Prozessoptimierung mittels Kommissionierautomaten – Teil I

Genau hinschauen lohnt sich


Heinz Senkler

Kommissionierautomaten sind eine naheliegende Möglichkeit, um die Prozesskosten in der Offizin zu senken und das Personal zu entlasten. Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Rechnung aufgeht. Im ersten Teil unserer Artikelserie klären wir die grundsätzlichen Fragen, wann sich wo welcher Automat mit welcher Technik empfiehlt.

Apotheken befinden sich in einem regelrechten "Schraubstock": Auf der einen Seite sind die Kosten in den letzten Monaten stark nach oben gegangen – Stichwort Tarifabschluss, Inflation und explodierende Energiepreise. Auf der anderen Seite haben Sie als Apothekeninhaber eine nur sehr eingeschränkte Preisgestaltungsmöglichkeit. Damit bleiben Ihnen kaufmännisch betrachtet genau zwei Möglichkeiten, um der drohenden Ertragsschere zu entkommen: Sie müssen es schaffen, entweder Ihre Umsätze zu steigern oder Ihre Kosten zu senken.

Die Anschaffung eines Kommissionierautomaten ist in diesem Kontext eine unbedingt überlegenswerte Option, zumal neben dem Kostendruck auch noch ein eklatanter Fachkräftemangel die Situation verschärft. Wir widmen den Chancen und Risiken der Automaten in den nächsten Wochen eine dreiteilige Artikelserie im AWA.

Im ersten Teil geht es um grundsätzliche Fragen: An welchem Standort lohnt sich welcher Automat? Welche Kapazität passt zu Ihrer Offizin und wann lohnt sich eine vollautomatische Einlagerung?

Welche "Effizienzreserven" – um das Unwort des letzten Jahres zu gebrauchen – können Sie in Ihrer Apotheke mithilfe eines solchen Geräts tatsächlich heben?

Am Anfang steht die (Aufwands-)Analyse

Zunächst gilt es grundsätzlich zu prüfen, ob die Anschaffung eines Kommissionierautomaten eine wirtschaftlich sinnvolle Investition für Ihre Offizin darstellt. Voraussetzung dafür ist eine Analyse, welche Abläufe in der Apotheke welchen Aufwand verursachen und welche ggf. durch einen Automaten optimiert werden können. Im Backoffice sollte man z.B. gegenüberstellen, welchen Aufwand die Prüfung des Wareneingangs sowie die Einlagerung der bestellten Ware ins Generalalphabet konkret verursacht.

So (schnell) arbeiten Kommissionierautomaten

Ein Automat legt die Packungen nicht alphabetisch ab, damit entfällt das Umsortieren. Je nach Maschinentyp ist die Höhe, Länge oder auch Breite einer Packung das entscheidende Kriterium, wo sie abgelegt wird.

Laut Herstellerangaben benötigen die Maschinen 3 bis 5 Sekunden zum Einlagern einer Packung: Das ist jedoch nur die Zeit, die der Mensch braucht, um eine Packung zu greifen, den Code vor den Scanner zu halten und dem Automaten vorzulegen. Der Automat selbst braucht dafür dann wesentlich länger. Dabei ist entscheidend, wie groß der Puffer ist, den man so schnell befüllen kann.

Echtheitsprüfung von Rx-Arzneimitteln

Im Hintergrund läuft bei den meisten Automaten die Echtheitsprüfung für Rx-Packungen im Securpharm-System. Der händische Aufwand dafür entfällt.

Vollautomatische Einlagerung

Zuerst sollte man sich darüber klar werden, dass man nicht einfach die Wanne vom Großhandel in einen Trichter kippen kann, und den Rest erledigt dann der Automat, wie manche Vertriebsmitarbeiter versprechen …

Da ist zunächst das Thema Verfallsdatenkontrolle. Wer die Verfallsdaten bislang lückenlos geprüft oder eingegeben hat, wird sich wundern, dass der Automat diese Daten nicht immer lesen kann. Im Securpharm-Code sind zwar auch die Verfallsdaten maschinenlesbar verschlüsselt, aber den tragen fast nur die Rx-Packungen. Bei OTC-Packungen ist dieses Datum häufig nur aufgedruckt oder gar nur als Blindprägung vorhanden. Also macht eine vollautomatische Einlagerung nur Sinn, wenn man auf die Erfassung der Verfallsdaten verzichten kann, oder eine OCR-fähige Kamera einsetzt, die auch die Packung auf Verfallsdaten prüft und diese abspeichert. Besonders die Blindprägungen stellen eine echte Herausforderung dar.

Lagerpflege auf Knopfdruck

PKAs finden oft nicht die Zeit, mit langen Listen in der Hand durchs Alphabet zu gehen und die Artikel herauszusuchen. Gerade hier spielt ein Automat seine Effizienzvorteile aus: Statt sich die Listen ausdrucken zu lassen, sagen Sie ihrer Warenwirtschaft einfach, dass die entsprechenden Artikel vom Automaten ausgegeben werden sollen.

