Selektives Misstrauen


Dr. Hubert Ortner

Liebe Leserinnen und Leser,

eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass das Bundesgesundheitsministerium alle Leistungserbringer gleichbehandelt. Soweit die Theorie. Nun zur Praxis. Am 20. Dezember erteilte Karl Lauterbach den Apothekern mit ihren Honorarforderungen bekanntlich eine schroffe Abfuhr – wie gewohnt „über Bande“ (diesmal per „Handelsblatt“). Vier Wochen später kommt er persönlich zum Neujahrsempfang des Deutschen Hausärzteverbands – und hat einen vollen Geschenkekorb mitgebracht. Darin u. a. enthalten: die Entbudgetierung der Honorare sowie eine Anhebung der Bagatellgrenzen für Arzneimittel-Regresse auf voraussichtlich 300 Euro. Lauterbach hebt die „zentrale Bedeutung der Hausärzte“ hervor und kritisiert „die Kultur des Misstrauens“, der diese ausgesetzt seien. Um hier gegenzusteuern, sollen 80 Prozent der Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Zukunft wegfallen.

Diese Erleichterungen seien den Hausärzten von Herzen gegönnt. Es drängt sich nur die Frage auf, warum hier ganz ungeniert mit zweierlei Maß gemessen wird: So finden Apotheker täglich Retax-Forderungen der Krankenkassen in ihrer Post, deren Wert noch nicht einmal das Porto aufwiegt. Als besonders „wertschätzend“ einzustufen waren die Retaxationen für Fiebersaft-Rezepturen aufgrund akuter Lieferengpässe. „Nett“ ist es auch, wenn Apotheker für Formfehler von Ärzten (gerne auf Null) retaxiert werden. Was können wir aber auch froh sein, dass es – anders als bei den Ärzten – zwischen Kassen und Apotheken eine derart eingespielte „Kultur des Vertrauens“ gibt!

Dabei bräuchte es nichts dringender als eine ebensolche – gerade vor dem Hintergrund der Pläne, die Verhandlungen zum Rx-Fixum ab 2027 der Selbstverwaltung zu übertragen. Zuallererst braucht es aber eine Gleichbehandlung von Apotheken und Ärzten durch das BMG. Oder können Sie uns einen Grund dafür nennen, Herr Lauterbach, warum diese „Kultur des Misstrauens“ für letztere nicht mehr gelten soll, für erstere aber schon …?

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Hubert Ortner

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