Lieferengpässe: Nach fest kommt ab


Dr. Hubert Ortner

Liebe Leserinnen und Leser,

die Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie sind ähnlich unerbittlich wie Naturgesetze. So wird knappe Ware für teures Geld dorthin verkauft, wo am meisten dafür bezahlt wird. Und da hat Deutschland immer öfter das Nachsehen, auch bei der Beschaffung von Arzneimitteln. Dabei galt unser Land einst als die Apotheke der Welt. Aber das ist lange her.

In den letzten 25 Jahren wurde das System kaputtgespart, und die rigide Ökonomisierung unseres Gesundheitswesens hat die pharmazeutische Produktion bis auf Restbestände außer Landes vertrieben. Spiritus Rector dieser Entwicklung, die uns jetzt auf die Füße fällt, war Anfang der 2000er-Jahre Karl Lauterbach. Dass der jetzt, 20 Jahre später, als Bundesgesundheitsminister die gravierenden Folgen dieser verfehlten Politik von damals bekämpfen muss, entbehrt nicht einer gewissen Ironie des Schicksals. Dumm nur, dass das unlängst beschlossene Lieferengpassgesetz (ALBVVG) allenfalls homöopathische Wirkung entfalten wird. Darin sind sich die allermeisten Experten (abgesehen von Lauterbach) einig. Insofern offenbart seine Bitte in Richtung Großhandel, die Beschaffung und Lagerhaltung absehbar knapper Arzneimittel zu intensivieren, wie entrückt und weltfremd er in seinem Elfenbeinturm ist. Die Antwort des Großhandelsverbands Phagro kam postwendend: Wo nichts ist, da lässt sich auch nichts bevorraten. Oder – anders ausgedrückt: Nach fest kommt eben ab.

Das Tragische daran ist: Am Ende werden die Patienten und Apotheken die Leidtragenden sein. Erstere, weil ihre Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten ernsthaft gefährdet ist, letztere, weil sie mit einem enormen Mehraufwand alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu retten, was noch zu retten ist. Und dafür mit 50 Cent Almosen bedacht werden. Das ist die unschöne Realität abseits hohler Worte, politischer Selbstinszenierungen und blumiger Gesetzesnamen.

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Hubert Ortner

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