Prozessoptimierung in der Offizin

Der große Vorteil eines Kommissionierautomaten ist, dass sich die pharmazeutischen Fachkräfte nicht von den Patienten abwenden müssen, sondern direkt in der Warenwirtschaft das gewünschte Medikament auswählen. Den Rest erledigt der Automat. Dadurch bleibt deutlich mehr Zeit, um auf Fragen einzugehen, damit die Kundenbindung zu erhöhen und sogar Zusatzverkäufe zu generieren. Hier lohnt es sich, die Verkaufsprozesse genauestens unter die Lupe zu nehmen.

Wertvollen Platz in der Apotheke sparen

Grundsätzlich lässt sich ein Automat auch in einem anderen Geschoss unterbringen. Im Obergeschoss hat man den Vorteil, dass nur Wendelrutschen zur Förderung gebraucht werden, also kein Motor nötig ist. Allerdings muss dort die Ware regelmäßig hochgebracht werden, wenn man keinen Materiallift für die Großhandelswannen installiert.

Manchmal kann man auch den Keller nutzen, um einen Automaten unterzubringen. Es gibt sogar Hersteller, die mit einer Deckenhöhe von 1,90 m zurechtkommen. Hier ist allerdings die Fördertechnik aufwendiger, da man ein Liftsystem braucht, um die Ware zur Offizin zu transportieren. Ideal sind zwei Lifte, falls einer mal ausfallen sollte.

Die Fördertechnik funktioniert im Allgemeinen zuverlässiger als die Kommissionierautomaten. Wenn sie dennoch ausfällt, ist der Schaden groß – daher ist ein guter Servicevertrag sehr wichtig.

And the Winner is …

Es gibt genausowenig den besten Kommissionierautomaten wie es das beste Auto gibt. Entscheidend ist immer, wo dieser genau zum Einsatz kommt. Schließlich gleicht auch keine Apotheke völlig der anderen. Die eine hat eine hohe Kundenfrequenz und braucht einen schnelleren Automaten, die andere hat sehr wenig Platz und braucht ein besonders kompaktes Gerät, wieder andere legen größten Wert auf die Zuverlässigkeit, einen hervorragenden Service etc.

"Zunächst sollte man sich darüber klar werden, dass man nicht einfach die Wanne vom Großhandel in einen Trichter kippen kann, und den Rest erledigt dann der Automat, wie manche Vertriebsmitarbeiter versprechen …"

So bieten z.B. längst nicht alle Hersteller eine Wartung außerhalb der Geschäftszeiten oder kommen zur Reparatur auch am Wochenende – ein durchaus wichtiger Faktor.

Berechnung der Kapazität

Wenn die Lagerorte nicht gut gepflegt sind, wirft die Warenwirtschaft häufig falsche Zahlen aus. Deshalb empfiehlt es sich, zunächst abzuschätzen, wie viele Packungen im Generalalphabet liegen. Dazu reicht eine Stichprobe, indem man 10 bis 20 Schubläden durchzählt und die Werte dann hochrechnet.

"Es gibt genausowenig den besten Kommissionierautomaten wie es das beste Auto gibt. Entscheidend ist immer, wo dieser genau zum Einsatz kommt. Schließlich gleicht auch keine Apotheke völlig der anderen. Die eine hat eine hohe Kundenfrequenz und braucht einen schnelleren Automaten, die andere hat sehr wenig Platz und braucht ein besonders kompaktes Gerät, wieder andere legen größeren Wert auf einen hervorragenden Service etc."

Allerdings reicht es auf keinen Fall aus, wenn der Automat die errechnete Packungszahl gerade so unterbringen kann. Darüber hinaus sollte man auch jahreszeitliche Schwankungen berücksichtigen – Stichwort Winterbevorratung – und natürlich auch ein gewisses Wachstum für die nächsten Jahre einkalkulieren. Anderenfalls würde ein heute gut passender Automat im Laufe der Zeit vom Maßanzug zur Zwangsjacke werden …

Der ideale Platz

Manche Apotheker bevorzugen eine Ausgabe direkt am Automaten, damit die Mitarbeiter nicht ständig vorn beim Patienten stehen müssen. In den allermeisten Fällen wird jedoch eine Ausgabe direkt in der Sichtwahl bevorzugt, damit man die Kundengespräche nicht ständig unterbrechen muss.

Steht der Automat direkt hinter der Sichtwahl, benötigt man keine Fördertechnik, sondern nur kurze Rutschen in das Ausgabefach. Fehlt dort der Platz, sodass der Automat weiter hinten stehen muss, transportiert der Automat die Packungen in der Regel mit Förderbändern, die unter der Decke angebracht sind, bis hinter die Sichtwahl. Dann werden sie über eine Wendelrutsche, eine Rohrpostanlage, einen Fallturm oder Fallsack abgegeben.

