Renditekiller „Hamsterrad“

Wertschöpfung schlägt bloße Arbeit


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Was unterscheidet rentable Unternehmen von renditeschwachen, selbst bei ähnlicher Größe? Warum erzielen manche Firmen weit höhere Gewinne pro Mitarbeiter als andere, sogar in den gleichen Branchen? Was lässt sich daraus für die Unternehmensführung und -bewertung lernen?

Welche Faktoren sind ausschlaggebend dafür, dass manche Betriebe trotz schwieriger Rahmenbedingungen prosperieren, während andere die Segel streichen...? (© AdobeStock/CAlessandro) 

Den Spuren des Geldes zu folgen und den Blick für Renditepotenziale zu schärfen, bringt Sie vielfach voran: im eigenen Betrieb, bei der Firmenbeurteilung (Kapitalanlage, Aktien), und zudem erhalten Sie ein Verständnis für die Wirtschaft und ökonomische Zusammenhänge. Wer jedoch im „Hamsterrad“ mühsam auf der Stelle tritt, kommt gar nicht dazu, über das eigene Umfeld hinausreichende Perspektiven zu entwickeln. Er ist Gefangener der Gegebenheiten! Zur Kompensation dieser Beengtheit schimpft man dann gern auf das Großkapital, den Raubtier-Kapitalismus oder die Politik. Klug ist es hingegen, die Erfolgreichsten sorgfältig zu studieren und sich das eine oder andere abzuschauen.

Der erste Schritt: Arbeit, Leistung und Wertschöpfung trennen! Sie können aus der „Bottom-Perspektive“ betrachtet einen ganz tollen Job machen, jeden Tag fleißig sein (und Ihre Mitarbeiterinnen auch), abends sind Sie müde und denken, sich aufgeopfert zu haben – für wen eigentlich? Nichtsdestotrotz können Sie, je nach Betrachtungswinkel, tatsächlich nur wenig geleistet haben, beispielsweise volkswirtschaftlich, oder im Hinblick auf einen konkreten Patientennutzen. Stattdessen wurde bürokratischer Nonsens produziert oder Dinge von A nach B geschoben, was andere Systeme (Automaten?) vielleicht weit effektiver könnten.

Blick in die große Firmenwelt

Schauen wir über den Apotheken-Tellerrand, was erfolgreiche Unternehmen auszeichnet. Erfolg erklärt sich dabei maßgeblich anhand der eigenen Stellung in den immer komplexer gewordenen Wertschöpfungsketten (Abbildung 1), aus denen sich Renditepotenziale, aber auch Abhängigkeitsverhältnisse, Konkurrenzsituationen oder die Chance auf Einmaligkeit (USP – Unique Sales Proposition) erklären.

 

Abb. 1: Wertschöpfungsketten – die Eintrittskarte zum Erfolg

 

In dieser „Nahrungskette“ stehen Kleinunternehmer und Dienstleister ganz unten. Sie mögen im Einzelfall ordentlich verdienen, rein kaufmännisch betrachtet bleibt nach Abzug angemessener Unternehmer- oder Geschäftsführerlöhne nur eine geringe Rendite. Letztlich verkaufen diese Selbstständigen ihre Arbeitskraft und sind insoweit weniger Unternehmer als Dienstleister, häufig stark fremdbestimmt und abhängig von Gebührenordnungen, Politik, marktbeherrschenden Kostenträgern oder gar Subventionen (z. B. Bauern).

Eingekauft wird bei Großhändlern, die insoweit höher stehen, aber in erster Linie nach Umsatz. Die Renditen sind hier ebenfalls schwach, es wird „Geld gewechselt“. Das sieht eine Stufe darüber schon viel besser aus: (Marken-)Hersteller können nicht nur hohe Umsätze, sondern gute Renditen einfahren. In der Pharmabranche winken Spitzenmargen, ebenso im High-Tech- und IT-Sektor. Schwächer schneidet die klassische Industrie ab (Auto, Maschinenbau, Elektro etc.), die sich zudem als volatil und konjunkturabhängig erweist. Gut im Rennen liegen markenstarke Firmen aus dem Konsumsektor (wie Nestlé, Unilever, Coca-Cola, L’Oreal u. a.).

