlage gehört, das Haus allerdings Ihrem Ehepartner.
  • Nennleistung der Anlage: Laut BMF gilt die Antragsmöglichkeit für Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 10 kW. Im Merkblatt der hessischen Finanzverwaltung ist von "10 kWp" die Rede. Dies könnte darauf hindeuten, dass es insoweit auf die Bruttoleistung der Anlage ankommen soll, die mitunter von der Nettoleistung abweichen kann. Da das BMF allerdings von "10 kW" spricht, sollten Sie sich bei Abweichungen auf die Nettonennleistung berufen.

Verluste retten und Gewinne nicht versteuern

Der Antrag auf "Liebhaberei" führt laut Finanzverwaltung dazu, dass die Anlage von Beginn an (also ggf. auch rückwirkend) zur Privatsache wird. Eine Änderung bereits bestandskräftiger Steuerbescheide ist allerdings aufgrund dieses Antrags nicht mehr möglich. Das bedeutet: Haben Sie in der Vergangenheit steuerliche Verluste mit der Anlage erzielt und ergeben sich künftig Gewinne, wäre das jetzt ein guter Zeitpunkt, den Antrag zu stellen. Denn: Die Verluste bleiben erhalten und die Gewinne bleiben unversteuert.

Hinweis: Das setzt allerdings voraus, dass die Steuerbescheide der Vorjahre verfahrensrechtlich tatsächlich nicht mehr änderbar sind. Dies sollten Sie vor Antragstellung sehr genau mit Ihrem Steuerberater prüfen.

Beispiel: Die Eheleute Hansen haben im Oktober 2018 eine kleine Photovoltaikanlage auf ihrem Einfamilienhaus errichtet und für 2018 einen Verlust von 2.000 € erzielt, der überwiegend auf die gezahlte Vorsteuer aus der Anschaffung der Anlage entfällt. Der Steuerbescheid wurde im Frühjahr 2020 bestandskräftig. Für 2019 beträgt der Gewinn aus dem Betrieb der Anlage 2.500 € und resultiert insbesondere aus der Vorsteuererstattung des Finanzamts, die Anfang 2019 erfolgt war. Der Einkommensteuerbescheid 2019 ist den Eheleuten erst kürzlich zugeschickt worden.

Solange die Einspruchsfrist für den Steuerbescheid 2019 noch nicht abgelaufen ist, könnte es im Beispiel Sinn machen, den Antrag zu stellen und die Anlage künftig zur Privatsache zu erklären. Der Gewinn bliebe dann unversteuert. In eine solche Entscheidung muss natürlich auch ein Blick auf die Folgejahre mit einfließen. Sind hier erneut Verluste zu erwarten, könnte es wiederum Sinn machen, auf den Antrag zu verzichten.

Hinweis: Vorsicht ist auch in solchen Fällen geboten, in denen für die Anlage die Vergünstigungen nach §7g Einkommensteuergesetz (Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung) geltend gemacht wurden. Diese Steuervorteile können auch dann rückwirkend entfallen, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(20):16-16