Heimversorgung und Versand

Betreibt man zusätzlich zum regulären Apothekengeschäft noch eine Heimversorgung oder einen Arzneimittelversand, dann sollte man neben der Warenwirtschaftsausgabe direkt am Automaten ein oder zwei weitere Ausgaben einplanen. Die Automaten sind in der Regel so programmiert, dass diese mit nachrangiger Priorität bedient werden, schließlich darf die Ausgabegeschwindigkeit vorne in der Offizin nicht beeinträchtigt werden.

Wärmeproduktion und Kühlmöglichkeiten

Manche Automaten werden nur 2 bis 3°C wärmer als die Umgebungstemperatur. Um die von der Apothekenbetriebsordnung geforderten 25°C einzuhalten, müsste man sicherstellen, dass der Raum, in dem der Automat steht, 22°C nicht überschreitet. Das ist nicht unproblematisch. Die Hersteller bieten in der Regel keine eigenen Klimageräte an, sondern verweisen gerne auf örtliche Klimabauer. Fast alle Automaten bieten jedoch eine Vorrüstung, an der ein Klimagerät angebracht werden kann.

Lärmbelastung durch Kommissionierautomaten

Die Automaten kommen nicht fertig produziert vom Werk, sondern müssen aus Einzelteilen in der Apotheke aufgebaut werden. Insofern kommt es vor allem darauf an, wie sorgfältig das Aufbauteam arbeitet: Achtet dieses sorgfältig auf Spaltmaße, Schallwege und Schallnebenwege, kann so ein Automat sehr leise sein. Wird er indes nicht präzise aufgebaut – wie man es mitunter auf Messeständen erlebt – dann kann er deutlich zu laut sein.

Auch die Fördertechnik kann unangemessen laut sein, wenn der Antriebsmotor nicht gekapselt im Automaten liegt, oder die Übergabe vom Förderband in die Wendelrutsche schlecht gelöst ist. Da poltern die Packungen mitunter sehr laut hinein.

"Als Apothekeninhaber haben Sie nur eine eingeschränkte Preisgestaltungsmöglichkeit und insofern wenige Möglichkeiten, der Ertragsschere zu entkommen: Sie müssen es schaffen, entweder Ihre Umsätze zu steigern oder Ihre Kosten zu senken. Die Anschaffung eines Kommissionierautomaten ist in diesem Kontext eine unbedingt überlegenswerte Option, zumal neben dem Kostendruck auch noch ein eklatanter Fachkräftemangel die Situation verschärft."

Die wichtigsten Kommissionierautomaten-Anbieter im Überblick

Es gibt mindestens zwei Dutzend Anbieter von Kommissionierautomaten. Zum Teil sind dies ausländische Hersteller, die in Deutschland in der Regel kein großes Service-Netzwerk anbieten können. Andere Anbieter produzieren zwar hier, gehören aber ausländischen Konzernen. Von den größeren Herstellern sind heute nur noch wenige inhabergeführt.

Ein solides Kriterium zur Einschätzung der Marktrelevanz ist die Präsenz auf der Expopharm. Folgende zehn Anbieter (alphabetisch sortiert) waren dort im September mit einem eigenen Stand vertreten:

  • AMI Förder- und Lagertechnik GmbH
  • Apostore / KNAPP Smart Solutions GmbH
  • Becton Dickinson Rowa Germany GmbH
  • Fablox Sp. z o.o. Sp. k.
  • Gollmann Kommissioniersysteme GmbH
  • GPI S.p.a.
  • KLS pharma robotics GmbH
  • Meditech Pharma (A.C.N. BV)
  • Omnicell GmbH
  • Willach Pharmacy Solutions GmbH

Die Artikelserie geht aus rechtlichen Gründen bewusst nicht auf eine detaillierte Stärken-/Schwächen-Analyse der Anbieter mit ihren verschiedenen Kommissionierautomaten ein.

Fortsetzung folgt

Im zweiten Teil dieser kleinen Artikelserie zum Einsatz von Kommissionierautomaten in Apotheken werfen wir einen Blick auf die Zuverlässigkeit der Herstellerangaben, analysieren, welche Fallstricke sich in den AGB verbergen und nehmen die Ersatzteilversorgung sowie Wartungsverträge genauer unter die Lupe.

Der dritte und letzte Teil der Serie widmet sich dann der kalkualtorischen Seite: Ab welchem Absatz lohnt sich welcher Automat, wie sieht der ROI aus etc.

Heinz Senkler, Dipl.-Ing. und Mitglied der Ingenieurkammer Niedersachsen, Ingenieurbüro Senkler, 30851 Langenhagen, E-Mail: heinz@senkler.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2023; 48(01):8-8