Diese Großkonzerne haben ihrerseits Zulieferer, und da wird es interessant: Massenprodukte werden billig eingekauft. Doch hochspezialisierten Vorlieferanten, oft Weltmarktführer mit wenig Konkurrenz oder ausgesprochene Spezialisten, gelingt es, bisweilen bessere Margen als ihre Kunden zu erzielen. Hier reden wir z. B. über Chiphersteller, oder über Firmen, welche wiederum die Chiphersteller mit Spezialmaschinen beliefern (wie die bekannte niederländische ASML). Je nachdem, wo man sich in dieser Wertschöpfungskette einsortiert, winken sehr gute unternehmerische Chancen, oder man marschiert in der Masse. Dies zu erkennen, ist elementar, wenn man Unternehmen bewerten möchte und in die Auswahl für eine Aktienanlage nimmt. Aber es hilft auch, die eigene Position einzuordnen.

Das Gesagte übersetzt sich dann in die Kennziffern „EBITDA-Marge“ (Gewinnmarge vor Abzug von Kapitalkosten und Steuern) und den erzielten absoluten Vor-Steuer-Gewinn pro Mitarbeiter in Vollzeit-Äquivalenten. Hier fallen die Firmen noch stärker auseinander. Apple toppt alle mit einer EBITDA-Marge von deutlich über 30 % und gleichzeitig einem Pro-Kopf-Umsatz von 2.100.000 €, wovon stolze 650.000 € als Vor-Steuer-Gewinn bleiben! Pharmafirmen kommen knapp an diese Margen heran (Novo-Nordisk toppt selbst diese), und erzielen gern um die halbe Million Euro Umsatz pro Mitarbeitenden, wovon um 100.000 € bis gut 150.000 € dann als Pro-Kopf-Gewinn verbleiben. Viele „klassische“ Industriefirmen erzielen ebenfalls deutlich sechsstellige Umsätze pro Kopf, aber im Gefolge niedrigerer Gewinnmargen ist der Gewinn oft nur überschaubar fünfstellig je Beschäftigtem. Handels- und Logistikunternehmen fallen hier weiter ab. Ob ein Hornbach-Baumarkt, Walmart in den USA, die US-Apothekenkette Walgreens: einige hunderttausend Euro Pro-Kopf-Umsatz, an Gewinn bleiben vor Steuer nur um die 10.000 € oder etwas darunter. Einzig die Schweizer Galenica erzielt da immerhin 35.000 €.

Interessante Sonderfälle sind die Optikerkette Fielmann (nur 105.000 € Umsatz bei 9.600 € Gewinn je Mitarbeiter) oder die Modeschmuckkette Bijou Brigitte (um 240.000 € versus 24.000 €). Und unsere Apotheken? Rechnet man die oft niedrig einstelligen EBITDA-Margen und Vor-Steuer-Gewinne auf vergleichbarer Basis zu den Großfirmen um, also unter Abzug eines Geschäftsführerlohns, dann verbleiben bei um die 500.000 € Umsatz je Mitarbeiter allenfalls niedrig fünfstellige Pro-Kopf-Gewinne.

 

Abb. 2: Absolute Vor-Steuer-Gewinne pro Kopf vs. EBITDA-Margen

 

Typische Apotheken erzielen nicht selten nur noch vierstellige Werte, also wenig mehr als einen kalkulatorisch angemessenen Unternehmerlohn. Über 20.000 € kommen nur wenige hinaus. Damit sortieren sich die Apotheken in die typische Handelslandschaft ein. Ob man allerdings nur 6.000 € Gewinn pro Beschäftigtem oder eben doch 16.000 € erreicht, macht einen großen Unterschied. Wo liegen Ihre Stellschrauben dafür? Dazu mehr in einem weiteren Beitrag! 

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2024; 49(03):4-4